Ende vergangener Woche diskutierten in Frankfurt auf Einladung vom Infrastruktur-Anbieter Bea Systems namhafte Analysten über Enterprise Application Integration (EAI). Der Konsens: Markt gut, Anbieter tot. Zu der gefährdeten Spezies gehören EAI-Spezialisten wie Web Methods, Vitria, Tibco, Seebeyond. Die neuen Stars der IT-Evolution sind hingegen Infrastruktur-Generalisten wie IBM (<|ticker:"IBM">), Bea Systems, Microsoft (<|ticker:"MSF">) aber auch die SAP (<|ticker:"SAP">) und vielleicht Oracle (<|ticker:"ORC">). Darin gehen die Marktforscher der Meta Group, der Gartner Group und der Giga Information Group nahezu konform.
Auch die Gründe ähneln sich: Diese Firmen haben schon jetzt eine ernorme Marktmacht und sie verfügen über Applikations-Server, die mit Integrations-Servern verschmelzen werden. Zugleich fördert das jetzige Investitionsklima ein Hauen und Stechen unter den EAI-Anbietern, das nur wenige, gut positionierte Hersteller überleben können.
Zugleich scheint EAI ein lohnendes Feld; große Integrationsprojekte betreffen typischerweise wenige Kernprozesse in einem Anwenderunternehmen. Daran ändert auch das Vorgehen in kleinen Schritten nichts. Wie Martha Bennet, Chefanalystin bei Giga, ausführt, sollte es zumindest so sein, dass der große Entwurf eines durchgängigen Prozesses hinter partiellen, überschaubaren Aufgaben steht.
Nur so lässt sich auf Dauer eine Integrationsschicht einziehen, die die jetzt anzutreffenden Knäule aus Einzelverbindungen von Anwendung zu Anwendung entwirren kann. Solche Transparenz ist letztlich ein finanzieller Gewinn. Denn die Schnittstellenpflege ist teuer. Einzelne Interfaces zwischen zwei Anwendungen können pro Jahr in die Hunderttausende gehen.
Doch obwohl durch den Einsatz von EAI-Systemen, mit denen sich ein Integrationsschicht in den Unternehmen einziehen lässt, ein schneller Return on Investment erreicht werden kann, müssen die Anbieter von EAI-Systemen noch immer um die Anerkennung solcher Leistungen kämpfen. Etwa die Hersteller Vitria und Tibco sowie Richard Nussdorfer, Initiator des deutschen EAI-Forums, werben seit Jahren mit diesem Argument für Integrations-Standardsoftware.
Dass es an Akzeptanz mangelt, liegt unter Umständen daran, dass die Hersteller mit den DV-Verantwortlichen reden und zum Management nicht durchkommen wollen oder können. Wie Luis Leamus, Analyst der Meta Group herausstreicht, haben Integrationsprojekte jedoch zu 90 Prozent einen geschäftlichen Charakter. Dass die restlichen 10 Prozent mit schwierigen IT-Problemen verbunden sind, erschwere das Aufsetzen eines solchen Projekts nur noch. Insbesondere in Deutschland gebe es in den Unternehmen eine allzu scharfe Trennung zwischen Management und IT.
Giga-Analystin Bennett bestätigt diese Beobachtung und setzt hinzu: „In Deutschland trauen sich DV-Projektleiter nicht ans Management mit Vorschlägen, was die Technik für das Unternehmen bewirken kann, ans Management heran“. Sie müssten fürchten, dass sie gesagt bekommen: „Hier geht´s ums Geschäft und davon verstehen Sie nichts.“ Die künstliche Grenze stehe strategischen Entscheidungen im Wege. Die Linie fehle. DV-Einsatz verkomme zu rein taktischen Maßnahmen. „In Deutschland haben die Leute Angst, Geschäftsprozesse anzufassen.“
Doch darum geht es, wenn heute von Integration die Rede ist. „Die Verknüpfung von Applikationen geht weit über die Harmonisierung von Datenformaten und Kommunikationsprotokollen hinaus“, betont Nikos Drakos, Senior Analyst bei der Gartner Group. Deshalb seien auch Web Services keine tatsächliche Alternative zu EAI-Systemen. Sie ermöglichten bestenfalls eine Harmonisierung auf einer niedrigen technischen Ebene.
Dagegen liege sich Verflechtung von Geschäftsinteressen und IT bei dem ERP-Anbieter SAP, insbesondere auch für deutsche Manager einsichtig, nahe. Alle Analsten stimmen daher überein, dass SAP mit seinem Integrationsangebot etwa 20 bis 30 Prozent Marktanteile wird erringen können.
Strittig ist die die Rolle, die Oracle dabei spielen kann. Während Meta-Group-Analyst Leamus stark auf den Datenbank- und Applikationsanbieter setzt, kann Gartner-Marktbeobachter Drakos keine Tendenzen für eine Führungsrolle im EAI-Markt erkennen.
Auch sieht er EAI-Matadore wie Tibco und Seebeyond noch nicht fallen. Zum Beispiel Tibco ist im magischen Quadrant der Marktforschungsgruppe derzeit im „Leading Edge“ eingeordnet. Damit billigt Gartner dem Hersteller hinter IBM eine Vision und eine führende Position im EAI-Markt zu. Zudem weiten auch die EAI-Anbieter ihre Angebote aus, zum Beispiel auf das Business Activity Monitoring (BAM) – „eine ganz heiße Kiste“, wie Drakos sagt. Hierbei geht es um die Echtzeitanalyse von operativen Daten, um somit eine ständige Kontrolle des Unternehmens zu erreichen.
Zweifelsfrei scheint jedoch, dass ein starker Wettbewerb zur Konsolidierung des Anbietermarktes führen wird. Für die Anwendungsunternehmen bleibt zu klären, ob und in welchem Maße EAI überhaupt in Frage kommt. Eine Konsolidierung kann in manchen Fällen sinnvoller und kostengünstiger sein als eine Integration.
Zudem müssen die Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen für durchaus hohe Risiken. Die Wahl eines Produkts garantiert keinesfalls den Erfolg eines Integrationsprojekts. Zudem stellt sich der ROI zumeist erst mit der Integration mehrer Anwendungen ein, so dass eine Reihe von Projekten notwendig werden. Die Analysten raten den potentiellen EAI-Kunden deshalb, sie sollten ihre Anbieter und Berater auf einer Erfolgsbasis verpflichten. Damit ließe sich zumindest das Risiko eines Integrationsprojekts teilen und damit reduzieren.
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