Experiment mit Microsoft-Format als Audio CD-Kopierschutz

Konzept könnte zur Stärkung von Microsofts Media-Player-Format führen / Neue CDs kommen teilweise zum Weihnachtsgeschäft

Momentan experimentieren sämtliche Musikmultis wie Warner Music, BMG, Sony (Börse Frankfurt: SON1), Vivendi und EMI mit Kopierschutztechnologien für Audio-CDs. Neben einer Eigenentwicklung von Sony sind es dabei Technologien von Macrovision, Sunncomm und Midbar Technologies, die verwendet werden. Jetzt haben die beiden ersteren angekündigt, innerhalb der nächsten 90 Tage ein Feature zu ihren Kopierschutz-Tools hinzuzufügen, mit dem im Windows Media-Format kodierte Audio-Files zusammen mit den kopiergeschützten CDs veröffentlicht werden können.

Im Klartext heißt das: Die kopiergeschützten CDs würden dieselben Songs in zwei Ausführungen enthalten: Einmal so kopiergeschützt, dass sie nur auf einem Player, nicht aber auf einem PC laufen. Und zum anderen in einem Windows Media-Format, das ein Kopieren auf den PC aber ansonsten nicht viel mehr erlauben würde. „Ich denke, das ist ein Blick in die Zukunft“, erklärte der Gartner G2-Analyst P.J. McNealy. Allerdings würde dieses Vorgehen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF) große Macht geben, da die Software des Konzerns bei der Verbreitung von Millionen von CDs beteiligt wäre.

Sunncomm gibt an, man kooperiere mit Microsoft selbst, während Macrovision erklärte, man habe über die Musikpartner Zugriff auf die Technologie. Bisher haben Real Networks (Börse Frankfurt: RNW), Sony sowie einige kleinere Labels stets darauf geachtet, dass Microsoft nicht der alleinige Infrastruktur-Anbieter für Musik-Software wird. Doch einige Platten-Bosse setzen die Technologie des Software-Riesen mittlerweile trotz Bedenken ein.

Dass manche Plattenfirmen beim Thema Kopierschutz sehr empfindlich sind, zeigt sich auch in Deutschland. Die Sprecherin eines großen Labels erklärte gegenüber ZDNet: „Schreiben Sie nicht, wir hätten dazu keine Stellungnahme abgegeben. Aber ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Ich weiß nicht, ob wir das (Microsoft-Technologie, Anm. d. Red.) verwenden, da müsste ich erst recherchieren.“ Anders bei Warner Deutschland: Der Vertriebschef für Deutschland, Udo Lauen sagte am Montag: „Ich weiß, dass das im Moment in der Diskussion ist. Wir haben uns noch nicht entschieden, welches der drei Kopierschutz-Systeme wir einsetzen. Dazu werden wir in den nächsten drei bis vier Wochen umfangreiche Tests durchführen lassen. Möglich ist aber auch, dass wir die Systeme durchwechseln. Wir hier in Deutschland sind dabei treibende Kraft, denn wir sind vom illegalen Kopieren besonders stark betroffen.“ Laut Recherchen von ZDNet USA testet BMG sowohl in Europa als auch in den USA Kopierschutz-Technologien und wird auch noch in diesem Jahr einige präparierte CDs in den Handel bringen. Vivendi Universal erklärte in den USA, man hoffe, die Technologie bis Mitte 2002 einsatzbereit zu haben.

Allerdings bezweifeln Marktbeobachter wie der Jupiter Research-Analyst Aram Sinnreich den Nutzen der Kopierschutz-Technologie: „Ich denke, dass langfristig keine dieser Maßnahmen erfolgreich sein wird. Sie gehen mit technischen Schwierigkeiten einher und würden im Erfolgsfall das Abwenden der Verbraucher von diesem Label nach sich ziehen.“ Einige der Platten-Bosse bekennen, dass die aktuelle Kopierschutz-Variante eine Interims-Lösung ist und sie den Markt hin in Richtung Audio-DVDs abdecken wollen, welche generell stärker geschützt sind als normale CDs.

Zudem ist sich der sogar der Produktmanager der Microsoft Digital Media Division sicher: Hartnäckige Musikpiraten werden immer einen Weg finden, um digitale Schutzvorrichtungen zu umgehen und „wenn sie nur ein Mikrofon an den Lautsprecher halten“, so Jonathan Usher. Allerdings eröffnet sich hier auch ein mögliches neues Schlachtfeld im US-Urheberrechtsstreit. Gemäß dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) wurde bereits die Publikation des DVD-Kopiertools DeCSS verboten, das eigentlich als Linux-Player gedacht sein sollte, aber auch die Verschlüsselung des Mediums knackte. In Zukunft, so befürchten Fan-Sites, könnte es auch verboten werden, sich im Internet darüber auszutauschen, mit Hilfe welcher Tools der Audio-CD-Schutz am besten umgangen werden könne.

ZDNet hat im Rahmen der Berichterstattung zur Internationalen Funkausstellung in Berlin einen News-Report zumThema CD-Kopierschutz erstellt.

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3 Kommentare zu Experiment mit Microsoft-Format als Audio CD-Kopierschutz

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  • Am 12. November 2001 um 11:54 von U. Schulz

    Audio-CD Kopierschutz
    Wir hatten bislang noch nicht so recht was von dieser Maßnahme mitbekommen, sie aber nun hautnah zu spüren bekommen.

    Da haben wir uns mal wieder eine neue CD gekauft (Achterbahn von W. Petry), da läuft das Ding nicht in unserem Denon DVD/CD 1000 und auch nicht in unserem Opel Car CD-Radio 500.

    Geräte-Hersteller empfehlen eine Beschwerde an die CD-Hersteller. Ein CD-Hersteller beruft sich auf seine Spezifikationen (siehe: http://www.backpage.de/de/

    Unser Hifi-Händler hat sich echt bemüht uns zu helfen – Danke Expert Promedia-

    Die neue Bravo Hits und Just the best sollen auch mit einem Kopierschutz versehen sein.

    Wir wünschen allen Händlern, Geräte- und CD-Herstellern und den genervten Kunden FROEHLICHE WEIHNACHTEN guten Einkauf und dann guten Umtausch!

  • Am 2. Oktober 2001 um 9:36 von Brother Tak

    Ein Fall für den Wettbewerskommissar ?
    Linux, Unix, Solaris etc. bleiben dann außen vor. Ich denke mal Herr van Miert (sorry wenn der Name falsch geschrieben wurde) sollte ganz hellhörig werden. Außerdem wer Kopiergeschützte AudioCD’s kauft ist selbst dran schuld, wenn in seiner schönen neuen HiFi-Anlage manche CD’s nicht laufen oder auf seinem Computer kein Ton raus kommt. In der T-Online Umfrage haben 87% aller Befragten geschrieben, daß sie keine solche CD kaufen. Denkt bitte dran, wir sind eine Macht, wir sind das EinkaufsVolk. Langsam reichts Freunde der Musikindustrie, Madonna braucht keinen neuen Palast. Wer für anständige Musik anständige Preise bezahlt, sollte bei der neuen Bevormundungsstrategie von Sony und Co abwinken. Go back to the LP :-))

    MfG BT

  • Am 1. Oktober 2001 um 17:24 von Peter Hilbring

    und ohne MS ?
    Und was machen die ehrlichen Käufer, wenn Sie kein MS benutzen (wollen?). Kriegen die dann beim Kauf einer CD 50% des Preises erstattet, weil Sie die CDs ja nicht auf Ihren PCs nutzen können?

    Peter Hilbring

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