Mannesmann-Anklageschrift umfasst 460 Seiten

Für ein mögliches Verfahren benannte die Staatsanwaltschaft 61 Zeugen, darunter Vodafone-Chef Chris Gent

In der Mannesmann-Affäre hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ihre Anklage gegen sechs frühere Manager und Aufsichtsräte des Konzerns mit schweren Verfehlungen zu Lasten des Unternehmens begründet. Den Beschuldigten, darunter neben Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser auch IG-Metall-Chef Klaus Zwickel und Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann, würden „bewusste Schädigung des Gesellschaftsvermögens“ und „schwer wiegende Pflichtverletzungen“ zur Last gelegt, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Hans-Reinhard Henke am Dienstag vor Journalisten. Der Schaden liege zwischen 76 und 111 Millionen Mark (38,9 und 56,8 Millionen Euro).

Wegen der umstrittenen Millionenzahlungen im Zuge der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone vor drei Jahren hatte die Staatsanwaltschaft vergangene Woche Anklage erhoben. Die Ermittler werfen Esser, Zwickel, Ackermann, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Funk und Ex-Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg Untreue in einem besonders schweren Fall vor.

Esser soll sich zudem wie der Ex-Mannesmann-Direktionsmitarbeiter Dietmar Droste der Beihilfe zu diesem Delikt schuldig gemacht haben. Die Höchststrafe für Untreue in einem besonders schweren Fall beträgt zehn Jahre Haft. Henke betonte, nach Erkenntnissen der Staatsanwälte habe Esser eine Anerkennungsprämie von 32 Millionen Mark und Funk von sechs Millionen Mark als Gegenleistung dafür kassiert, dass sie den Weg für eine „freundliche“ Übernahme von Mannesmann durch Vodafone frei gemacht hätten.

Das „Umschwenken“ von Esser und Funk nach wochenlangem Abwehrkampf gegen Vodafone sei „mit Geldzahlungen verbunden“ gewesen. Der Staatsanwaltschaft zufolge flossen im Zuge der Mannesmann-Übernahme Anerkennungsprämien von insgesamt 48 Millionen Mark an sechs Mannesmann-Manager. Gegen die vier nicht angeklagten Zahlungsempfänger wird demnach in einem abgetrennten Verfahren weiter ermittelt.

Außerdem wurden nach Angaben der Ermittler 63 Millionen Mark Pensionszahlungen an 18 Vorstandspensionäre von Mannesmann beziehungsweise deren Hinterbliebene gezahlt, davon 5,3 Millionen Mark an Funk. Zwickel, Ackermann und Ladberg wirft die Staatsanwaltschaft vor, als damalige Mannesmann-Aufsichtsräte den Prämien- und Pensionszahlungen zugestimmt zu haben, obwohl sie deren Rechtswidrigkeit erkannt hätten.

Mit Nachdruck wies Henke Spekulationen zurück, die Staatsanwaltschaft habe sich wegen der Prominenz der Angeklagten Einflussversuchen von außen erwehren müssen. „Weder auf meine Kollegen noch auf mich ist Druck ausgeübt worden“, sagte der Behördenleiter. Ebenfalls unzutreffend seien Vorwürfe, die Ermittler hätten die Beschuldigten mit einem geradezu missionarischen Eifer verfolgt. Vielmehr habe die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft auch ohne große Ermittlungsverfahren wie im Fall Mannesmann „jede Menge zu tun“.

Es sei daher „abwegig“ zu glauben, ein Staatsanwalt werde sich „ein Verfahren von dieser Dimension aus Lust und Laune auf den Schreibtisch holen“. Über die Zulassung der Anklage wird das Landgericht Düsseldorf nun voraussichtlich im Frühjahr entscheiden.

Sollte das Gericht die Hauptverhandlung eröffnen, wird mit einem Mammutprozess gerechnet: Die Anklageschrift umfasst nach Angaben des Düsseldorfer Oberstaatsanwalts Josef Wassen 460 Seiten; 252 Urkunden wurden dem Gericht als Beweismittel vorgelegt. Für ein mögliches Verfahren benannte die Staatsanwaltschaft demnach 61 Zeugen, darunter Vodafone-Chef Chris Gent. Henke zufolge wurden die Ermittlungen gegen Gent im Zusammenhang mit der Mannesmann-Affäre unterdessen eingestellt, weil seine Verurteilung „nicht wahrscheinlich“ sei.

ZDNet zeichnet in dem News-Report „Die Mannesmann-Affäre“ die Ereignisse bis zurück zum Kampf um den deutschen Telekommunikationskonzern nach.

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