Bis zu 44 Prozent der Wikipedia-Einträge zu British Petroleum – kurz BP – und Umweltkatastrophen wie Deepwater Horizon sollen von einem Vertreter des Unternehmens stammen. Einige Wikipedia-Redakteure sehen darin einen Verstoß gegen die Richtlinien der Online-Enzyklopädie – auch wenn die Informationen Wikipedia indirekt zur Verfügung gestellt wurden.
Die Manipulation erfolgt nämlich eben nicht in Form eines direkten Umschreibens. Vielmehr hat BP einen Angestellten beauftragt, die für Wikipedia zuständigen Freiwilligen über die Diskussionsseiten zu den Artikeln mit Texten zu versorgen. Sein Konto heißt vergleichsweise offen „User:Arturo at BP„. Der von ihm gelieferte Text wurde später „unverändert“ von Redakteuren auf Wikipedia eingestellt.
Auf seiner mittlerweile infolge der Vorwürfe vielfach modifizierten Talk-Seite schreibt „Arturo at BP“: „Ich habe dieses Konto eingerichtet, um die BP betreffenden Artikel verbessern zu helfen, ohne gegen Wikipedias Standards und Richtlinien zu verstoßen.“ Das von ihm zugelieferte Material stamme aus Nachrichten, sei aber von diversen Experten bei BP verifiziert worden. „Ich bin selbst kein Experte für all diese Themen und möchte sicherstellen, dass die Darstellungen zutreffend sind.“
Das von ihm zugelieferte Material soll sich etwa auf den englischsprachigen Seiten zu alternativen Energien, Greenwashing-Vorwürfen und zur Umweltbilanz von BP finden. Durch die indirekte Zulieferung kann ein gewöhnlicher Wikipedia-Nutzer nicht nachvollziehen, dass die Texte von einem BP-Mitarbeiter stammen – selbst wenn er die Modifikationen der Seite einsieht. Eine direkte Veränderung des Artikels durch einen Vertreter des betroffenen Unternehmens wäre aber ein eindeutiger Richtlinienverstoß.
BP streitet in einer Stellungnahme gegenüber CNET Verstöße gegen die Standards von Wikipedia ab: „Seit einem Jahr arbeiten wir vollkommen transparent, haben nie etwas direkt bearbeitet und stellen immer klar, dass die von uns angebotenen Vorschläge von einem BP-Mitarbeiter kommen. Wir haben außerdem objektiv agiert und oft Formulierungen vorgeschlagen, die das Unternehmen in einem negativen Licht erscheinen lassen.“
Letztlich scheinen die Wikipedia-Redakteure uneins, ob solche PR von Firmen willkommen ist oder eben nicht. Schließlich wurde das von „Arturo at BP“ zugelieferte Material von einem von ihnen übernommen. Die Debatte droht indessen ins Persönliche abzugleiten.
Am 5. April muss BP vor einem US-Bundesgericht Stellung zur Ölkatastrophe Deepwater Horizon von 2010 beziehen – im Rahmen einer von ihm als „überzogen“ bezeichnete Schadenersatzklage der Opfer. Der Prozess in New Orleans soll laut The Economist die Schuldfrage klären, aber auch, wie viel Öl überhaupt ausgetreten ist.
[mit Material von Violet Blue, News.com]
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