Dirk Hohndel sitzt im Vorstand der Suse Linux AG und bekleidet den Posten des Chief Technology Officer („Cheftechniker“). ZDNet befragte ihn zu seinen Ansichten über die Zukunft der Open-Source-Bewegung und der Rolle seines Unternehmens.
ZDNet: Kann das Open-Source-Modell in Zukunft weiter bestehen, oder wird die Entwicklergemeinde über kurz oder lang Geld sehen wollen? Suse verdient schließlich an der Arbeit von Tausenden uneigennütziger Programmierer.
Hohndel: Das Open-Source-Prinzip wird sich durchsetzen, weil es den Anwendern die qualitativ besseren Softwaretools an die Hand gibt. Die Liste der bekannten Vorzüge ist lang und reicht von Transparenz über Flexibilität bis hin zu Herstellerunabhängigkeit und Innovationsgeschwindigkeit.
Wir als Suse Linux AG begreifen uns als integraler Bestandteil der Linux- und Open Source-Bewegung und leben dies auch im Alltag. Das bedeutet für uns, dass wir beispielsweise die Linux-Entwicklung personell und finanziell in den für Linux essentiellen Bereichen vorantreiben, wo die Projekte für Einzelne wegen des Umfangs und der Komplexität nicht mehr zu bewältigen sind. Dazu gehören beispielsweise Enterprise-Features wie Hochverfügbarkeit ebenso wie die Portierung auf Intels IA64-Plattform.
Nicht zu vergessen: Mit den Suse Labs finanziert Suse nicht nur das weltweit größte Team an Open-Source-Entwicklern, sondern stellt auch die Infrastruktur sowie eine Plattform zum Erfahrungsaustausch und zur engen Zusammenarbeit im Team zur Verfügung. Damit leistet Suse einen wesentlichen Beitrag zur raschen und zielgerichteten Linux-Entwicklung, insbesondere auf den Gebieten Linux-Kernel, glibc, XFree86, KDE, ISDN4Linux, ALSA (Advanced Linux Sound Architecture) und USB (Universal Serial Bus).
ZDNet: Ist die Abhängigkeit von Kernel-Entwickler Linus Torvalds ein Hemmschuh für die Branche? Eine Verspätung von über einem Jahr für den Kernel 2.4 würde in anderen Kreisen zu Aufständen führen.
Hohndel: Bei Linux hat die Qualität, also Stabilität und Zuverlässigkeit, stets allerhöchste Priorität. Dass sich der Kernel 2.4 nun gegenüber dem ursprünglich sehr ambitionierten Zeitplan verzögert hat, liegt neben der unstrittig vorhandenen Liebe der Open-Source-Entwickler zur technisch perfekten Lösung sicher auch am gewaltigen Umfang der Neuerungen – unter anderem Skalierbarkeit, SMP, Journaling File System, Large File Support.
Linus Torvalds wacht als Koordinator der Weiterentwicklung des Linux-Kernels nach eigenen Angaben heute über höchstens fünf Prozent der Linux-Entwicklung. Dabei beweist er als Dirigent des Orchesters der Open-Source-Entwickler seit nunmehr neun Jahren Feingefühl und Know-how, und ist damit ein Garant für den überaus großen Erfolg des „Projekts Linux“. Wir können uns da der Readers-Digest-Jury nur anschließen, die ihn im Dezember zum „Europäer des Jahres“ gewählt hat.
ZDNet: Transmeta hat angekündigt, eine Mobil-Version von Linux zurechtzuschneidern. Denkt Suse angesichts des Booms bei PDAs ebenfalls an eine mobile Distribution? Soll das „Embedded-Linux“, an dem Sie nach eigenen Angaben derzeit arbeiten, auch in Handhelds zum Einsatz kommen? Stehen Sie mit Harware-Herstellern dieser Art in Kontakt?
Hohndel: Suse verfolgt die Entwicklungen im Bereich Handheld Computing mit größter Aufmerksamkeit. Da Linux in diesem neuen Segment alle Chancen besitzt, sich als Standard zu etablieren, wird auch Suse hier sein Engagement verstärken. Zentrale Voraussetzung dafür ist natürlich ein entsprechend tragfähiges Business-Modell oder aber eine Kooperation mit führenden Hardwareanbietern dieses Segments.
ZDNet: KDE 2.0.1 bezeichnen Sie als „einfachsten Desktop der Welt“, während sie sich mit der Suse-Version 7.1 offenbar von der Gnome-Oberfläche verabschiedet haben. Warum liegt ihnen die Gnome Foundation nicht so sehr?
Hohndel: Der Anwender hat mit Suse Linux stets die Wahl zwischen Gnome und KDE sowie weiteren 19 Desktop-Oberflächen. Und wir haben sowohl Gnome- als auch KDE-Entwickler gleichermaßen auf den Suse-Gehaltslisten. KDE ist nach unserer Einschätzung derzeit die technisch am weitesten entwickelte Benutzeroberfläche für Linux. Gleichzeitig vermittelt KDE dem Anwender am ehesten das Gefühl des ‚Das kommt mir bekannt vor‘, was ein wesentliches Element der Benutzerfreundlichkeit eines Systems ausmacht. Deshalb findet der Anwender bei Suse Linux als Default-Einstellung nach der Erstinstallation den KDE-Desktop vor.
ZDNet: Im Januar befiel der Internet-Wurm „Ramen“ mehrere Hundert Server mit Red Hat Linux. Wie schätzen Sie die Gefahr von Linux-Viren und Würmern für die Zukunft ein?
Hohndel:Durch das rasante Entwicklungstempo in der gesamten IT-Industrie sind in Zukunft auch unter Linux Sicherheitslücken nicht vollkommen auszuschließen. Durch die Verfügbarkeit der Quellcodes stehen jedoch bei Linux – im Vergleich zu proprietären Betriebssystemen
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