Ein US-Militärgericht hat Bradley Manning, der Wikileaks mehrere Hunderttausend Geheimdokumente zugespielt hat, in 20 von 21 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Den schwerwiegendsten Vorwurf der Unterstützung des Feindes ließ das Gericht jedoch fallen. Das exakte Strafmaß wird erst in den kommenden Wochen festgelegt. Manning drohen mehrere Jahrzehnte Haft.
Der Schuldspruch bezieht sich unter anderem auf den Diebstahl von Informationen, das Ausspionieren von Sicherheitssystemen und den Missbrauch von vertraulichen Informationen. Über das Strafmaß verhandelt das Gericht ab heute. Mannings Anwalt will in diesem Zusammenhang insgesamt 24 Zeugen befragen. Dass er Einspruch gegen das Urteil einlegen wird, gilt als wahrscheinlich.
Der Freispruch vom Vorwurf der Feindunterstützung ist jedoch ein wichtiger Teilerfolg für Manning. Dieser Tatbestand kann in den USA mit dem Tod bestraft werden. Die US-Regierung hatte jedoch schon im Vorfeld erklärt, sie werde lediglich eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit der Begnadigung fordern. Außerdem gilt Manning damit rechtlich gesehen in den USA nicht als Landesverräter.
In seinem Schlussplädoyer (PDF) hatte Ashden Fein als Vertreter der Anklage Manning noch vorgeworfen, seine Entscheidung, geheime Unterlagen Wikileaks zur Verfügung zu stellen, sei gleichbedeutend mit einer direkten Weitergabe an Al-Qaida und andere Feinde der Vereinigten Staaten. „Sein Ziel war eine weltweite Verteilung“, sagte Ashden am Freitag.
Manning selbst hatte dem Gericht im Februar erklärt, er habe die Dokumente öffentlich gemacht, um Rechtsverletzungen der Regierung offenzulegen. In Bezug auf ein von ihm weitergegebenes Video, das einen Angriff von US-Truppen auf Zivilisten im Irak zeigt, sagte er: „Sie hatten offenbar Freude an ihrem Blutrausch.“ Es habe ihn an Kinder erinnert, die Ameisen mit einer Lupe quälen.
Das hohe Strafe von möglicherweise mehr als 100 Jahren Gefängnis, die Manning nun droht, wird als ein Grund dafür angesehen, dass Edward Snowden die USA verlassen hat, bevor er sich zur Weitergabe der Unterlagen über das NSA-Spähprogramm PRISM bekannte. Allerdings ist weiterhin unklar, ob und wann er Russland verlassen und in ein Land seiner Wahl ausreisen darf.
Wikileaks-Herausgeber Julian Assange kritisierte in einer ersten Stellungnahme zum Manning-Urteil die US-Regierung. „Die Regierung Obama hat in den USA die demokratischen Freiheiten beschnitten“, sagte Assange, der sich noch immer in der Botschaft Ecuadors in London aufhält, um einer Auslieferung zu entgehen. „Die Absicht der Regierung ist es, Whistleblower abzuschrecken und ruhigzustellen sowie die Pressefreiheit zu schwächen.“ Es sei die erste Verurteilung eines Whistleblowers als Spion. „Es ist ein kurzsichtiges Urteil, das nicht toleriert werden kann und umgekehrt werden muss. Es kann niemals sein, dass die Weitergabe von wahren Informationen an die Öffentlichkeit ‚Spionage‘ ist.“
[mit Material von Declan McCullagh, News.com]
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