Was könnte angesichts dieser Entwicklungen mit der AOL-Sparte von AOL Time Warner passieren? „Sie könnte durch eine fremdkapitalfinanzierten Übernahme (LBO) ausgegliedert werden“, sagte Marketingprofessor David Schmittlein. „Es ist sicher schwer vorstellbar, dass jemand sie kaufen würde. Es ist hart, auf diesem Markt zu verkaufen. Wenn Time Warner AOL verkauft, dann in renovierungsbedürftigem Zustand.“
Der weltgrößte Onlinedienst mit 34 Millionen Einwahlkunden ist zwar kaum als Angebot im renovierungsbedürftigen Zustand vorstellbar, doch vielleicht ist das die wahrscheinlichste Lösung, eine, die langfristig sinnvoll wäre. Wer weiß, welche Mediengiganten in der nächsten Generation auftauchen werden, möglicherweise an den unwahrscheinlichsten Orten.
Nehmen wir als Beispiel General Motors und Microsoft.
„Wenn jemand eine Fusion zwischen Microsoft und GM vorschlagen würde, würde es heißen, das sei absurd“, sagte Fader. „Doch in 15 bis 20 Jahren werden die Menschen vieles, was sie mit dem Computer tun, in ihrem Auto machen, das aktiv mit einem Computer ausgestattet sein wird. Daher passt das auf natürliche Weise zusammen, doch im Moment erscheint es alles andere als absehbar. Genauso sollten auch AOL und Time Warner betrachtet werden.“
Die heutigen Mediengiganten – AOL Time Warner, Viacom, Vivendi, Disney, Bertelsmann, Sony – sind vielleicht nicht die von morgen. Sie sind zwar alle durch die Fusionen großer Medienunternehmen zu Kolossen geworden, doch es ist sehr wahrscheinlich, dass einige von ihnen zu völlig anderen Unternehmen umgestaltet werden, vielleicht mit einigen ungewöhnlichen Partnern.
„Die heute bestehenden Mediengiganten“, so Schmittlein, „bestehen nur auf Grund vorheriger Mega-Fusionen. Es gab Unmengen von Fusionen und Übernahmen im Medienbereich über alle Geschäftsbereiche hinweg, von Inhaltsanbietern zur Übermittlung, und sie waren nicht erfolgreich. Unter den Inhaltsanbietern gab es eine substanzielle Neigung zu fusionieren, wie bei Filmstudios und Musik-Produzenten. Nur bei Fusionen von Inhaltsanbietern und -übermittlern gab es wirkliche Probleme. Die Gelegenheiten zur Steigerung der Effizienz oder der Erträge waren alles andere als überwältigend.“
Faulhaber sagt, er sei immer „skeptisch gegenüber Fusionen im Medienbereich“ gewesen, „und mit Sicherheit bei solchen von Verteilungskanälen und Inhalt. Ich glaube, die Fusion von Time Warner und Turner ist hier ein gutes Beispiel. Time Warner erhielt einige großartige Ressourcen im Kabelbereich mit großartigen möglichen Synergieeffekten zwischen Inhalten und Kabel, doch diese Leute haben einfach nie gezeigt, dass sie damit etwas anzufangen wissen. Time Warner hat es verpatzt. Ich glaube nicht, dass Time Warner hiervon in irgendeiner Weise profitiert hat.“
Was hält die Zukunft also für Mediengiganten bereit? Schmittlein kommentiert: „Wie werden die Menschen Internetzugang mit hoher Geschwindigkeit erhalten? Wer wird ihnen das bieten? Wer wird die Gelegenheiten bieten, Medien und Inhalte miteinander zu vereinen? Sind es die Kabelgesellschaften? Die Telefongesellschaften? Wir wissen noch nicht, wer genau es sein wird. AOL setzt darauf, dass unter den Verbrauchern viel Schwerfälligkeit herrscht und sie ungern AOL für einen neuen Anbieter aufgeben.“
Eliashberg zufolge war der Trend der Mega-Medienfusionen „ein Trugbild. Zum Teil war Ego der Antrieb dahinter. Wenn Sie ein CEO mit einem großen Ego sind und ‚Synergie, Synergie, Synergie‘ zu ihrem Vorstand sagen, dann sagt der ‚Ja‘. Das sind vom Ego angetriebene Übernahmen, und solche Übernahmen sind kein gutes Geschäft. Sie können nicht entscheiden, ein anderes Unternehmen aufzukaufen, wenn es nur entfernt mit ihren Kernkompetenzen zu tun hat.“
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