Google, Microsoft und Mozilla haben diesen Monat neue Versionen ihrer Browser herausgebracht. Bei Internet Explorer 9 und Firefox 4.0 handelt es sich um Major-Releases, bei denen seit der letzten Version mehr als 12 Monate vergangen sind.
Die ZDNet-Benchmarkstests der aktuellen Browser zeigen zwar Leistungsunterschiede, jedoch dürften sie sich in der täglichen Arbeit nicht auswirken. Anders sieht es beim Speicherverbrauch aus. Wer etwa ein Netbook mit nur 1 oder 2 GByte RAM besitzt, sollte tunlichst darauf achten, dass seine Software mit den Ressourcen sparsam umgeht.
Im Wettlauf um gute Benchmarkergebnisse neigen Softwarehersteller generell dazu, sich großzügig am Hauptspeicher zu bedienen. Das führt jedoch dazu, dass die Performance des Gesamtsystems leidet, weil Swapping erforderlich ist. Das gilt insbesondere, wenn man neben dem Browser weitere Programme mit hohem Speicherverbrauch geöffnet hat, etwa Microsoft Outlook oder Adobe Photoshop.
ZDNet unterzieht die aktuellen Browser einem Test und misst den RAM-Bedarf auf einem System mit einer Intel-Core-i5-661-CPU und 8 GByte RAM. Die Tests werden anschließend mit nur 2 GByte RAM wiederholt. Es zeigt sich bei allen Browsern, dass die Ergebnisse mit 2 GByte und 8 GByte identisch sind. Kein Browser begnügt sich mit weniger RAM, wenn er feststellt, dass auf dem Rechner diese Ressource besonders knapp ist.
Firefox 4.0 braucht auf allen Betriebssystemen den meisten Speicher. Unter Windows sind es 515 MByte. Chrome kommt hingegen mit 115 MByte aus. Unter Mac OS X beansprucht Firefox sogar 766 MByte. Die anderen Browser benötigen zwischen 246 und 282 MByte Hauptspeicher. Nach Ende des Tests wartet ZDNet eine Minute und misst erneut den Speicherbedarf.
Dabei überrascht Opera positiv. Er erkennt als einziger Browser, dass der Speicher nicht mehr gebraucht wird, und gibt ihm dem Betriebssystem zurück. Alle anderen Browser behalten den einmal allokierten Speicher fast komplett. Erst wenn man im selben Tab eine andere Webseite öffnet, sinkt der Verbrauch an RAM merklich.
Diese Ergebnisse darf man natürlich nicht überbewerten: Normalerweise nutzt eine Website Javascript nicht so intensiv wie ein Benchmark. Dass Firefox 4.0 plötzlich ein halbes Gigabyte RAM für sich alleine beansprucht, ist beim täglichen Surfen nicht zu erwarten. Doch die Anzahl der Websites mit viel Interaktion, Animation und HTML5-Elementen wird in Zukunft zunehmen. Die Browserhersteller sollten sich über den Speicherbedarf Gedanken machen. Das gilt auch im Hinblick auf mobile Geräte wie Smartphones, Tablets und Netbooks.
Wird der Speicher knapp, dann nützt es dem Anwender nichts, wenn der Browser auf einem Rechner mit 8 GByte Speicher einen Benchmark gewinnt. Die gefühlte Geschwindigkeit nimmt ab. Mozilla hat dabei die meisten Hausaufgaben zu machen.
Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man zehn verschiedene Tabs mit HTML-Seiten ohne Flash und wenig Javascript-Code öffnet. Chrome und Internet Explorer schneiden unter Windows mit einem Speicherverbrauch von etwa 200 MByte schlechter ab als Safari, Opera und Firefox, die zwischen 108 und 134 MByte benötigen.
Chrome und Internet Explorer verwenden mehrere Prozesse, während die anderen drei Browser nur einen Prozess für alle geöffneten Tabs nutzen. Trotz Copy-on-Write-Technologie, die den Speicherverbrauch deutlich senkt, wenn mehrere gleichartige Prozesse geöffnet sind, brauchen Browser mit Mehrprozessarchitektur mehr Speicher.
Allerdings erhält der Benutzer dafür auch eine „Gegenleistung“. Wenn jeder Tab in einem eigenen Prozess läuft, ist die Stabilität höher und eine schlecht programmierte Website beeinträchtigt das Reaktionsverhalten der anderen Tabs nur geringfügig. Wenn ein Browser hingegen sich übermäßig am Hauptspeicher bedient und ihn nicht freigibt, obwohl er nicht mehr benötigt wird, hat der Nutzer davon nichts.
