Die Stadt München erwägt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine Rückkehr zu Microsoft-Software. Damit würde die rotschwarze Rathauskoalition das vor zehn Jahren beschlossene und 2013 endgültig umgesetzte Open-Source-Vorzeigeprojekt „LiMux – die IT-Revolution“ rückgängig machen. Der zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) sagte der Zeitung, die Nutzer seien mit der Bedienung unzufrieden, und es sei in den vergangenen Jahren immer wieder zu Klagen über LiMux gekommen.
Eine unabhängige Expertengruppe wird nun Schmid zufolge LiMux und die Beschwerden der Behördenmitarbeiter überprüfen. Je nach Ergebnis sei eine Abkehr von Linux nicht auszuschließen. Parallel sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) dem Behördenmagazin Stadtbild, die Open-Source-Software hinke gelegentlich den Microsoft-Anwendungen hinterher.
Die Entscheidung, sich von Microsoft-Software abzuwenden, bezeichnete Josef Schmid als politisch motiviert. „Als CSU-Fraktion hatten wir damals schon den Eindruck, dass es sehr stark darum ging, einem Monopolisten Grenzen aufzuzeigen. Uns war damals schon klar, dass sich das nicht durchsetzen wird, weil wir als Kommune nicht die ganze Welt verändern können.“
Im Stadtrat hingegen steht den Berichten zufolge eine fraktionsübergreifende Mehrheit hinter LiMux. Bettina Messinger, Sprecherin der SPD-Fraktion für Personal, Verwaltung und IT, sagte Heise Online, dass man keine neue Haltung zu dem Thema habe. Sie bezeichnete die Umstellung auf Linux als „mutige Entscheidung“. Kritische Stimmen und Beschwerden seien im EDV-Bereich nichts Ungewöhnliches. Man müsse LiMux und das Umfeld nun stetig verbessern und nutzerfreundlicher gestalten. Unter anderem sei dafür mehr IT-Personal in der Verwaltung nötig.
Auch die CSU-Fraktion unterstützt LiMux weiter. Deren IT-Experte Otto Seidl nannte Schmidts Kritik „eine sachfremde Einzelmeinung eines Juristen“. Die Grünen warnen Heise zufolge vor einem „teuren Schildbürgerstreich“, sollte die Stadt zu Microsoft zurückkehren. Demnach wollen die Abgeordneten in einer Ausschusssitzung klären, woher die Beschwerden stammen.
Am 28. Mai 2003 hatte der Münchner Stadtrat beschlossen, 12.000 Rechner der Verwaltung auf Linux umzustellen. Im Dezember 2013 unterzeichnete die damalige zweite Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) die Projektabnahmeerklärung. Nach zehn Jahren hatte die Stadt 14.800 Computer, rund 80 Prozent aller Rechner, mit Open-Source-Software ausgestattet.
Zu Jahresbeginn hatte schon OB-Kandidatin Sabine Nallinger (Die Grünen) das LiMux-Projekt kritisiert. Die Stadt sei überfordert, viele Mitarbeiter seien verzweifelt, erklärte sie. Die Stadtverwaltung solle den Umstieg auf Linux nochmals überdenken. Auf Kritik hin relativierte sie: „Das Schnittstellenmanagement frisst viel Zeit, Geld und Nerven. Ich fände es gut, wenn wir den Weg der freien Software weitergehen würden und nicht wieder umsteigen müssten. Aber dazu brauchen wir Hilfe. Hilfe von anderen Städten, die auch auf freie Software umsteigen müssten, damit wir die Entwicklungsschmerzen nicht allein tragen müssten; und natürlich von der IT-Branche, die Software für Kommunen derzeit kaum für freie Betriebssysteme wie Linux anbietet.“
Mit LiMux wollte die Stadt München sich von Herstellern, Produktzyklen und Betriebssystemen unabhängig machen. Sie argumentierte auch mit Kosteneinsparungen in Höhe von 11,5 Millionen Euro. Microsoft kritisierte diese Rechnung als „nicht plausibel„.
