KOMMENTAR – „Wir haben uns vorgenommen, einen Stimmungswandel einzuleiten“, verkündete der designierte Messechef Klaus Dittrich wenige Tage vor Beginn der IT-Messe Systems 2002. „Von hier können positive Signale ausgehen“, schränkt er jedoch im selben Atemzug ein.
Er weiß, wie schwer es ist, in der demoralisierten Branche Zuversicht und Investitionsbereitschaft zu wecken. Dennoch bemüht sich Dittrich gemeinsam mit Bernhard Rohleder, dem Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom, Silberstreifen an den Horizont zu malen. So soll den Besuchern der Messe der entmutigende Anblick halbleerer Hallen erspart werden. Um trotz der geschrumpften Ausstellerzahl für geschäftiges Drängeln zwischen den Ständen zu sorgen, wurde die Systems kurzerhand von 15 auf acht Hallen verkleinert. Eng wird es vermutlich dennoch nicht werden, denn gegenüber dem Boomjahr 2000 hat sich die Zahl der Aussteller mehr als halbiert. Sich selbst spricht Dittrichs Mut zu, wenn er daran erinnert, dass die Systems immer noch die fünftgrößte IT-Fachmesse der Welt sei.
Hoffnung schöpfen beide vor allem aus einer Studie von European Information Technology Observatory (EITO), die zur Systems aktualisiert wurde. Danach sollen die in diesem Jahr stagnierenden Umsätze mit Informationstechnik im kommenden Jahr um 1,9 Prozent anziehen, im Telekommunikationsbereich sollen die Umsatzzuwächse von derzeit zwei Prozent auf 4,4 Prozent ansteigen. Diese Zahlen gelten allerdings für Westeuropa generell. Für Deutschland bedeutet die positive Tendenz lediglich, dass sich der Schrumpfungsprozess im IT-Markt von derzeit 3,4 Prozent im Jahr 2003 auf 1,7 Prozent verlangsamt. Schwer zu glauben ist allerdings Rohleders Auffassung der Studie als Worst Case-Szenario. So gehen andere Analysten wie Merril Lynch, Gartner Group und Meta Group von einer deutlich sinkenden Nachfrage aus. So haben weltweit nur noch zehn Prozent der von der Meta Group befragten Anwender vor, 2003 mehr Geld als bisher in Computertechnik investieren, die Hälfte friert ihr Budget ein, und fast vierzig Prozent wollen hier deutlich sparen. Aufgrund der besonders hohen Fixkosten insbesondere für Personal werde europaweit in Deutschland am wenigsten investiert.
Laut Gartner Group ist das keine neue Entwicklung. In einer Untersuchung für British Telekom ermittelten die Marktforscher, dass die deutschen Anwender schon seit fast zwei Jahren kaum mehr in Informationstechnik investiert haben, und im kommenden Jahr eher noch mehr sparen werden. Aufgrund solcher Rahmenbedingungen stoßen die positiven Signale der Systems-Veranstalter auf ungläubiges Staunen.
Eigentlich jedoch könnte die Wirtschaft gute Nachrichten brauchen, denn Mutlosigkeit liegt wie eine bleierne Decke über den deutschen Firmen. Da hilft es wenig, dass Bitkom-Chef Rohleder zum wiederholten Mal vorrechnet wie gut es den TK-Anbietern heute ginge, hätte ihnen der Staat die hohen UMTS-Gebühren zurückgezahlt. Doppelzüngig wird die Argumentation, wenn er im gleichen Atemzug die Sparpolitik der rotgrünen Koalition lobt
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