Wer ein Endgerät mit wenig Speicher besitzt, sollte bei der Wahl seines Browsers durchaus sein eigenes Surfverhalten berücksichtigen. Wer viel recherchiert und beispielsweise 20 Wikipedia-Seiten gleichzeitig geöffnet hat, ist mit Safari, Opera oder Firefox besser bedient als mit Chrome oder Internet Explorer. Wer hingegen oft interaktive Seiten mit viel Javascript-Code besucht, sollte Firefox meiden.
Neueste Kommentare
6 Kommentare zu Windows, Mac OS, Ubuntu: Firefox 4.0 benötigt viel Speicher
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Was denn nun?
Lange Zeit wurde immer kritisiert, dass Programme den verfügbaren RAM nicht ausnutzen würden. Jetzt werden RAM-Kapazitäten genutzt und das ist auch nicht richtig. Wie hätten wir es denn nun gerne?
Ich habe selber 6 GB RAM im Rechner und frage mich andauernd, warum soviel RAM immer bei Anwendungen keine Verwendung finden.
Pro-RAM-Ausnutzung sage ich da!
Sinnlose Messung
Firefox verwaltet seinen Speicherverbrauch dynamisch.
Ist mehr Speicher verfügbar, wird auch mehr genutzt.
Warum sollte Speicher auch ungenutzt bleiben?
Ein Rückschluß auf gering ausgestattete Systeme
ist völliger Unsinn. Auf diesem System (W7SP1)
verbraucht FF4 z.B. 133 MB von 1 GB RAM.
AW: Sinnlose Messung
Das glaube ich so nicht. Misst du die 133 MB auch, während du den V8 Benchmark laufen lässt? Ich habe gerade Firefox 4 ohne Addons in einer virtuellen Maschine mit 1 GB RAM laufen lassen und da waren es auch über 400 MB. Dann habe ich das gleiche mal mit 450MB RAM getestet – hier stieg der RAM-Verbrauch von Firefox auf ~ 350 MB wobei der Benchmark mehrmals unterbrochen wurde (Script fortsetzen?). Dass der Benchmark bei dir mit 133MB auskommt fände ich sehr seltsam.
32Bit nutzt weniger speicher als 64Bit (unter MaxOS)
Lieber Kai und Christoph,
vielen Dank für diesen nützlichen Artikel, das erklärt die plötzlich erhöhte Arbeitsintensivität meines Macbooks (4GB RAM) wenn ich Photoshop öffne.
Habe nun eure Aussage in der Aktivitätsanzeige des Mac OSX angeschaut und wahrlich hat Firefox (mit Addons) 669MB – 712MB RAM in Beschlag genommen!
Allerdings hat es mich interessiert ob dies auch im 32-Bit-Modus passiert. Ich wollte dies sowieso schon seit einer Weile umstellen, da viele Plug-Ins, bzw. Scripte im 64-Bit-Modus abgestürzt sind.
Und schaut da, ein Wunder: im 32-Bit-Modus ist der Speicherverbrauch nur noch bei 180-210MB; interessentater Weise variiert das bei gleich geöffneter Webseite – dieser hier – ständig, aber eher nach unten!
Aber, auch wenn das jetzt den Firefox nicht betrifft, verbraucht zwar Chrome (mit Addons) nur 94MB im Standby- und 111MB bei einer geöffneten Seite (hier wieder eure), allerdings setzt es meinen Mac wesentlich mehr unter Last, da die Ventilatoren ab ca 5 Minuten Chrome-Nutzung unter Last anlaufen!
Daher bin ich Dankbar, daß ich nun doch Firefox nutzen kann und trotzdem noch Leistungsreserven beim Speicher besitze!
Danker nochmals für den Artikel, durch den nun einiges besser geworden ist!
Addons?
Ich bin mir nicht sicher, ob wir diesen Ergebnissen trauen können, denn bei Firefox wird der RAM-Verbrauch zu einem großen Teil auch von Addons verursacht.
Ich habe zum Test gerade in Firefox den Google V8 Version 6 unter Win7 SP1 32bit auf einem Intel Core2 Duo T5870 mit 2 GHz und 3GB RAM laufen lassen.
Einmal mit all meinen Addons (darunter Firebug, HTML validator und ähnliches, ca. 20) und einmal ohne („abgesicherter Modus). Mit Addons braucht Firefox tatsächlich über 400 MB, aber ohne ist es nur noch die Hälfte und sinkt am Ende auf 120MB ab.
Wenn man jetzt einen vollbeladenen Firefox mit 20 Addons mit einem Chrome ohne Addons vergleicht, ist das wohl kaum aussagekräftig. Daher Frage an die Redaktion: Waren (in allen Browsern) alle Add-ons deaktiviert?
AW: Addons?
Alle Browser wurden ohne Add-ons getestet.