[mit Material von Andre Borbe, silicon.de]
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20 Kommentare zu Stadt München erwägt Abkehr von Linux
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bin mit linux seit den anfängen dabei und in meiner arbeit haben wir linux und windows rechner. im serverbereich würde ich immer versuchen auf linuxserver zu setzen. wenn ich sehe wie auch die neuesten windows-server bei uns mit eigenartigen effekten uns das arbeitsleben bereichern. alles hat vor und nachteile, fuer mich überwiegen eindeutig die vorteile mit linux. auch wegen der vielfalt der viren und trojaner unter windows und der nötigen oft bremsenden software (wo keiner weiss was virensoftware wirklich macht), ist linux klar im vorteil, besonders im internet zb. online-banking und dergleichen. auf linux kann ein geschulter benutzer, einfach viel erkennen, was das system wirklich macht und mit wem es verbunden versteckt ist. china, indien, afrika und andere länder finden das linux, auch wegen der kosten und der anpassbarkeit und offenheit sehr sympatisch.
Nachdem der Laptop meiner Frau nach ein paar Monaten mit Windows Vista kaum noch benutzbar war, habe ich Windows 7 gekauft (das laut Hersteller mit dem genannten Rechner absolut kompatibel sei). Gleiches Spiel. Am Anfang OK, nach einer Weile immer langsamer. Lange Boot-Zeiten und dauernd laufende Lüfter. Ich habe dann Ubuntu Linux installiert. Seither läuft alles wunderbar. Ich musste noch nicht einmal nach Austausch des Rechners das System neu installieren. Habe einfach die „alte“ SSD-Platte in den neuen Rechner gesteckt. Das System ist zweimal neu gestartet und alles war gut. Ich selbst nutze seit 2009 nur noch OSX und wir beide verwenden LibreOffice. Aus „Angst“ hatte ich anfangs auf dem Mac noch eine virtuelle Maschine mit Windows XP laufen. Die habe ich dann bis 2012 auch 1 oder 2 mal benutzt und irgendwann entfernt. Auf dem Firmenlaptop „darf“ ich freilich weiterhin Windows 7 benutzen. Die alten nervigen Dinge wie ständige Neustarts nach Aktualisierungen, ewige Aufwachzeiten aus Stromsparmodi und solche Sachen sind alle noch immer vorhanden. Linux und OSX sind da wesentlich schneller. In der Bedienung fehlen Welten zu OSX. Vernünftiges Multi-Touch, zoomen von Bildinhalten, Datensicherung, automatische Helligkeit und viele andere liebevolle Details machen das Arbeiten mit OSX wesentlich angenehmer als mit Windows. Und Linux hat in der Bedienung für den Anwender keine spürbaren Nachteile gegenüber Windows. Wir sind hier seit Jahren Microsoft-Freie Zone und vermissen absolut nichts. Vor Allem nicht die Abstürze, Zicken und die hohen Software-Kosten.
Windows Vista – im Jahre 2014? Im Ernst??
…und selbstverständlich besteht auch keinerlei Zusammenhang mit der Tatsache, dass Microsoft mit seiner Deutschland-Zentrale nach München umziehen und seine Gewerbesteuern künftig dort zahlen wird.
Siehe auch http://www.sueddeutsche.de/muenchen/neue-deutschland-zentrale-microsoft-zieht-nach-muenchen-1.1813100 und http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.neue-zentrale-microsoft-zieht-nach-schwabing.59f809f9-fd36-431b-8108-82e77db56bf7.html
Hmm, möchte mich nicht an die 24 h Installation von Windows 7 festhalten, aber meine Migration auf Windows 7 + Updates + Office 2010+ div. Tools + WWS (Warenwirt.system) haben wir 250 PC migriert inkl. Profilanpassung, pro PC wurden 2,5 h berechnet. Und Windows 7 läuft wirklich stabil.
