EuGH-Generalanwalt: Vorratsdatenspeicherung an strenge Voraussetzungen gebunden

Der Generalanwalt hält eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung in einzelnen Ländern grundsätzlich für zulässig. Sie müsse jedoch zur Bekämpfung schwerer Kriminalität absolut notwendig sein. Zu prüfen sei, ob nicht andere Maßnahmen ebenso wirksam sein könnten und Grundrechte weniger beeinträchtigen.

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hält eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung in einzelnen Mitgliedsländern für zulässig, aber gleichzeitig an strenge Garantien gebunden. Es sei daher Sache der nationalen Gerichte, die innerstaatlichen Regelungen in dieser Hinsicht zu überprüfen. Die von ihm genannten Maßstäbe könnten bedeuten, dass das in Deutschland 2015 eingeführte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig ist beziehungsweise einer Überarbeitung bedarf. Datenschützer sind jedoch enttäuscht, da solche Gesetze damit nicht grundsätzlich infrage gestellt sind.

Das Eingangsgebäude des Gerichtshofs der Europäischen Union auf dem Kirchberg in Luxemburg (Bild: Europaparlament)

Seine Feststellungen traf der dänische Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe zu zwei Rechtsanfragen, die aus Schweden und Großbritannien kamen. Die endgültige Entscheidung dazu wird der Europäische Gerichtshof treffen, der in der Regel aber der Empfehlung des Generalanwalts folgt. Die Anfragen galten der Klarstellung, wie ein vorhergehendes Urteil in einem nationalen Kontext auszulegen ist. 2014 hatte der EuGH die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Diese Entscheidung war mit damit begründet worden, dass Vorratsdatenspeicherung einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten beinhaltet, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt.

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Nationale Regelungen dazu blieben jedoch teilweise in Kraft. In Deutschland wurde anschließend sogar ein neues Gesetz novelliert, nachdem ein früheres Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2010 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden war. Die Bundesregierung erklärte dazu, der neue Gesetzestext entspreche den Anforderungen von EuGH wie auch Bundesverfassungsgericht. Dennoch wurden mehrere Klagen dagegen eingereicht, darunter von Politikern von Grünen, Piratenpartei, SPD und FDP. Vor Kurzem entschied das Bundesverfassungsgericht, die Vorratsdatenspeicherung nicht im Eilverfahren zu stoppen. Bis zu einem endgültigen Urteil habe ein staatliches Interesse an einer „effektiven Strafverfolgung“ Vorrang.

In seinem aktuellen Schlussplädoyer erklärte der EuGH-Generalanwalt als eine der Voraussetzungen für Vorratsdatenspeicherung, dass sie „zur Bekämpfung schwerer Straftaten absolut notwendig“ ist. Nur die Bekämpfung schwerer Kriminalität könne eine generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung rechtfertigen, nicht aber die Bekämpfung einfacher Kriminalität oder der ordnungsgemäße Ablauf von nicht strafrechtlichen Verfahren. Zu prüfen sei außerdem, ob nicht eine andere Maßnahme oder eine Kombination von Maßnahmen ebenso wirksam sein könnten und die Grundrechte weniger beeinträchtigen. Entsprechend dem EuGH-Urteil von 2014 seien Speicherdauer und Zugang zu den Daten zu regeln, um „die Verletzung der Grundrechte auf das absolut Notwendige zu beschränken“.

Mit dem deutschen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung werden Telekommunikationsunternehmen, Internetprovider und andere Zugangsanbieter verpflichtet, Telekommunikationsverkehrsdaten sämtlicher Bürger verdachtsunabhängig zu speichern. Diese Daten, darunter gewählte Rufnummern und genutzte IP-Adresse, müssen zehn Wochen lang vorgehalten werden. Für die bei der Nutzung von Mobildiensten anfallenden Standortdaten ist eine Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen. Vom Gesetz ausdrücklich ausgenommen sind die Inhalte von E-Mails.

Schon im Vorfeld der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung im Bundestag hatten IT-Verbände die Gesetzesvorlage wegen technischer Fehler, sachlicher Mängel und den zu erwartenden Schwierigkeiten beziehungsweise hohen Kosten bei der Umsetzung kritisiert. Datenschützer sowie Bürgerrechtsorganisationen wiesen zudem mehrfach darauf hin, dass aus ihrer Sicht der neuerliche Anlauf weder die Vorgaben des Bundesgerichtshofs noch des Europäischen Gerichtshofs erfüllt.

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