Lohnt es sich tatsächlich, um diesen Fisch zu streiten? Die Konzernmutter Vivendi hat gerade einen Rekordverlust von 23,3 Milliarden Euro gemeldet, an der die Musiksparte, also Universal Music, einen kräftigen Anteil hat. Damit ist das Unternehmen jedoch nicht allein. Tatsächlich leidet die Musik- und Videobranche seit Jahren unter den vielen Raubkopien die über das Internet verteilt werden. Versuche, der Situation durch kostenpflichtige Download-Dienste Herr zu werden, sind bislang gescheitert. Eine Alternative dazu zeichnet sich nicht ab. Die Perspektiven bleiben also düster.
Auf der anderen Seite könnte Apple durch den Deal schlagartig zur Nummer eins im Musikgeschäft werden. Anders als bei Microsoft stimmt zudem das Image. Apple wird mit Kreativität und zukunftsweisendem Design assoziiert. Selbst das Apfel-Logo passt in die Musikbranche – wir erinnern uns an das Plattenstudio der Beatles, das ebenfalls mit einem Apfel für sich warb. Außerdem bereitet sich der Computerhersteller seit Jahren auf eine tragende Rolle im Mediengeschäft vor. Zu den Pfeilern der Strategie gehört seit langem die Multimedia-Software „Quicktime“. Mit ihr lassen sich Musik- und Videosequenzen nicht nur auf Apples Macintosh-Systemen, sondern auch unter Windows und anderen Betriebssystemen abspielen. Allein mit der hauseigenen Hardware als Abspielplattform für Musik, wäre Nischenplayer Apple für die Musikindustrie kein ernst zu nehmender Gesprächspartner. Allerdings kann das Unternehmen auch hier Achtungserfolge nachweisen. Das gilt für den trendigen MP3-Player „iPod“ ebenso wie für das Konzept die Rechner serienmäßig mit allem auszustatten, was man braucht, um CDs zu brennen. Im jüngster Zeit erschreckte das Unternehmen die Unterhaltungsindustrie mit dem Werbeslogan: „rip, mix, burn“ (Musik aus dem Internet laden, neu zusammenmischen und auf CD brennen).
Dieser Slogan lässt sich als Kampfansage an die Musikindustrie auffassen, aber auch als Einladung zur Zusammenarbeit – zumal das neue Digital Rights Management zumindest in Europa das Raubkopieren via Internet erschweren wird. Und tatsächlich berichtet die „Los Angeles Times“ seit Anfang März von Verhandlungen über einen kommerziellen Musikdienst zwischen Apple-Chef Steven Jobs und BMG, EMI, Sony, Universal Music und Warner. Ob die Big Five der Musik-Branche aber gerade einem Computerhersteller mit gerade drei Prozent Marktanteil dem Zuschlag für ein Massengeschäft geben, scheint zweifelhaft. So ist für Deutschland die Telekom als Partner für den Internetvertrieb im Gespräch. Sie kann nicht nur mehr Nutzer aufweisen als Apple, sondern darüber hinaus die Gebühren für die Musiktitel über die Telefonrechnung eintreiben.
Global ist Microsoft durchaus ein möglicher Partner. Zwar fehlt dem Softwareriesen die Attraktivität eines Labels: langweiliger Schriftzug, reines Software-Image, viele Gegner …
Dafür kann der Konzern massenhaft Kunden vorweisen, verfügt mit Webservices eine Zukunftperspektive für Bezahldienste via Internet und – dank Firmgründer Bill Gates – über Erfahrung. Vor 14 Jahren gründete er mit Corbis eine digitale Bildagentur, die heute zu den größten der Welt gehört. Er besitzt die digitalen Rechte an 65 Millionen Bildern, darunter die Kunstwerke der Leningrader Eremitage oder der Uffizien in Florenz. Gates hat also lange vor dem Rest seiner Branche eine Wahrheit erkannt, die erst in E-Business-Zeiten zum Mantra wurde: „content is king.“
Tatsächlich liegt in dieser alten Erfolgsstory die eigentliche Nachricht hinter dem Gerücht um den Kauf von Universal Music. Die IT-Industrie adressiert künftig nicht mehr Technik-Freaks, sondern Menschen, die ihre computerisierten Geräte nur noch als Werkzeug verwenden, mal für die Arbeit, mal für die Freizeit. Anders formuliert: Apple gäbe ein cooles Plattenlabel ab, für Microsoft müsste noch ein guter Name gefunden werden. Der Lifestyle-Massenmarkt wartet.
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