@peter
24h für eine win-installation zeigt mir, dass du keine ahnung von os-installationen hast. das du jede gelegenheit nutzt, um gegen ms zu wettern, ist hier ja hinlänglich bekannt. sollte aber professioneller sein. der kommi ist einfach nur peinlich.
@holger wagner
also wenn du nach der „analyse“ dieses artikels schon alles weißt, dann kann sich die kommune die teure auswertung der daten sparen.
dass ms fleißig werbung betreibt, wo es schon eine niederlassung in münschen hat, ist nur selbstverständlich. entscheiden kann ms das aber nicht. entscheiden werden das die politiker. also wenn dir mal so ist und du dich beschweren willst, dann mach das an der richtigen stelle, werter holger
Ich lebe seit einigen Jahren in Südamerika und kenne solche Manöver sehr gut hier. Nach dem lesen des Artikels, und analyse, schätze ich, dass dort mehr als eine politische Absicht dahinter steht. Ich tippe auf Bestechung und denke, dass die zuständigen Behörden darauf eine verstärkten Blick lenken sollten.
Wenn jemand schon vor 10 Jahren weiß, dass dies schiefgehen würde, dann werde ich sehr vorsichtig.
Ich sage voraus, dass das Untersuchunskomitee herausfinden wird, dass es nicht funktioniert hat.
Somit würde mich jetzt mal interessieren, wer den meisten Vorteil und Interesse hat, dass Linux in München schief geht. Die meisten Bestechungsfälle in Deutschland sind, bis jetzt, in Bayern festgestellt worden… komisch das mit MS!?
au Prima!
Und jetzt noch die Verschwörungs-Theoretiker
Es gibt nur eine Möglichkeit, sich vor Internet-Kriminellen, sonstigen Banditen und Geheimdiensten (wäre mal interessant zu wissen, ob es hier überhaupt einen Unterschied gibt)zu schützen:
Kein Internet – Kein Computer — Stecker raus und Computer aus.
(Denn auch der liebe Monitor strahlt)
Wer doch einen Computer nutzt, egal mit welchem Betriebssystem, der muss damit leben, das er abgehört werden kann
Wer glaubt Linux oder der angebissene Apfel wären sicherer, der möge mit seinem Glauben selig werden.
Aber biter hinterher nicht wieder meckern, wenn es doch nicht sicher war
Meiner Meinung nach läuft Windows nicht so optimal wie Linux oder Apples OS X.
Eine Neuistallation von Windows 7 mit Drivers und Updates kann 24 Stunden dauern.
Blue- und Blackscreen habe ich auch erlebt. Nach einem Blackscreen startete der Computer nicht mehr, einige wichtige Daten sind verloren gegangen.
Nach 25 Jahren habe ich mich von Microsoft befreit.
Ich benutze jetzt Apple iMac mit OS X und iCloud. Gratis-Upgrade des Bertiebssystems mit Download dauert ca. 1-2 Stunden. Alle Programme und Daten bleiben erhalten. Auf der externen Festplatte wird alles zusätzlich gesichert.
Ich kann mir vorstellen, dass LiMux ähnliche Vorteile wie OS X bietet.
Je 2-4 Jahre neues Windows-Betriebssystem zu installieren um festzustellen, dass einige Scanner, Drucker, Programme oder Internetseiten nicht mehr funktionieren ist nicht gerade das, was man sich wünscht.
Vor ein paar Jahren hat Microsoft aus Spaß die Zuordnung-Zeichentabelle geändert,
dadurch waren vorhandene Worddateien (mit Sonderzeichen) unbrauchbar.
Die 24 Stunden haben dein ganzes Wissen über Betriebssysteme gezeigt. Dadurch ist der Rest des Kommentars auch fürn Eimer.
