Ricke tritt schweres Erbe an

Der neue Telekom-Vorstand muss sich ab morgen auf dem heißen Chefsessel bewähren

Monatelang hat Telekom-Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus nach einem Nachfolger für Ron Sommer gesucht. Kaum ein Spitzenmanager, dessen Name nicht gefallen ist; darunter Ferdinand Piëch (VW), Michael Frenzel (TUI), Ulrich Schumacher (Infineon) und Gottfried Dutiné (Philips). Jetzt wurde mit Kai-Uwe Ricke doch ein hausinterner Manager in das Spitzenamt beim Rosa Riesen (Börse Frankfurt: DTE) gehoben.

Der bisher für Mobilfunk und Internet zuständige Vorstand tritt ein schweres Erbe an. Ricke wurde schon unter Sommer als Kronprinz gehandelt, galt aber nach dessen Rauswurf Mitte Juli mit 41 Jahren noch als zu jung. Dass er jetzt doch das Rennen machte, dürfte vor allem den Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat zuzuschreiben sein.

Die Arbeitnehmer hatten befürchtet, dass ein konzernfremder Chef eine Radikalsanierung ohne Rücksicht auf die Mitarbeiter durchpeitschen würde. Angeblich hat Ricke Zusicherungen gemacht, dass er nicht mehr als die ohnehin schon angekündigten 50.000 Stellen streichen wird. Solche politischen Zugständnisse waren schon Rickes Vater Helmut nicht fremd, der die aus der Bundespost ausgekoppelte Behörde Telekom zwischen 1990 und 1994 auf den Wettbewerb vorbereitete.

Fachlich gesehen dürfte es kaum eine bessere Wahl als Ricke geben. Nach Banklehre und Wirtschaftsstudium begann er seine steile Karriere als Vorstandsassistent beim Gütersloher Medienriesen Bertelsmann. Den ersten Managerposten übernahm er als Vertriebs- und Marketingleiter bei der Bertelsmann-Tochter Scandinavian Music Club in Malmö. Ins Telefon-Geschäft stieg Ricke 1990 ein. Damals wurde er Geschäftsführer des Telekom-Konkurrenten Talkline. Von dort wurde der gerade 36 Jahre alte Manager von Sommer abgeworben und übernahm 1998 den Vorsitz der Geschäftsführung der Telekom-Mobilfunk-Tochter T-Mobil.

Unter Ricke konnte das Unternehmen endlich vom peinlichen zweiten Platz hinter Vodafone auf dem heimischen Mobilfunkmarkt zur Nummer eins aufsteigen. Sommer holte ihn daraufhin im Mai 2001 in den Konzernvorstand, wo er nicht nur für die Mobilfunkholding T-Mobile, sondern auch für die zweite große Wachstumssäule des Konzerns, die Internet-Tochter T-Online, die Verantwortung übernahm. Damit wurde Ricke de facto zum zweitwichtigsten Mann im Unternehmen. Diese Vorgeschichte könnte den neuen Job nun erschweren. Denn neben Sommer steht Ricke wie kein anderer für die kostspielige Expansion der Telekom, die den Schuldenberg des Unternehmens auf derzeit rund 64 Milliarden Euro anwachsen ließ und die T-Aktie an der Börse in ungeahnte Tiefen schickte.

Neben der überzogenen Einschätzung der Zukunftsaussichten beim neuen UMTS-Mobilfunk wurde Sommer bei seinem Rauswurf gerade die von Ricke miteingefädelte Übernahme des US-Anbieters Voicestream als Fehler angelastet. Ricke kann Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit nur ausräumen, indem er einen harten Schnitt setzt. Um Abstriche bei Voicestream wird er dabei kaum herumkommen. Zwar ist ein anfangs erwogener Komplettverkauf inzwischen vom Tisch; das Unternehmen peilt aber eine Partnerschaft mit einem US-Konkurrenten an. Marktgerüchten zufolge wird schon länger mit den Wettbewerbern AT & T und Cingular verhandelt. Eine bittere Pille muss Ricke den Aktionären verabreichen: Eine Dividende wird es angesichts zweistelliger Milliardenverluste in diesem Jahr wohl nicht geben.

Kontakt: Deutsche Telekom, Tel.: 0800/3301000

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