Raus mit der IT, rein mit der IT

Gartner erschreckt Anwender mit fragwürdigen Aussagen zum Outsourcing

Outsourcing gilt in der Krise als einer der wenigen tragfähigen Trends. Nun erschrecken die Analysten der Gartner Group die Anwender mit der Meldung, dass mehr als die Hälfte dieser aufwendigen und langfristig angelegten Deals gescheitert seien. Die Schuld daran wird den Anwendern in die Schuhe geschoben, die sich nicht ausreichend vorbereitet und ihre Erwartungen nicht klar genug spezifiziert hätten. Wie irreführend dieser Vorwurf ist, wissen die Marktbeobachter im Grunde selbst. Das geht aus einem Statement der Gartner Group Vizepräsidentin Linda Cohen hervor, wonach es Outsourcing darum gehe, die Erwartungen mit der Markdynamik in Übereinstimmung zu bringen. Nun erleben wir derzeit eine Dynamik, die es jedem Manager schwer macht, seine IT-Investitionen auch nur für die nächsten Wochen zu planen. Outsourcing-Verträge gelten in der Regel fünf Jahre und länger.

Diesem Problem stehen nicht nur die Anwenderunternehmen, sondern auch die Dienstleister gegenüber, denn schließlich soll sich das Geschäft auch für sie lohnen. Haben EDS und Co. in den 90er Jahren noch damit geworben, sie würden die schwer kalkulierbaren, sprich: die unangenehm variablen Kosten für das Rechenzentrum (RZ) in fest kalkulierbare monatliche Abschlagszahlungen umwandeln, so hat die Deutsche Bank ihr RZ in die Hände von IBM Global Services gegeben, damit die ihre (hohen) Fixkosten in (weniger hohe) variable Kosten verwandeln.

Was hat zur Umkehrung der Outsourcing-Argumente geführt? Antwort: Das Internet. Machten sich die RZ-Leiter und ihre Geschäftsführer in den 90er Jahren vor allem Sorgen, ob sie mit den rasenden Innovation (Objekttechniken, heterogene Client-Server-Architekturen, SAP-Einführung, PC-Integration etc.) technisch und finanziell Schritt halten könnten, so geht es heute oft darum, Anwendungsspitzen abzufangen, mit denen all jene Unternehmen rechnen müssen, die ihre einst geschlossenen Firmennetze für das Geschäft via Internet geöffnet haben.

In der Tat handelte es sich bei vielen Projekten in den 90er Jahren um eine Modernisierung der Datenverarbeitung, bei der man das Projektrisiko auf die Fachleute von IBM oder anderer Dienstleister abzuwälzen gedachte. Mögliche Kostenexplosionen sollten nicht auf das Unternehmen durchschlagen. Die Einführung von Internet-Infrastrukturen war in den frühen Outsourcing-Verträgen jedoch nicht vorgesehen, so dass die Vertragsinhalte rasch für viel Geld ausgeweitet werden mussten — wollte doch jeder beim Boom mithalten.

Der Internet-Boom ist Vergangenheit und hat in den Unternehmen vor allem die Angst vor hohen Kosten zurückgelassen. Sparen galt auch in den 90er Jahren als Outsourcing-Argument. Während die Firmenleitungen damals jedoch eher befürchteten, die für den Fortschritt nötigen Investitionen nicht stemmen zu können, so argwöhnen die Unternehmen heute, sie könnten technische und personelle Überkapazitäten aufgebaut haben. Richtig daran ist, dass insbesondere das Internet immer wieder zu Spitzenbelastungen führt, die intern schwer abzufangen sind. Doch dafür muss man nicht gleich das ganz RZ auslagern — zumal solche Ereignisse kaum in langfristige Outsourcing-Verträge einplanbar sind.

Bei allen Veränderungen bleibt jedoch ein wesentliches Argument für Outsourcing, das auch bei der Deutschen Bank unter der Hand eine Rolle spielt. Die stürmische Entwicklung der vergangenen Jahre hat in vielen Rechenzentren für ein Wirrwarr gesorgt, das technisch und wirtschaftlich aus dem Ruder zu laufen droht. Hier für Bereinigung, Integration und Aktualisierung der IT-Landschaft zu sorgen, gelingt den Dienstleistungs-Spezialisten immer noch besser als den Anwenderunternehmen. Insofern gilt das Argument der 90er Jahre weiter. Kosten kontrollieren, indem man das Projektrisiko auslagert.

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