NSA-Überwachung: Obama bittet Deutschland um Vertrauensvorschuss

"Gelegentlich" sollte man "nicht das Schlimmste annehmen". Schließlich seien die USA seit 70 Jahren ein verlässlicher Partner Deutschlands. "Wir arbeiten systematisch einige dieser Probleme auf, um mehr Transparenz zu schaffen und das Vertrauen wiederherzustellen."

US-Präsident Barack Obama hat sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an Deutschland gewandt und um einen Vertrauensvorschuss gebeten, statt stets das Schlimmste von den USA anzunehmen. Das Zitat findet sich beispielsweise in der Washington Times: „Ich würde das deutsche Volk darum bitten, anzuerkennen, dass die Vereinigten Staaten bei der Förderung der bürgerlichen Rechte immer an vorderster Front waren, dass wir traditionell den Rechtsstaat respektieren, dass wir in den letzten 70 Jahren ein zuverlässiger Partner waren, ganz bestimmt aber in den letzten 25 Jahren, der die gemeinsamen Werte betonte. In Anbetracht dieser Geschichte würde ich gelegentlich die Deutschen um einen Vertrauensvorschuss bitten, statt das Schlimmste anzunehmen.“

Siegel der National Security Agency (Bild: News.com)

Die Angelegenheit sei nicht beendet, erklärte der amerikanische Präsident in Washington unspezifisch. „Wir arbeiten systematisch einige dieser Probleme auf, um mehr Transparenz zu schaffen und das Vertrauen wiederherzustellen – nicht nur für die Deutschen, sondern für alle unsere Partner weltweit.“ Beide Länder hätten einen „Cyberdialog“ zwischen Behörden vereinbart.

In der Berichterstattung in Deutschland ging dieser Kommentar zur NSA-Überwachung unter, da die meisten Medien die Suche nach einem gemeinsamen Kurs gegenüber Russland in den Mittelpunkt rückten. Die Süddeutsche Zeitung erwähnt den von US-Journalisten angesprochenen Punkt immerhin in einem ergänzenden Info-Kasten und kommt dort zu dem Schluss: „De facto halten die Regierungen die Affäre über die massenhafte Sammlung von Kommunikationsdaten und das Anzapfen des Kanzler-Handys offenbar für beendet.“

Im Oktober 2013 war bekannt geworden, dass US-Geheimdienste das „Partei-Handy“ von Merkel – ein älteres Nokia-Modell – abgehört hatten. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert brachte die Bundeskanzlerin ihre Missbilligung damals im Telefongespräch mit Obama zum Ausdruck. „Sie machte deutlich, dass sie solche Praktiken, wenn sich die Hinweise bewahrheiten sollten, unmissverständlich missbilligt und als völlig inakzeptabel ansieht. Unter engen Freunden und Partnern, wie es die Bundesrepublik Deutschland und die USA seit Jahrzehnten sind, dürfe es solche Überwachung der Kommunikation eines Regierungschefs nicht geben. Dies wäre ein gravierender Vertrauensbruch. Solche Praktiken müssten unverzüglich unterbunden werden.“

Gestern in Washington wich Merkel Fragen nach dem Verhältnis angesichts der US-Überwachungsmaßnahmen aus. Sie sagte, es gebe unterschiedliche Einschätzungen einzelner Probleme, aber angesichts der Größenordnung terroristischer Bedrohung sei Zusammenarbeit mehr als ratsam. US-Behörden lieferten beständig für die Sicherheit Deutschlands wichtige Informationen. „Darauf wollen wir nicht verzichten.“

The Hill zitiert die Kanzlerin auch mit der Aussage, es gebe „andere Wege“, um Probleme der Privatsphäre zu diskutieren. Beim aktuellen Treffen in Washington stehe der Kampf gegen den Terrorismus im Vordergrund.

Vor einem knappen Monat hatte am gleichen Ort der britische Premierminister David Cameron für Überwachung geworben: Geheimdienste wie das GCHQ sollen leichter an Daten von Firmen wie Facebook und Twitter kommen. Camerons Vorstoß, verschlüsselte Diskussion im Internet zu verbieten, dürfte ebenfalls Thema gewesen sein. Auch für Cameron stand der Kampf gegen den Terrorismus – und sicher nicht der Datenschutz – im Vordergrund.

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Themenseiten: National Security Agency, Politik, Überwachung

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5 Kommentare zu NSA-Überwachung: Obama bittet Deutschland um Vertrauensvorschuss

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  • Am 31. Mai 2015 um 0:26 von Schneit

    Hallo,

    Ich finde es Schrecklich das die U.S.A die jeden Bürger auflegt der dort lebt die Datenschutz (Grundgesetz: das jeder Bürger erlaubt überwacht und Ausspioniert werden dürfen) und die rechte erst gar nicht gibt.

    Dann der Anschlag auf Deutschland zu den Marathon, der Verhaftete hatte in Fernsehen den Finger gezeigt und fühlte sich hinter gangen….

