Schon der Kauf einer professionell einsetzbaren Linux-Version, so ihre aktuelle Einschätzung, kann so viel kosten, wie Windows 2000 oder Unix. Preisvorteile ergeben sich vor allem gegenüber Unix-Systemen, die nicht auf Intel-PCs sondern auf Risc-Systemen wie Sparc (Sun) oder Power-PC (IBM) laufen. Mit solchen Argumenten versucht die Meta Group überzogene Erwartungen an das In-Betriebssystem zu dämpfen.
Tatsächlich ist Linux laut Chefanalyst Luis Leamus ein Infrastrukturthema. Die Kosten und Risiken eines Linux-Einsatzes ergeben sich daher nicht beim Kauf, sondern bei der Integration in die vorhandene Infrastruktur. Das beginnt bei der Frage nach Bürosoftware und Emailsystem über Einbindung in Netzwerk, Workflow, System-Management und Security. In den meisten Bereichen sieht Leamus allerdings keine Linux-spezifischen Probleme. Server-Anwendungen und Integrations-Tools sind in großer Menge von anderen Unix-Systemen auf das Pinguin-Betriebssystem portiert worden. Dennoch, die Integration muss durchgeführt werden und kann rasch mehr kosten. als sich beim Linux-Kauf einsparen lässt. Zurückhaltung beim Einsatz von Linux sieht die Meta Group vor allem im High-End-Server-Bereich, etwa als Plattform für Transaktionsorientierte Unternehmensdatenbanken. Vor allem aber glauben die befragten Anwender nicht an Linux auf dem Desktop. Kein Unternehmen würde es wagen, tausenden von Usern die vertraute Microsoft-Umgebung wegzunehmen.
Dieser Einschätzung widersprach Sun-Manager Martin Häring, der Linux durchaus auch am Desktop sieht. Sein Unternehmen hat an einer solchen Positionierung allerdings großes Interesse, weil das Betriebssystem so dem hauseigenen Server-Betriebssystem Solaris weniger gefährlich wäre. Doch Sun ist keineswegs allein mit seiner Haltung: So haben sich die Linux-Leithirsche Suse und Red Hat – ansonsten scharfe Konkurrenten – für die diesjährige CeBIT einhellig eine Desktop-Offensive vorgenommen. Das Problem fehlender Office-Programme wird sowohl mit Open-Source-Paketen behoben als auch durch Lösungen, die es ermöglichen, Microsoft-Programme unter Linux laufen zu lassen.
Die unterschiedliche Einschätzung des Desktop-Markts durch die Meta-Group und Linux-Anbieter rührt nicht nur aus dem verständlichen Interesse der Industrie her, sich einen neuen Markt zu erobern. Bei der den Urteilen zugrunde liegenden Meta-Group-Befragung scheinen die kleinen und mittleren Unternehmen unterrepräsentiert zu sein. Viele der Argumente gegen Linux verlieren bei dieser Gruppe ihre Schärfe: Je kleiner die Nutzerzahlen und der Komplexitätsgrad der IT-Infrastruktur sind, desto einfacher fällt es, die Desktop-Systeme zu ersetzen und zu integrieren.
Bei aller Kritik sind sich die Meta-Group-Analysten einig, dass der Linux-Trend unumkehrbar ist. In der Tat gebe es Bereiche, in denen das Low-Cost-Betriebssystem längst Marktführer ist. Konkret genannt hat Leamus hier alle Geräte (Appliances), die eine bestimmte Aufgabe erfüllten, bei der das Betriebssystem selbst aber unsichtbar bleibt. Das sind zum Beispiel Router, Web-Server oder Speichersysteme. Der Grund: Die Hersteller können hier kostenlos auf den Sourcecode eines Betriebssystems zugreifen, und so die Geräte preisgünstig anbieten.
Einer Meta-Group-Umfrage unter 188 deutschen Linux-Usern zufolge ist die Zufriedenheit außergewöhnlich groß. So berichten 86 Prozent der Unternehmen, dass ihre Erwartungen im Großen Ganzen erfüllt wurden. Nicht ein Unternehmen wollte – trotz garantierter Anonymität – von negativen Erfahrungen berichteten. Unzufriedene Anwender verstecken sich höchsten in den 14 Prozent derer, die keine Angaben zu der Frage machten. Besonders gute Noten erhielt Linux von rund 90 Prozent der Befragten in Sachen Stabilität, Performance und Total Cost of Ownership. Die hervorragenden Werte relativiert die Meta Group durch den Hinweis darauf, dass Linux nach wie vor meist als Web- oder Datenserver eingesetzt werden Bereichen in denen das Betriebssystem keinen besonderen Belastungen ausgesetzt seien.
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