Der Anbieter von alternativen Top-Level-Domains, Beatnic, hat heute Morgen ein deutsches Root Server System als Gegenentwurf zum herkömmlichen Internet angekündigt. Wie das Unternehmen bekannt gab, nahm die Organisation Boroon den ersten Root Server am gestrigen Montag um 15 Uhr im Netz von MCI Worldcom in Betrieb. „Wir wollen keine Konkurrenzveranstaltung zur Icann sein“, so der Geschäftsführer von Cube und Initiator von Beatnic, Pascal Bernhard. „Wir wollen ihr Angebot ergänzen“. ZDNet sprach mit dem Mann, der am Monopol der Icann rütteln will.
ZDNet: Warum haben sie sich dazu entschlossen, mit zunächst elf Root-Servern ein eigenes „europäischen Internet“ zu Wege zu bringen?
Bernhard: Wir haben die Szene der alternativen Server seit Monaten beobachtet und uns gefragt, warum ihr Erfolg nicht größer ist. Die meisten der Veranstalter betreiben ihre Maschinen als Hobby. Wir aber wollen den Markt kommerziell aufziehen. Dadurch soll das System stabilisiert werden.
Mit Beatnic wollen wir keine Konkurrenzveranstaltung zur Icann sein, sondern ein Zusatzangebot schaffen. Wir sind nicht daran interessiert, ein Politikum zu erschaffen. Vielmehr wollen wir mit der Icann kooperieren.
ZDNet: Die Icann gilt als relativ unnachgiebig. Glauben Sie, dass deren Mitglieder mit Ihnen verhandeln werden?
Bernhard: Die Icann besteht ja aus Menschen und viele von denen wissen sehr genau, was sie tun. Dass sie nach außen sehr autoritär wirkt, ist, denke ich, durchaus gewollt.
ZDNet: Warum brauchen wir denn die ganzen alternativen Top Level Domains?
Bernhard: Als europäisches Unternehmen sind wir mit einer unerträglichen Situation konfrontiert. Die Icann lässt sich mit der Einführung der „.eu“-Domain Zeit. Wir wollen deshalb einen Markt mit Top Level Domains kommerziell aufziehen, der professionelle Dienste und starke Partner bietet. Es geht uns nicht darum, die Anwender zu neppen, sondern einen wirtschaftlichen Dienst aufzubauen.
Monopolstellungen wie bei der Icann lähmen die Märkte. Deshalb wollen wir die alternativen Top Level Domains auch nicht selber betreiben, sondern bieten anderen Gesellschaften die Möglichkeit, bei uns eigene TLDs anzumelden. Wir verwenden dabei dieselben Stabilitäts- und Auswahlkriterien für die Betreiber von TLDs wie die Icann. Im Endeffekt stellen wir die Root Server zur Verfügung und leiten die Anfragen dann an die Web-Server der betreffenden Gesellschaft weiter. Wir selber wollen gar nicht in den Markt mit Endkunden eintreten.
ZDNet: Sie haben ja mit dem Root Service Centers Advisory Committee (RSCAC) ein Gremium gegründet, das unter anderem überwachen soll, dass keine Dopplungen von Top Level Domains in der Icann-Welt und im alternativen Web auftauchen. Denken Sie, die Icann wird sich davon beeindrucken lassen, wenn sie sich dazu entscheidet, eine bereits von Beatnic vergebene TLD für sich zu beanspruchen?
Bernhard: Das ist natürlich ein berechtigter Einwand. Aber als die Icann sich zur Einführung der TLD „.biz“ entschloss, obwohl diese als alternative Domain bereits vorhanden war, hat es eine Anhörung vor dem US-Kongress gegeben, was mit den 2000 Kunden des betroffenen Registrars geschehen soll.
Wir werden im Fall von kollidierenden TLDs gerne vermitteln. Allerdings haben wir genausowenig die Legitimation wie die Icann in dem Fall zu entscheiden. Da müssen sich die beiden betroffenen Registrare wohl untereinander einigen. Aber im Fall von „.biz“ war mit 2000 Usern der entstandene Schaden einfach noch nicht hoch genug, als dass der Kongress zu Ungunsten der Icann entschieden hätte. Zudem hätten die „.biz“-Kunden billigend in Kauf genommen, dass sie nur über eine alternative Server-Auflösung zu erreichen sind.
ZDNet: Das heißt, Ihr Ziel ist jetzt, möglichst schnell möglichst viele Endkunden zu finden um die Verbreitung der alternativen TLDs zu fördern?
Bernhard: Ja. Deshalb werden unsere Server bei MCI Worldcom stehen. Wir verhandeln derzeit mit zahlreichen ISPs, dass sie die Auflösung der Domains nicht mehr über ein Plug-In lösen, so dass auch Beatnic-Domains für deren Kunden ohne zusätzlichen Aufwand erreichbar sind. Insgesamt sind wir mit vier Internet Service Providern momentan in konkreten Verhandlungen. Zwei davon operieren deutschlandweit, einer in ganz Europa und der vierte weltweit. Zusammen haben die vier Unternehmen etwa 50.000 User. Insgesamt sind seit Ende März 7000 URLs für Beatnic-Domains vergeben worden.
ZDNet: Auf der Registrierungs-Site von Beatnic warnen Sie ja, dass die Bearbeitung der Anträge dauert. Sind Sie von Ihrem Erfolg überrascht worden?
Bernhard: Wir hatten mit 300 bis 500 Registrierungen gerechnet. Also haben wir weder Tools noch Personal bereit gestellt. Wir müssen jeden Eintrag per Hand vornehmen. Wir wollen den Markt der Top Level Domains aber strukturiert angehen und überlegen uns, Beatnic über kurz oder lang an einen anderen Registrar weiterzugeben. Unser Ziel ist es, dass sich später einmal mehrere Registrare mit Beatnic zusammenschließen und es eine Struktur ähnlich der der Denic gibt. Diese Organisation sollte sich dann auch selbst finanzieren.
Kontakt:
Cube, Tel.: 06352/753725 (günstigsten Tarif anzeigen)
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