…aha *kopfschüttel*
Hört sich etwas abwegig an. In einer Standardisierten Umgebung mit 15000 standardisierten Arbeitsplätzen und einigermaßen fähigen Admins dauert die Neuinstallation eines Win7 Rechners samt Software und Übertragung des Benutzerprofils ca. 2-3 Std. oder auch weniger. Ähnlich sieht es auch bei einem Linux PC aus – zumindest bei uns (mit Mac OS habe ich persönlich keine Erfahrung, daher mache auch keine Äußerungen, da diese eh nur unqualifiziert sein können).
Oh je… Profis erstellen eine Master-Festplatte, die dann blitzschnell „geklont“ wird, ggf. auch mehrere parellel. Oder man beauftragt gleich einen Dienstleister, der das Know-How und die Tools dafür hat, anstatt selbst herumzubasteln.
das mit den 24 Stunden sind aber die Zeiten des guten alten Novell und von Windows 4.0.
und selbst da musste die Infrastruktur schon voellig verbaselt sein um auf diese Zeiten zu kommen.
Die richtig Installation eines Rechners dauert heute ca 30 min, dann je nach Anzahl der nachzuziehenden Software pakete kann man nach einer, oder 1,5 Stunden spaetestens fertig sein.
Windows 7 läuft schnell und Stabil.
Wer allerdings 24 Stunden für eine Windows 7 Installation benötigt, sollte vielleicht über den Ankauf einer Schreibmaschine und ausreichend Kohlepapier nachdenken….
Seinerzeit war Ich gegen die Migration auf Linux, weil diese Entscheidung damals nicht sachlich sondern politisch getroffen wurde.
Heute, basierend auf den vorhandenen Fakten, würde Ich zunächst eine Fehler-Aufnahme & Analyse betreiben, bevor Ich voreilige Schlüsse ziehen und etwaige End-Ergebnisse vorgeben würde. Man kann einen Fehler mal machen, man sollte diesen aber niemals wiederholen.
Problematisch dürften seinerzeit die Fach-Anwendungen und Macros gewesen sein, denn 15.000 Desktop-Clients umzustellen (innerhalb einer Plattform) sollte nicht so einen langen Migrations-Zeitraum in Anspruch nehmen. Vielleicht sind auch fehlerhafte IT-Prozesse und Organisations-Mängel vorhanden, die als Ursache mitwirken.
Um so mehr sollte eine neutrale, sachliche IST-Aufnahme und IST-Analyse gewissenhaft durchgeführt werden.
In einer Zeit in der dank Edward Snowden jedem klar geworden sein muss, dass auch die „befreundeten“ Geheimdienste wirklich alle Daten haben wollen, die sie bekommen können und dazu auch gerne Hintertüren in Software einbauen, wäre die Rückkehr zu Closed Source definitiv der falsche Weg!
Sehr geehrter Herr Kalenda,
wenn ich mir das
http://www.heise.de/open/meldung/Linux-in-Muenchen-Stadtrat-verteidigt-LiMux-gegen-Buergermeister-2262506.html
durchlese, scheint mir die Überschrift Ihres Artikels ein wenig in die falsche Richtung zu führen.
(Zugegeben, die Überschrift hat aber dazu geführt, dass ich Ihren Artikel gleich gelesen habe ;) )
Offensichtlich hat auch MS Amigos bei besagter Partei…
Sehr geehrter Frank Furter, die Überschrift ist korrekt, die Stadtregierung erwägt eine Abkehr von Linux und Rückkehr zu Microsoft. Aber das wissen Sie ja, weil Sie den gesamten Artikel gelesen haben, gell?
Letztlich liegt es doch nicht am Betriebssystem, sondern an der Software für die jeweilige Aufgabe. Ist die nicht gut, dann ist das ganze System schlecht und findet keine Akzeptanz.
Würden mehr Kommunen Linux einsetzen, gäbe es auch mehr vorzeigbare Software. Linux ist einfach zu bedienen und läuft auch auf nicht aktuellen Rechnern gut und flüssig. Gerade die Nutzung im Netz ist eine seiner Stärken.