Gericht stoppt Verkauf von Medikamenten per Internet

Klage des Deutschen Apothekerverbandes sowie eines Pharmaunternehmens stattgegeben / Site bleibt für österreichische Bürger geöffnet

Medikamente dürfen in Deutschland bis auf Weiteres nicht per Internet verkauft werden. Das Landgericht Frankfurt am Main untersagte es am Donnerstag der niederländischen Online-Apotheke 0800 DocMorris per Einstweiliger Verfügung, Medikamente an deutsche Kunden zu versenden. Es gab damit den Beschwerden des Deutschen Apothekerverbandes sowie eines Pharmaunternehmens statt, die sich auf ein im deutschen Arzneimittelgesetz verankertes Versandverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel beriefen.

0800DocMorris kritisierte, das Gericht habe „gegen die Interessen von 80 Millionen deutschen Verbrauchern und für die Geldbeutel der deutschen Apotheker entschieden“. In der Hauptsache ist aber noch kein Beschluss gefallen. (Az. 2-03 O 365/00 und Az. 2-03 O 366/00)

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts sah in dem Angebot einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG), das den Verkauf von Medikamenten nur über stationäre Apotheken erlaubt. Allerdings sei sich die Kammer bei ihrer Entscheidung bewusst gewesen, „dass das deutsche Verbot des Versandhandels von Arzneimitteln via Internet möglicherweise nicht für alle Zukunft aufrecht erhalten werden kann“, betonten die Richter. Derzeit könne die Rechtslage aber nur zu einem Verbot führen.

Der Apothekerverband bezeichnete die Entscheidung als Sieg für den Verbraucherschutz und die Arzneimittelsicherheit. Damit sei klargestellt, dass sich gesetzliche und private Krankenkassen „eindeutig gesetzwidrig verhielten, wenn sie weiterhin ihre Mitglieder aufforderten, sich Arzneimittel aus dem Ausland durch Versand schicken zu lassen“. Das Gericht folgte der Auffassung des Verbandes, der Internet-Handel könne keine Beratung der Kunden in der sonst üblichen Qualität liefern. Zudem sei die Gefahr des Medikamentenmissbrauchs bei Online-Bestellungen höher.

Die holländische Online-Apotheke hatte sich auf die europäische E-Commerce-Richtlinie berufen, die dem freien Warenverkehr den Vorrang vor nationaler Gesetzgebung gibt. Nach der EU-Rechtsprechung muss bei Medikamenten lediglich gewährleistet sein, dass sie durch eine Apotheke ausgegeben werden. „Wir und unsere zehntausend Kunden in ganz Europa werden uns nicht von dieser Entscheidung des Landgerichts in die Illegalität treiben lassen“, erklärte 0800DocMorris-Sprecher Jens Apermann. „Mit den Entscheidungen anderer deutscher Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Rücken werden wir unser Recht in höherer Instanz bekommen.“ Die deutschsprachige Website müsse nicht abgeschaltet werden, da das Angebot sich auch an Kunden in Österreich richte.

Das Unternehmen rechnete am Donnerstag damit, dass der Gerichtsbeschluss innerhalb einer Woche in den Niederlanden eintreffen und damit wirksam wird. Nach Angaben des Landgerichts kann das Unternehmen innerhalb eines Monats beim Oberlandesgericht Frankfurt Berufung gegen die Einstweilige Verfügung einlegen oder das Hauptsacheverfahren abwarten.

0800DocMorris bietet sei Juni 1100 verschreibungspflichtige und rezeptfreie Medikamente an. Der Preis liegt nach Angaben der Online-Apotheke bis zu 40 Prozent unter dem Verkaufspreis in Deutschland. Die Lieferung erfolgt innerhalb von 48 Stunden per Boten. Das Angebot richtet sich laut Unternehmen vor allem an Patienten mit chronischen Krankheiten wie Rheuma oder Diabetis, die regelmäßig bestimmte Medikamente kaufen wollen, und Frauen, die günstigere Preise für die Anti-Baby-Pille in den Niederlanden nutzen wollen.

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2 Kommentare zu Gericht stoppt Verkauf von Medikamenten per Internet

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  • Am 11. Oktober 2002 um 15:48 von Buchholz

    Doc Morris
    Hier hat wieder einmal die deutsche Pharmalobby und die Vertreterschaft der Ärzte zugeschlagen. Einerseits darf der Arzt keine Medikamente verschreiben , die ja alle zu teuer sind – andererseits kann der Bürger sich keine freien Medikamente kaufen ( Selbstbehandlung … da grollt der Arzt).

    Dann sind da noch die vielen Ärzte , die den Hypokrates-(Mein-)Eid geschworen haben , und denen die Patienten vielfach völlig egal sind , die Kasse muss stimmen und Selbstbehandlung… – das gibt es halt wie üblich nur in Deutschland… wie so vieles Andere im unüberschaubarenGesetzeswust !

    Der Filz lässt grüssen .

  • Am 12. Mai 2002 um 17:58 von Gunnar Koeppen

    Gerichtsentscheid – Medik. im Internet
    Die Entscheidung des Gerichts zeigt wieder einmal, daß auch die Justiz nicht im Interesse der Bürger unseres Staates entscheidet, schon garnicht im Interesse der finanziell weniger bemittelten.

    Wichtig und an erster Stelle steht die Profitgier der Pharmakonzerne, die mit ihrer Preistreiberei die Kosten im Gesundheitswesen ohne Skrupel in die Höhe treibt. Vorsichtshalber wird dieser Konzern garnicht erst genannt.

    Aber auch dagegen fällt den Politikern wieder was ein : Steuerhöhung, damit der Profit gesichert wird.

    Es wird doch niemand annehmen, daß ein Abgeordneter des Bundestages oder ein Richter seine lebensnotwendigen Medikamente im Internet bestellen muß, um einige EURO zu sparen.

    Und wenn die Diäten nicht ausreichen sollten, wird durch Handheben eine Diätenerhebung beschlossen.

    Seid euch bewußt und erinnert euch :

    WIR sind das Volk !!!!!!!

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