    Wenn man die ganzen Geschehnisse mal der letzten Jahre zusammen zieht kommt ein das merkwürdig vor ( ob das mit Ukraine, Russland, Syrien, Deutschland, Kuba, u.s.w und das alles in einer kurzen Zeit.

    Traurige ist das Deutschland das alles mitmacht statt sich raus zu halten, wo ist der Friedensvertrag und der vertrauen Beweis????? Wir leben in Kriegszustand und sollen alles machen und tun ?????
    Deutschland lehnt sich zu weit aus den Fenster und haben uns damit den Terrorismus ins Land geholt, wall Deutschland überall mit einschreitet und Agiert und jetzt brauchen wir Hilfe???, es gibt hier keine Grenzen und Kontrollen mehr, wer kann den noch was Garantieren???

    Statt Tag für Tag zu denken zieht alles zusammen was passierte/passiert/ und noch passieren wird,

    Meine Meinung ist das wir uns nicht damit selber helfen, und die aussage von Obama auch nur Mittel zum Zweck ist ( eigentlich ist das eine Beleidigung das Deutschland nicht selbst regieren und Wirtschaften kann).

  • Am 11. Februar 2015 um 17:28 von Andrea

    Zu diesem Absatz:

    „US-Präsident Barack Obama hat sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an Deutschland gewandt und um einen Vertrauensvorschuss gebeten, statt stets das Schlimmste von den USA anzunehmen. Das Zitat findet sich beispielsweise in der Washington Times: “Ich würde das deutsche Volk darum bitten, anzuerkennen, dass die Vereinigten Staaten bei der Förderung der bürgerlichen Rechte immer an vorderster Front waren, dass wir traditionell den Rechtsstaat respektieren, dass wir in den letzten 70 Jahren ein zuverlässiger Partner waren, ganz bestimmt aber in den letzten 25 Jahren, der die gemeinsamen Werte betonte.“

    sage ich mal ganz ehrlich: Wie bitte?? Was bildet dieser Präsident sich eigentlich ein??!! Der hat uns gar nichts vorzuschreiben!! Der hat unsere Datenintegrität durch die NSA verletzen lassen, er hat die EU-Kommission und unsere Bundes-Fremdregierung korrumpiert, er hat uns zusammen mit diesen beiden korrumpierten Regierungen seit mehr als 60 Jahren belogen, betrogen, hintergangen, missbraucht und benutzt!!

    Ich fordere Obama ganz unmissverständlich auf,

    1. unsere nationale Souveränität endlich zu respektieren!!
    2. die bürgerlichen Grundrechte in seinem eigenen Land endlich einzuhalten… Denn was ist dass hier:

    -> die neue Fluggastdatenspeicherung, die nun doch auf Druck der us-Admimistration eingeführt werden soll (PNR)??
    -> was waren die ganzen Lücken im Flashplayer und sonstigen Adobe-Produkten??
    -> was ist die Ausspionierung über Samsungs Smart-TV-Geräte??
    -> was ist diese versuchte Eingemeindung Europas und Deutschlands in die USA als us-Kolonie mittels dieser Verräter-Abkommen TTIP + TISA + CETA + ACTA + SOPA + PIPA + IPRED + CISPA + CISA + LSR + Xkeyscore + PRISM + Tempora + weitere??
    -> Was sind SWIFT + Safe-Harbour??
    -> was sind diese ganzen Spionage- und Kampfdrohnen??

    Von daher: Obama bricht hier internationales Recht, die us-Verfassung, europäisches und deutsches Recht!!

  • Am 11. Februar 2015 um 11:01 von Pedro

    Die USA sollen Kompensation für die vielen vielen Diebstähle geistigen Eigentums im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftsspionage leisten.

    Oder am besten gleich einen Vorschuss zahlen für die zukünftige Wirtschaftsspionage.

  • Am 11. Februar 2015 um 9:10 von Frank Furter

    Tja, Mr. Obama, so ist das halt, wenn man einen riesigen Vertrauensvorschuss, der länger als ein halbes Jahrhundert bestanden hatte, auf Grund einer paranoiden Weltsicht verzockt…

    Dieses Verhalten ist vollkommen konform mit dem in Ihrem Land so hervorragend implementierten System: der schnelle Gewinn zum Quartalsende ist das einzig wichtige Kriterium, strategische Planung geht maximal bis zum Ende des Geschäftsjahres. Alles, was darüber hinaus geht, interessiert nicht mehr.

  • Am 10. Februar 2015 um 19:54 von Zamorra72

    Er hatte den größtmöglichen Vorschuss der zu vergeben war: Den Friedensnobelpreis. Für mich ist er der mittlerweile miserabelste POTUS, nicht weil er Snowden und alle andere Wistleblower verraten hat sondern weil er angetreten ist die zustände zu einem besseren zu ändern.

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