Productronica: Fraunhofer stellt neue Techniken vor

Wissenschaftler suchen nach Wegen für noch schnellere und kleinere Chips

Den Takt des Moorschen Gesetzes wollen Wissenschaftler von verschiedenen Fraunhofer-Instituten einhalten helfen: Auf der Productronica in München (6. bis 9. November) präsentieren Vertreter von fünf Fraunhofer-Instituten unter dem Motto „Von der Idee zum Produkt“ innovative Fertigungstechnologien für Prozessoren.

In wenigen Jahren wird bei der Herstellung von Chips ein Technologiesprung zu einer neuen Lithografie erwartet. Lithografieverfahren der neuen Generation arbeiten mit extremen ultravioletten Strahlungsquellen (EUV; ZDNet berichtete). Da extremes Ultraviolett mit Wellenlängen von 11 bis 14 Nanometern weit unterhalb des sichtbaren Lichts nahe bei den Röntgenstrahlen liegt, wird es von allen Materialien – auch von Gas – absorbiert. Deshalb müssen die Chips im Vakuum beschrieben werden. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena stellen auf der Productronica einen Metrologietisch mit integriertem elektrostatischen Waferchuck – einer Halterung für 300-Millimeter-Siliziumwafer – vor, der in Elektronenstrahl- und Ionenstrahlbelichtungsanlagen im Hochvakuum eingesetzt wird.

Tisch und Halterung bestehen aus Glaskeramik und sollen so höchste Stabilität und Genauigkeit ermöglichen. Durch die besonderen Eigenschaften des Materials – sehr hohe Haltekräfte bei sehr kleinen Spannungen, lassen sich angeblich Masken und Wafer mit einer Strukturgenauigkeit von 20 Nanometern und besser belichten. Das Exponat entstand im Rahmen des europäischen MEDEA-Projekts „Ionen-Projektions-Lithografie“ in Zusammenarbeit mit Leica Mikrosystems Lithography Jena, Infineon (Börse Frankfurt: IFX), ASML, IMS Wien, IMS Stuttgart, IMMS und TU Ilmenau.

Ein anderes Ausstellungsstück betrifft ein neues Verfahren optimierter Gehäusetechnik, das Wafer-Level-Packaging (WLP). WLP gilt als die Aufbautechnik der Zukunft. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT in Itzehoe haben zusammen mit Industriepartnern eine solche Packaging-Linie aufgebaut und nach eigenen Angaben in der Praxis bereits erfolgreich erprobt. Bisher wurden die Chips zunächst aus dem Wafer ausgesägt, bevor sie in Gehäuse gebaut, verdrahtet und getestet werden – zumeist in eigenen Fertigungseinrichtungen in Fernost, separat von der Chipproduktion. Im Gegensatz zu den zurzeit noch üblichen Verfahren werden bei WLP die einzelnen Chips bereits auf dem Wafer gehäust.

„Beim Wafer-Level-Packaging werden Teile der Aufbautechnik, wie zum Beispiel das Umverdrahten der Chips, in den Herstellungsprozess der Bauelemente selbst integriert. Damit erreichen wir sehr gute elektrische Eigenschaften“, erläuterte der Physiker Wolfgang Reinert vom ISIT das Verfahren. „Zudem entfallen durch die gemeinsame Bearbeitung aller Bauelemente auf einem Wafer sehr viele Handhabungsschritte. Erst nach der Reinigung und Inspektion beginnen wir mit dem Vereinzeln der Chips.“ Ein großer Vorteil des neuen Verfahrens: Elektrische Kontakte können nun nicht nur an den Rändern der Chips angebracht werden, sondern angeblich auf der gesamten Unterseite der Bauelemente.

Darüber hinaus liefere WLP kleinere und leistungsfähigere Bauelemente als die herkömmlichen Packaging-Verfahren. Zur Weiterverarbeitung der robusten Bauteile werden keine Spezialgeräte benötigt, sondern sie können mit Standard-Hochgeschwindigkeits-Bestückern auf Leiterplatten montiert werden.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart setzt dagegen auf Modulare Mikrosysteme, man könnte auch sagen „Mikrosysteme aus dem Baukasten“. Durch ein Match-X genanntes Verfahren sollen komplette Systeme aus einzelnen Sensor-, Actor- und Signalbausteinen entstehen. Der Baukasten wurde speziell für Industriepartner aus den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau entwickelt. „Gerade hier braucht man Mikrosysteme oft nur in kleinen und mittleren Stückzahlen. Das ist teuer. Nun kann man sie auf einfachem Wege wirtschaftlich herstellen“, erläuterte Dirk Schlenker vom IPA die Vorteile des Baukastenprinzips. „Durch vereinheitlichte Schnittstellen können gleichzeitig die Entwicklungszeiten und -kosten drastisch gesenkt werden.“

Um Match-X weiter zu entwickeln und auf dem Markt zu etablieren, wurde gerade eine Arbeitsgemeinschaft gegründet. Die „Industrieplattform Modulare Mikrosysteme“ ist als Schnittstelle zwischen Herstellern und Anwendern gedacht. Sie setzt sich aus interessierten Industrieunternehmen, dem VDMA, dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM zusammen.

Auf der Productronica in München findet sich der Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Institute in Halle B6, Stand 504 unter anderem mit folgenden Themen aus Fertigungstechnologie, Materialentwicklung und Qualitätssicherung: die Mini-Fabrik aus dem Baukasten, Mikromontage, Metrologiesysteme für die Lithographie, elektro-optische Materialien, wiederaufladbare Folien-Batterien, automatische Röntgenprüftechnik für Mikrosysteme und Elektronikbaugruppen sowie Messgeräte zur Kontaminationskontrolle auf technischen Oberflächen.

Kontakt:
Dirk Schlenker, Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Tel.: 0711/9701508 (günstigsten Tarif anzeigen)

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