David Nagel unplugged: Schafft Palm den Anschluss?

ZDNet: Ich glaube noch immer, dass Java die bessere Alternative ist. Nach dem, was Sie bis jetzt gesagt haben, streben Sie ganz klar eine Überlegenheit über Microsoft und Pocket PC an und möchten diese demonstrieren. Es gibt nicht eine einzige Entwickler-Gemeinde, die konzentrierter auf dieses Ziel hinarbeitet, als die Java-Gemeinde. Wenn sich PalmSource weiter auf PalmOS konzentriert und die Telefon-Leute mit Symbian und Java arbeiten und RIM ausschließlich mit Java arbeitet, hat Microsoft mit seiner Strategie vom Teilen und Herrschen Erfolg. Wenn Sie aber in den Kampf eintreten, könnte das Ergebnis anders aussehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Palm-Nutzer sofort Zugriff auf Java-Anwendungen hätten, die von einem Gerät auf ein anderes übertragen werden können. Die Kompatibilität der Anwendungen mit einer Vielzahl von Geräten ist ein starkes Verkaufsargument für Java

Nagel: Seit Anfang letzten Jahres hat sich die Zahl der für PalmOS erhältlichen Anwendungen von 12.500 auf 19.000 erhöht. Was die Zahl der Entwickler angeht sind wir jetzt bei 280.000. Es konzentriert sich schon genug Intelligenz auf die Plattform, wir müssen uns also keine Sorgen über einen Mangel an Software machen. Unser Marktanteil ist ausreichend groß.

ZDNet: OK, aber warum nicht das Beste beider Welten vereinen? Sie könnten bei den PalmOS-Anwendungen bleiben, aber trotzdem eine hervorragende Java-Plattform daraus machen. Dann könnten Sie sehen, in welche Richtung die Entwickler tendieren.

Nagel: Ich habe damit kein Problem. Ich würde sehr gern mit Sun zusammenarbeiten. Allerdings ist das nicht einfach. Sie machen es einem nicht leicht. Wir gehören zu den frühen Mitgliedern des JCP (Java Community Process). Wir haben versucht, ein PDA-Profil zu erstellen, eine Art erwachsener J2ME (Java 2 Micro Edition), aber wir kamen zu der Ansicht, dass wir uns hier ein wenig verzetteln und hier mehr Probleme geschaffen als gelöst werden. Sun hat das nicht gefallen. Sie wollten uns nicht unterstützen, also haben wir uns dazu entschieden, nicht weiterzumachen und uns nicht weiter um die J2ME zu kümmern.

ZDNet: Wollen Sie sagen, dass PalmSource den Rahmenbedingungen des JCP gefolgt ist und Sun ein Veto eingelegt hat? Bei Sun sagt man, dass man beim JCP nie ein Veto gegen etwas eingelegt habe.

Nagel: Sie haben kein Veto eingelegt. Wir erhielten eine Genehmigung. Aber letztendlich verspürten wir nicht viel Enthusiasmus für die Förderung einer erweiterten Plattform. Ich möchte aber diese Einstellung ansprechen, die Sie beschrieben haben, wo alles andere unwichtig wird, Betriebssysteme zu Kernels werden und alles im Runtime-Betrieb läuft wie Java. Ich glaube einfach nicht daran.

ZDNet: Die Leser von ZDNet sind immer interessiert daran, was Leute wie Sie, die Zugriff auf all diese Prototyp-Geräte haben, in der Tasche haben. Was haben Sie gerade dabei?

Nagel: In dieser Sekunde gerade gar nichts. Wenn Sie es aber unbedingt wissen müssen: Ich versuche häufig zu wechseln, damit ich den Überblick darüber behalte, was am Markt ist und was diese Geräte können. Aber wenn ich auf Reisen bin, nehme ich gerne einen Treo mit – besonders wenn es nach Übersee geht. Hier in den USA ist mir wiederum Sprint am liebsten. Ich habe also Samsung-Geräte benutzt. Ich habe das I300 von Samsung verwendet und bald bekomme ich das neue I500.

ZDNet: Ich konnte mich nie an Soft Keyboards von Geräten wie das des I300 gewöhnen.

Nagel: Mir gefällt es sogar. Ich habe große Daumen, kann aber trotzdem damit arbeiten. Allerdings hat das Gerät ein paar irritierende Eigenschaften. Die schlimmste davon ist, dass manchmal, etwa bei jedem zehnten Anruf, mein Ohr die Taste für die Freisprecheinrichtung berührt und mir das Gerät mit voller Lautstärke ins Ohr brüllt. Aber davon abgesehen, gefällt es mir. Ich habe aber noch nicht die Gewohnheit entwickelt, größere Mengen an E-Mail mit dem Gerät zu bearbeiten. Ich verwende das Gerät meistens als Telefon. Das liegt auch daran, dass es das ideale Gerät noch nicht gibt. Im Moment gibt es all diese integrierten Geräte, besonders die mit Bluetooth wie etwa die von Sony Ericsson, bei denen es Stunden dauert, bis die Integration funktioniert. Ich möchte die Systeme nicht selbst integrieren müssen.

