Die Forschungen zum Quantencomputer gehen gerade in Deutschland mit Hochdruck weiter. Einen neuen Zustand der Materie haben nun die Grundlagenforscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik und der Ludwig-Maximilians-Universität in den Griff bekommen: Markus Greiner, Olaf Mandel, Theodor Hänsch und Immanuel Bloch konnten erstmals experimentell zeigen, dass Materiewellen aus Bose-Einstein-Kondensaten ständig wiederkehrend kollabieren und kurz darauf wieder aufleben. Über die Ursache dieses quantenmechanischen Effekts berichten die Forscher in der heutigen Ausgabe der britischen Fachzeitschrift „nature“.
Innsbrucker Physiker um Peter Zoller und Münchner Wissenschaftler um Hans Briegel haben kürzlich ein viel versprechendes Schema für einen Quantencomputer vorgeschlagen, das auf dem Experiment der Münchner aufbaut. Dabei sollen Ketten von Atomen als Rechenregister kontrolliert auf einem Gitter angeordnet werden und durch kontrollierte Zusammenstöße mit einander wechselwirken. Die jetzt gelungenen Experimente demonstrieren die Funktionsweise dieser Kollisionen und sind somit ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung.
Bei künftigen Quantencomputern versucht man als kleinste Informationseinheit zwei verschiedene Zustände eines einzelnen Quantensystems zu nutzen, das jedoch auch in einer Überlagerung der zwei Zustände existieren kann. Anders als bei herkömmlichen Computern, bei der eine Rechnung nach der anderen abgearbeitet werden muss, könnten Quantencomputer durch solche Überlagerungen gleichzeitig viele Operationen ausführen und wären damit für bestimmte Aufgaben klassischen Rechnern weit überlegen.
Das Bose-Einstein-Kondensat ist – neben den bisherigen vier Aggregatszuständen fest, flüssig, gasförmig und Plasma – eine völlig neuartige Form von Materie: Wenige milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt verlieren die in einem magnetischen Käfig eingesperrten einzelnen Atome eines Gases ihre Eigenständigkeit und verhalten sich wie ein einziges, quantenmechanisches Objekt, eine Art „Superatom“ (ZDNet berichtete). Das Kondensat verhält sich wie eine einzige Welle, die Atome marschieren quasi im Gleichschritt.
Bisher hat man angenommen, dass die Materiewelle eines Bose-Einstein-Kondensats immer stabil bleibt und sich damit wie die Lichtwelle eines Lasers verhält. Im Unterschied zum Laserlicht können die Atome eines Bose-Einstein-Kondensats jedoch miteinander kollidieren. Diese Zusammenstöße führen zu dem quantenmechanischen Effekt, den die Münchner Forscher jetzt zum ersten Mal beobachtet haben: Der wellenartige Zustand der Materie kollabiert und lebt, unter bestimmten Voraussetzungen, kurze Zeit später wieder auf. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrfach. „Bei Laserlicht passiert dies nicht, denn Photonen können nicht miteinander kollidieren“, erläutert Markus Greiner vom Garchinger Max-Planck-Institut für Quantenoptik.
Der wellenartige Zustand der Materie lässt sich – genau wie Laserlicht – durch ein Interferenzexperiment nachweisen. Dazu überlagern die Forscher Materiewellen von über 100.000 Bose-Einstein-Kondensaten miteinander. An den meisten Orten löschen sich die Wellen aus. Nur an einigen Stellen addieren sie sich konstruktiv und bilden so ein Interferenzmuster. Kollabiert die Materiewelle, so verschwindet auch das Interferenzmuster und es bleibt nur noch eine diffuse Wolke von Atomen sichtbar. Lebt die Materiewelle jedoch wieder auf, erscheint auch das Interferenzmuster von neuem. Bis zu fünf aufeinander folgende Zyklen aus kollabierender und wieder auflebender Materiewelle wurden so beobachtet.
Der Kollaps der Materiewelle wird durch zahlreiche Zusammenstöße zwischen den Atomen verursacht. Das darauf folgende Wiederaufleben der Materiewelle zeigt den Forschern jedoch eindrucksvoll, dass bei diesen ultrakalten Temperaturen Kollisionen nicht, wie man erwarten könnte, Unordnung verursachen, sondern völlig geordnet und kontrolliert ablaufen.
Im Jahr 2001 wurde der Physik-Nobelpreis für Arbeiten zur Erzeugung von Bose-Einstein-Kondensaten vergeben.
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