Cherry meint, es sei keine schlechte Sache, wenn Microsoft sehr genau hinschaue, wie das eigene Betriebssystem fundamental zu verbessern sei. Wenn Longhorn allerdings als so großer Wurf angepriesen wird, sieht sich das Unternehmen zwei Gefahren gegenüber.
Kurzfristig könnten Unternehmen in Hoffnung auf die Versprechungen von Longhorn Upgrades hinausschieben. Aber gleichzeitig könnte das endgültige Produkt so revolutionär sein, dass die Unternehmen mit der Installation zögerlich sein werden, ehe die Software nicht schon einige Zeit in Umlauf ist.
„Microsoft befindet sich hier in einem Dilemma“, sagt Cherry.
Geht man davon aus, dass Microsoft die Entwickler von der Idee von Longhorn überzeugen kann, so wird der Softwareriese auch ganz pragmatische Fragen beantworten müssen, zum Beispiel, welche konkreten Schritte Entwickler unternehmen und worauf sie ihre Bemühungen konzentrieren sollten, um die Fähigkeiten des neuen Betriebssystems voll auszuschöpfen. „Wenn ich Entwickler wäre, würde ich zuerst gerne wissen, wo ich meine Ressourcen investieren sollte“, so Cherry.
Ein Ergebnis des langen Entwicklungszyklus‘ für Longhorn ist, dass Microsoft aufgefordert sein wird, mehr für Windows XP zu tun. Das Unternehmen hat bereits für Mitte nächsten Jahres ein Update angekündigt, Service Pack 2. Allerdings sollen darin nur wenige neue Features enthalten sein.
Umfangreichere Verbesserungen sind hingegen für die beiden Spezialversionen von XP geplant, die Editionen für Tablet PC und Media Center. Microsoft hofft, die Verbreitung dieser beiden Produkte, die sich beide in der ersten Schleife des Produktzyklus‘ befinden, weiter ausbauen zu können, ehe Longhorn auf den Markt kommt.
Trotz der großen Zeitabstände zwischen neuen Betriebssystemversionen hält Microsoft bislang an seiner Position fest, dass es keine Interims-Version von Windows bis zur Einführung von Longhorn geben wird. „Es gibt keine Pläne für irgendwelche Interims-Versionen“, so Greg Sullivan, Lead Product Manager der Windows Client Division, in einem Interview im Juli. „An so etwas wird nicht gearbeitet.“
Ein kleiner Anteil der Entwicklungsarbeit wird nach Angaben von Sullivan auf das Service Pack verwendet. „Der Rest konzentriert sich auf die nächste Version“, sagte er mit Bezug auf Longhorn.
Es sei zwar durchaus möglich, auf Longhorn zu warten, kommentiert Cherry, aber jede weitere Verzögerung des Betriebssystems könnte Microsoft zu einem Umdenken bei seiner Strategie zwingen.
Nach Auskunft von Sullivan steckt die Arbeit an Longhorn noch in einer Phase, in der die Entwickler neue Funktionen hinzufügen. Er sagt, Microsoft habe noch nicht den kritischen Punkt erreicht, wo Features nicht mehr hinzugefügt, sondern weggelassen würden – weil es zu lange dauern würde, sie zu implementieren.
Was die Server-Version von Longhorn betrifft, hat Microsoft sich bislang noch nicht ausführlich geäußert. Die Arbeit an diesem Produkt hinkt wohl noch etwas hinterher, sodass man mit einer Entwickler-Preview auf der Oktober-Konferenz wohl kaum rechnen kann, trotz der Tatsache, dass Microsoft das Produkt als „im selben Zeitrahmen wie Longhorn“ befindlich beschreibt.
Sullivan gibt zu, dass Longhorn ein ambitioniertes Unterfangen ist, das jedoch möglich geworden ist, weil Microsoft mit Windows XP die Windows-Versionen für private und professionelle Anwender zusammengeführt hat.
Longhorn wird bei der Entwicklerkonferenz nicht das einzige Thema auf der Tagesordnung sein. Zur Diskussion dürften auch Yukon stehen, die nächste Version von SQL Server, „Whidbey“, die nächste Version von Microsofts Visual Studio-Tools, sowie andere Entwicklungsthemen, wie Sicherheit, die sicherlich bei den Entwicklern weiter oben auf der Liste zu finden sein dürften.
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