Eine Online-Shoppingplattform, bei der nur registrierte Mitglieder einkaufen können, die zuvor von anderen Mitgliedern eingeladen wurden, hielt auf ihrer Website eine vorformulierte Einladung bereit. Diese wurde von den Mitgliedern standardmäßig genutzt. Aber nicht alle Empfänger freuten sich über solch eine Einladung.
Der Empfänger einer dieser Mails mit der Betreffzeile: „Ann Kathrin lädt Dich ein“ und einem vorformulierten Text, der über das Angebot informierte, wehrte sich dagegen. Trotz der Aufforderung, keine weiteren Mails erhalten zu wollen, sandte die Shoppingplattform ihm eine E-Mail mit dem Hinweis, dass seine Einladung nur noch begrenzt gültig sei. Ein werbender Text folgte.
Im Hinblick auf diese E-Mail gab das Portal eine Unterlassungserklärung ab. In dieser verpflichtete es sich, keine Erinnerungsmails zu versenden, wenn der Adressat der Zusendung zuvor widersprochen hat. Da der Empfänger aber der Auffassung war, dass auch die erste Empfehlungsmail rechtswidrig sei und die unaufgeforderte Zusendung sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze, wandte er sich an das Gericht.
Das Amtsgericht Berlin gab der Klage statt (Aktenzeichen 15 C 1006/09). Durch die unaufgeforderte Zusendung von Werbemails sei ihrer Auffassung nach das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt worden. Die Richter stellten zunächst fest, dass die Klägerin sich in der Unterlassungserklärung nur dazu verpflichte, den Versand der Mails zu unterlassen, wenn der Adressat zuvor widersprochen habe. Im Umkehrschluss folge daraus, dass die Plattform diese Werbemails grundsätzlich weiter versenden wolle. Das sei aber ohne Einverständnis des Adressaten rechtswidrig.
Auch der Versand der ursprünglichen Einladungs-E-Mail sei unzulässig. Diese diene der Beklagten nur dazu, den werbenden Erstkontakt herzustellen. Bei den Empfehlungs-E-Mails handle es nicht um freundschaftliche Hinweise von Bekannten, sondern um das Marketingkonzept der Beklagten. All diese E-Mails hätten werbenden Charakter und bedürften für den Empfang des ausdrücklichen vorherigen Einverständnisses der Adressaten.
Frühere Entscheidungen
Bereits 2004 hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth auf Antrag der Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung gegen eine Bank erlassen (Aktenzeichen 4 HKO 2056/04). Darin wurde der Bank verboten, Verbraucher aufzufordern, an Freunde persönliche Nachrichten zusammen mit einer Produktempfehlung zugunsten der Bank per E-Mail zu versenden. Kurz darauf gab die betroffene Bank eine sogenannte Abschlusserklärung ab. Damit erklärte sie rechtsverbindlich, nicht gegen die einstweilige Verfügung vorzugehen, sondern diese als endgültige Regelung zu akzeptieren. Damit wurde zwar ein Schlussstrich unter das Verfahren gezogen, juristisch gesehen jedoch der Sachverhalt nicht endgültig geklärt.
Nur wenige Monate später untersagte dasselbe Gericht einem Versandhändler, mit einer sogenannten „Weiterempfehlen“- oder „Tell a friend“-Funktion per E-Mail Werbung für Artikel aus dem Online-Katalog zu betreiben. Auch dabei handelte es sich um eine einstweilige Verfügung, die ohne Anhörung der Gegenseite erlassen wurde.
Die Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet aktuelle Urteile aus dem IT-Bereich. Sie ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Podcast.
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