„Die Toten in den USA werden instrumentalisiert“

Europaabgeordnete Ilka Schröder will Terror-Angriffe nicht als Rechtfertigung für einen "weiteren Ausbau des Überwachungsstaates" gelten lassen

Auf seiner gestrigen Sitzung in Brüssel hat der Rat der Innen- und Justizminister (RIJ) unter anderem eine verstärkte Zusammenarbeit europäischer Polizeien und Geheimdienste, die Einführung eines europäischen Haftbefehls und erhöhte Mindeststrafen für bestimmte Delikte, die mit Terrorismus in Zusammenhang gebracht werden, beschlossen. Dazu erklärt die Europaabgeordnete der Grünen, Ilka Schröder MdEP: „Die Terror-Angriffe in den USA taugen nicht als Rechtfertigung für einen weiteren Ausbau des Überwachungsstaates. Statt gegen die Urheber des Terrors wendet sich ein großer Teil der Gesetzesverschärfungen gegen soziale Bewegungen, die berechtigterweise gegen eine verfehlte Politik in der Europäischen Union protestieren.“

Nach Ansicht von Schröder haben die Europäische Kommission und der RIJ „absichtsvoll“ die Begriffe „urban violence“ und „Terrorismus“ gleichgesetzt. Dies habe zum Ziel, die Toten von Manhattan und Washington als Argument für ein „Aufräumen in Europa mit gesellschaftlichem Widerspruch“ zu nutzen. Die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Polizeien, Geheimdiensten und Europol werde Europa dem totalen Überwachungsstaat ein Stück näher bringen. Schröder scheute sich auch nicht, starke Vergleiche anzustellen: „Im Namen der Terrorismus-Bekämpfung wird damit eine der Lehren in den Wind geschlagen, die vor mehr als 50 Jahren aus der Nazi-Herrschaft gezogen wurde.“

Unmittelbar nach den Anschlägen hatte die Politikerin schon betont, dass „der Ruf nach stärkeren Geheimdiensten als spontane emotionale Reaktion verständlich, politisch aber fatal“ sei. In einem Interview mit ZDNet vom Juli dieses Jahres hate sie bereits vor der damals abzusehenden Formung von Europol und Enfopol gewarnt: „Die aktuellen Enfopol-Planungen sehen den ungefilterten Zugriff der Überwachungsbehörden auf die elektronische Kommunikation vor – und zwar auf die gesamte Kommunikation im EU-Raum. Außerdem ist die Schwelle für diesen Eingriff niedrig: Die Enfopol-Daten sollen ja schon den lokalen Polizei-Dienststellen bei ganz normalen Ermittlungen zur Verfügung stehen, und nicht nur den Geheimdiensten.“

Anders als in den USA ist in der EU jedoch kein Verbot von Verschlüsselungstechniken im Gespräch. Dies war unter anderem von den republikanischen US-Abgeordneten Judd Gregg (New Hampshire) verlangt worden. Ein bei einem Gericht hinterlegter Schlüssel müsse der Regierung jederzeit Einsicht in verschlüsselte Botschaften gewähren.

Die Aussagen von Gregg waren weltweit auf Ablehnung gestoßen, nicht zuletzt weil ein Verbot als nicht durchsetzbar gilt (ZDNet berichtete laufend). ZDNet bietet das Verschlüsselungsprogramm PGP in kompilierter Form im Download-Bereich als Windows- und Mac-Version an. Rund um das Thema Sicherheit bei E-Mails diskutieren ZDNet-User im Forum Viren und Sicherheit“.

ZDNet hat alle Meldungen zu den Terror-Attacken und ihren Folgen für die IT-Branche in einem News-Report zusammengefasst.

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7 Kommentare zu „Die Toten in den USA werden instrumentalisiert“

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  • Am 24. Oktober 2001 um 14:23 von ZAPP BRANNIGAN

    liesmich
    Also wer hier glaubt denn wirklich das Terroristen per eMail kommunizieren?

    Ein kleiner Beweis das sie es nicht tun:

    Das FBI überwacht schon immer den Datenverkehr und die haben nichts mitbekommen.

    Dieses Denken: Überwachung löst die Terrorfrage (welche es nur in USA gibt)

    ist quatsch da man diese Datenberge nicht kontrollieren kann.In der letzten c´t war ein Interview mit einem ehem. amerik. Geheimdienstler, sollte man mal lesen!

  • Am 26. September 2001 um 17:45 von Cstamitz

    Denk mal nicht an uns – nichts gelernt, Stasi II
    Es ist einfacvh unglaublich, welche bescheuerten kommentare hier abgegeben werden, als habe es eine Stasi nicht gegeben wird dem Überwachungsstaat das Wort geredet. Ich habe vor allem kein Verständnis für diejenigen Demokratiefeinde, dei sich als Verteidiger aufspielen. Vielleicht hat der eine oder andere kein Problem mit seinen Urlaubsgrüssen, aber es ist mein Recht, dass meine Urlaubsgrüsse nicht vom Staat gelesen werden. Wo kämen wir denn da hin, wenn der Staat unsere Briefe öffnen würde.

