Microsoft, XP und .Net: Herrschaft über das Internet

Windows XP allein weckt nur mäßiges Interesse auf dem Markt. Im größeren Rahmen jedoch handelt es sich um das erste Betriebssystem, in dem Hauptbestandteile der umfänglich beschriebenen .Net-Strategie – mit der alle Microsoft-eigenen Produkte und Dienste verbunden werden sollen – mit den grundlegenden Techniken getestet werden: HailStorm, die gemeinsame Software-Architektur für Microsoft-Dienste und Passport, die Technik, mit der Kunden darauf zugreifen können.

Mit HailStorm, das kürzlich in .Net My Services umbenannt wurde, plant Microsoft Privatanwendern und Firmen eine vertraute Informations- und Dienstebasis für alle Geräte zu bieten, seien es PCs, Handhelds oder Mobiltelefone. Meist sind damit Kosten für den Empfänger, den Provider oder beide verbunden.

Von der Industrieseite aus betrachtet, könnte dieser Schachzug die lang erwartete, offene Schlacht zwischen Microsoft und dem Erzrivalen AOL Time Warner um die Vorherrschaft im kommerziellen Internet und dessen zahlende Nutzer auslösen. Immer mehr Web-Firmen sind heute gezwungen, für Inhalte und Dienste Geld zu verlangen. Microsoft und AOL gehören allerdings zu den wenigen Online-Marktführern, die auch die Sicherheit und Technik bereitstellen können, um Zahlungssystemen im gesamten Internet anzubieten.

„Das Ziel ist, den Direktkontakt herzustellen. Jeder hat Windows, aber Microsoft gefällt es nicht, dass AOL Rechnungen an die Endkunden schreiben kann.“, so der Analyst Matt Rosoff von Directions on Microsoft, einer unabhängigen Forschungseinrichtung. „XP ist ein Schritt in diese Richtung.“

Unnötig zu erwähnen, dass das leichter gesagt als getan ist. Windows XP muss einige Hindernisse überwinden: Erstens erfordert die .Net-Initiative eine enorme Infrastruktur, die selbst für den weltgrößten Software-Hersteller ein Risiko ist. Zweitens ist da die Rezession im High-Tech-Bereich, die besonders die Internet-Dienstleister hart getroffen hat. Dann die vielen Diskussionen zu Themen wie Privatsphäre und Monopolismus, die mit Microsofts Griff nach Märkten, die nicht traditionell computertechnisch sind, wie Musik, Fotografie und Telefonie, eher zu- als abnehmen werden.

Zu den unmittelbaren Problemen dürfte aber gehören, dass die Annahme des Betriebssystems durch die Anwender ungewiss ist.

Neben der Frage, warum man denn sein aktuelles Windows-System ersetzen sollte, machen sich viele Anwender Gedanken über Microsofts Absichten, nachdem die aggressiven Geschäftspraktiken in so manchem Gerichtsverfahren ans Licht gekommen sind. Windows XP-Tester Chris Child beschreibt eine Generation kluger junger Anwender, die stets über Microsofts Handeln informiert sind.

„Die Integration von Passport in XP ist scheinbar sinnlos.“, sagt Child. „Mir ist nicht klar, warum Passport nicht einfach auf den Web-Sites bleiben kann, auf die es gehört. Die einzige Erklärung ist, dass Microsoft Passport auch in Anwendungsprogramme integrieren möchte.“

Nicht alle halten dies für schlecht. Viele würden einen solchen genügend sicheren Mechanismus begrüßen, der praktisch jeden und alles online ohne Verzögerung findet und gleichzeitig die Benutzung verschiedenster Sites und Dienste mit einem einzigen Passwort, das nur ein Mal eingegeben werden muss, ermöglicht.

Jim Allchin, als Vizepräsident verantwortlich für Windows, weist darauf hin, dass jeder Dienst, bei dem bekannt sein muss, wer die Person ist, zur Identifizierung ein Transportmittel wie Passport benötigt. „Es muss einen zentralen Ort geben, wo diese Daten zu finden sind, wenn das System um Direktanrufe oder Konferenzschaltungen mit anderen Personen erweitert werden soll. Sie müssen ja wissen, wo die anderen sich aufhalten.“

Solche Erläuterungen beschwichtigen Menschen wie McGavock jedoch nicht. „Passport mag zwar heute kostenlos sein, aber wenn Microsofts Gewinne abnehmen, werden die sich nach anderen Einkommensquellen umsehen.“, sagt er. „Und so muss Microsoft irgendwann Gewinne aus der Öffentlichkeit erwirtschaften. Dann wird mich mein Passport-Konto etwas kosten.“

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