Fußball-WM gestreamed, nicht gesendet

Im Streit über die Senderechte an der Fußball-WM spielt das Internet eine zunehmend wichtige Rolle - zum Schrecken der Vermarkter

KOMMENTAR – So, wie es derzeit aussieht, wird die nächste Fußball-Weltmeisterschaft vormittags im Bezahlfernsehen übertragen. ARD/ZDF und die Kirch-Gruppe als Rechteinhaber der WM 2002 und 2006 konnten sich nicht einigen. Wer sich für das unzulängliche Pay-TV mit Settop-Boxen nicht erwärmen kann, muss andere Wege suchen, den Kick zu bekommen: Fußball wird zum großen Testfall für das Streaming im Internet.

Unterschiedliche Rechtsauffassungen

So erstaunlich es klingen mag: In Grossbritannien gibt es das Verwertungsproblem mit der Weltmeisterschaft nicht. Dort ist Fußball auf eine Liste der Top-Ereignisse gesetzt worden, die öffentlich zugänglich sein müssen. Das Recht zur Führung solcher Ausnahmelisten hat jedes europäische Land, nur wird unterschiedlich von dem Recht Gebrauch gemacht.

Wie verschieden die Rechtsauffassungen sind, zeigt die Aussage der Kirch-Gruppe, nach dem Scheitern der Verhandlungen über die Fernsehrechte auch die Hörfunksendungen der ARD zu verbieten, die so nicht Teil der Verhandlungen waren. Im nächsten Schritt kommen natürlich Zeitungen und Zeitschriften dran, die in Verlagshäusern ohne Kirch-Beteiligungen erscheinen. Dagegen dürfte sich sicher Protest regen, doch wird er wohl scheitern. Medienmacht ist Verwertungsmacht, zumindest in Deutschland. Dennoch sind die Rechtsauffassungen gerade im Medienbereich sehr unterschiedlich.

Nehmen wir die Klagefälle der RIAA als Dachorganisation der US-Plattenindustrie hinzu, bekommen wir eine Ahnung davon, wie selektiv Medienrechte in der Gesellschaft wahr genommen und ausgeübt werden. In Belgien marschierte die Polizei auf Klage der RIAA los und beschlagnahnmte verdächtige Computer mit noch verdächtigeren MP3-Dateien. In den Niederlanden wurde die gleiche Klage nicht akzeptiert.

Streaming Media kontra nationale Vermarktung

Bisher hatte die Kommerzialisierung des Sports so gut funkioniert, weil sich die Medienrechte säuberlich nach Ländern getrennt verkaufen ließen. Ein Sender wie NBC kaufte Olympia und verscherbelte dann nationale Senderechte an einzelne Länder. Das Internet stand lange Zeit auf keiner Rechnung.

Die Bedrohung durch Streaming Media und die mediale Aufmerksamkeit des Internet wurde eigentlich erst mit den Olympischen Spielen von Sydney offenkundig, und die Reaktionen waren drastisch: Das Internationale Olympische Komittee überwachte als Geschäftspartner von NBC die Internet-Berichterstattung mit Argusaugen. Journalisten der auf Sport spezialisierten Websites erhielten keine Presseakkreditierung, Sportlern wurde untersagt, persönliche Eindrücke von den Spielen in „Internet-Tagebüchern“ im Web zu veröffentlichen. Der Aufenthalt von Sportlern in den Chatrooms wurde im laufenden, entdeckten Gespräch abrupt beendet.

Internet-Blockade schließt Nutzer aus

Nach Olympia trafen sich in Genf bei einem Sport-Kongress Medienrechtler und Netzwerkspezialisten zu Beratungen über die Zukunft des Sports im Zeitalter des Internet. In etlichen Referaten wurde erläutert, wie Streaming Media heute funktioniert, mit speziellen Übertragungsnetzen der Streaming Provider wie Akamai oder Digital Island. Sie schicken heute die Videodaten über eigene Hochleitstungsnetze zu lokalen Servern, von denen sie in Kabelnetze und das lokale Internet eingespeist werden.

Diese Technik umgeht die eng vermaschte Struktur des Internet, die für Streaming Media zu langsam ist. Also gab man in Genf vorläufig Entwarnung, weil nationale Interessen technisch gewahrt blieben. Für kommende Veränderungen im Internet (unter anderem mit IPv6 im Blick) beschloss man einen Appell an die Verantwortlichen, in Zukunft eindeutig national identifizierbare Adressblöcke zu gestalten, die das gezielte Aussperren erlauben. Nun ist die Technik, bestimmte Inhalte beim Eintritt in ein Land zu blockieren, dieselbe Technik, die Surfer in einem Überwachungsstaat blockiert, wenn sie beim das internationale Angebot nutzen wollen. So etwas wird im Netz (im alten Internet) nicht gern gesehen.

Fußball-Stream ohne Ton und Ball

Parallel zur letzten großen Fußball-Sause in Belgien und Holland fand im Pariser Disneyland eine Veranstaltung der Firma RealNetworks statt. Dort erregte eine Firma namens Princeton Video Aufmerksamkeit: Sie ließ ein komplettes Fussballspiel als Stream übertragen. Leider hatte es einen kleinen Fehler. Der Ton des Kommentators fehlte, und der Ball auch.

Wer das Spiel mit Ball und dem Gebrüll des Stadions genießen will, soll in Zukunft Geld bezahlen, und wird dann mit einem besonders codierten Stream bedient. Geht es nach Princeton-TV, macht diese Form des Pay-TV via Internet Schule und führt den Sendern „endlich nennenswerte Einnahmen bei der Internet-Vermarktung“ zu.

Vielleicht auch nicht: das Spiel mit dem heraus gerechneten Ball hatte durchaus einen ästhetischen Reiz.

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