    Erst denken, dann posten. Ilka ist vernünftig.

  • Am 24. September 2001 um 12:09 von Nicolas

    Nicolas
    Mann "Buerger"! Ihr muesst euch mal anhoeren!

    Habt ihr schon vergessen wem ihr unsere jetzige Gesellschaft verdankt? Damals war eher der Staat und die Gesellschaftsspitze die "Terroristen"!

    (Hochnaesige Profs in den Unis, verklemmte alte Saecke in den Fuehrungspositionen, ehemalige "Naz**" in fuehrenden Stellungen…) –

    Ich jedenfalls will meine Freiheit auf Privatsphaere gewahrt haben! Und nicht ohne weiteres "ausspioniert" werden ohne naehere Begruendung – es kann naemlich schnell missbraucht werden!! (siehe ehem. DDR..).

    Kurz: Leichtfertige Ueberwachung: NEIN!

  • Am 24. September 2001 um 8:39 von Casten

    ES IST DOCH UNGLAUBLICH …
    … wie dumm und dreist mit abgedroschenen Sprüchen Meinungen dargestellt werden. Zunächst einmal sei Euch allen gesagt, dass jeder der eine andere Meinung vertritt nicht unvernüftig ist und auch nicht mit einem Terroristen gleichzusetzen ist.

    Tatsache ist, dass ich auch recht unwichtige Nachrichten über das Netz versende und es eigentlich keinen Grund gibt, meine Nachrichten zu verschlüsseln. Aber genauso wenig gibt es daher einen Grund meine ganz persönlichen Nachrichten zu lesen. Und eines wollen wir doch nicht vergessen. Wer weiß schon heute ob meine zukünftige Meinung mit der Meinung einer zukünftigen Regierung übereinstimmt. Ich möchte auch zukünftig meine Meinung frei mit meinem Freund diskutieren dürfen, ohne dafür erschossen oder inhaftiert zu werden.

  • Am 24. September 2001 um 8:14 von deutscher michl

    Typisch "GRÜN"
    Das ist wieder mal typisch:

    – hervorgegangen aus einer "Vereinigung", die die RAF unterstützte (Schilly, derzeitiger Innenminister, war Verteidiger der Baader-Meinhof-Bande; Fischer, z. Zt. Außenminister war großer Fan der RAF, Cohn-Bendit ebenso – sitzt im Europaparlament …)

    – jahrelange Duldung von Gewalt gegen den Staat (Wackersdorf, Gorleben, Startbahn West, Hamburger Hafenstraße …)

    Und jetzt? Jetzt geht die Angst bei den Grünen um!

    Jeder rechtschaffende Staatsbürger muß unter den Folgen leiden, die unsere ehrenwerten grünen Interessenvertreter mit zu verantworten haben.

    Mir ist zwar auch etwas mulmig bei dem Gefühl, dass jemand meine private Post liest. Aber was verschick´ ich denn schon? Urlaubsgrüße, den einen oder anderen Witz und sonstige Nachrichten, die jeder lesen kann.

    Angst haben müssen doch nur diejenigen, die das Internet für ihre "Machenschaften" nutzen: Radikale, Kinderschänder und … Terroristen!

  • Am 22. September 2001 um 21:26 von Matthias

    Wer lebt auf dem Mond
    Noch mal, jeder Geheimdienst ist in der Lage alles was privat versendet wird zu entschlüsseln. Die momentane Überwachung ist auf Höchstnivau möglich. Dazu braucht es keine neuen Gesetze sondern einfach mehr Geld und endlich eine enge Zusammenarbeit aller Geheimdienste. Folgender Katalog wäre denkbar:

    1.Deutlich mehr Geld für die Abwehr

    2.Zusammenarbeit aller Dienste die Terroristen bekämpfen (die gab es erst nach dem Anschlag)

    3. Straffung der Strukturen und Schaffung einer internationaler Sektion zur Terroristenbekämpfung bei der NATO mit überregionalen Kompetenzen und Auskunftszwang für alle nationalen Polizeibehörden und Geheimdienste an diese Sektion

    ich denke mal das reicht erst mal, dann braucht es auch keiner weiteren Einflussnahme auf die angebliche Privatsphäre.

    MfG Matthias

  • Am 22. September 2001 um 14:26 von Mathias Siems

    Typisch für die Grünen
    Das ist doch völlig normal für die Grünen. Durch die Forderungen nach Liberalisierung haben Sie ja den Terror bisher schon die Türen geöffnet. Meine Meinung wer Terrorismus nicht mit ALLER Konsequenz bereit ist zu bekämpfen stellt sich auf die Seite des Terrorismus und ist als Terrorist zu behandeln. Jeder vernünftige Brger wozu ich mich auch zähle ist gerne bereit Einschränkungen hinzunehmen.

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