ZDNet: Wollen Sie damit sagen, dass Anbieter, die integrierbare Geräte wie Telefone mit Bluetooth anbieten, in Zukunft Pakete anbieten werden, in denen sowohl Telefon als auch PDA enthalten sind?

Nagel: Gewiss. Die Geräte müssen voreingestellt sein und alles muss beim ersten Einschalten funktionieren. Im Moment ist das nicht so. Es ist viel wahrscheinlicher, dass ich zwei aufeinander abgestimmte Geräte kaufe, die ich danach nicht erst konfigurieren muss. Ich kaufe auch gerne ein größeres Gerät für die Datenverarbeitung, das ich in meiner Aktentasche aufbewahren muss. Es sollte dann eine gute Tastatur und einen großen Akku haben und mein Telefon sollte sich an diesem Akku bedienen, wenn ich beide Geräte verbinde. Warum sollte das Gerät zur Datenverarbeitung den Akku des Telefons belasten und nicht umgekehrt?

ZDNet: Jetzt sprechen Sie über Industriedesign, aber zuvor sagten Sie doch, dass Sie nicht wirklich Einfluss auf den Designprozess nehmen können.

Nagel: Formal gesehen habe ich keinen Einfluss, aber ich rede beständig auf unsere Lizenznehmer ein. Einige von ihnen hören zu und andere nicht. Schauen Sie, der Telefonmarkt ist um Größenordnungen umfangreicher als der PDA-Markt und der Handheld-Markt. Ehrlich gesagt glauben wir, dass hier unsere Zukunft liegt. Wir unternehmen hier große Anstrengungen.

ZDNet: Wie sehen Ihre Gedanken zum globalen Geschehen aus? Wir hören unter anderem, dass PalmOS auf internationaler Ebene nicht die kritische Masse erreicht, die für ein Überleben am internationalen Markt notwendig wäre.

Nagel: Sprechen Sie von Europa? In Europa hört man so etwas häufig. Wie kann ich das vorsichtig ausdrücken? Ich glaube, die Europäer sind ein wenig fremdenfeindlich – im eurozentristischen Sinne. Sie glauben, dass Symbian die naheliegendste Lösung sei. Die Europäer mögen diese Idee von Zusammenarbeit. Sie waren in der Vergangenheit nicht sehr erfolgreich und ich weiß nicht, wie erfolgreich sie in der Zukunft damit sein werden. Europa ist aber ein gutes Beispiel. Wir haben dort im Laufe des letzten Quartals einen zehnprozentigen Zugewinn bei den Marktanteilen verzeichnet. Europa ist weltweit der einzige wachsende Markt. Ein Grund dafür, dass man in Europa so lange nicht mit uns gerechnet hat, liegt darin, dass bis letztes Jahr keines unserer Geräte mit den dortigen Netzwerken arbeiten konnte. [Anmerkung der Redaktion: In Europa ist GSM der Standard für Telefonie und GPRS der Standard für Daten. Bis zum vergangenen Jahr gab es keine mit PalmOS betriebenen Geräte, die mit GSM oder GPRS arbeiteten.] Das ändert sich jetzt, insbesondere durch das neue I500 von Samsung. Man wird also auf uns aufmerksam werden. Ich bleibe gerne erst einmal unbemerkt. Bei den Telefonen kommen wir unserem Ziel immer näher. Ich behaupte nicht, dass wir bereits die endgültige, beste Lösung hätten. Aber wir werden sie haben.

ZDNet: Was sind Ihre Ansichten über CDMA im Vergleich zu GPRS?

Nagel: Ich meine, dass die frühen Always-on-CDMA-Lösungen für Daten klar besser sind. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist doppelt so hoch wie die von GPRS oder sogar höher. Es macht einen viel flüssigeren Eindruck. Aber auch CDMA ist nicht perfekt. Die SIM-Karte, die es bei GSM/GPRS gibt, ist einfach fantastisch. Ich reise in ein anderes Land und muss nur die SIM-Karte in ein anderes Telefon stecken, um gleich loslegen zu können. In der CDMA-Welt gibt es keine SIM-Karten und ich kann immer noch nicht verstehen, warum man diese Technik nicht übernommen hat. Für mich ist dies einer der Kritikpunkte.

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

Noch keine Kommentare zu David Nagel unplugged: Schafft Palm den Anschluss?

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *