Um den „Rosa Riesen“ wieder auf Kurs zu bringen, hat Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke das gesamte Unternehmen durchleuchtet. Und ist zu einer erstaunlichen Erkenntnis gekommen: „Nicht wir sind es, die unsere Qualität beurteilen. Der Kunde ist es“, teilt er den Aktionären auf der Hauptversammlung am Dienstag in Köln mit und erklärte die Neuentdeckung dann auch gleich zur Chefsache. „Wir wollen unsere Kunden nicht nur zufrieden stellen. Wir wollen sie begeistern“, kündigt „der Neue“ an.
Für viele genervte Telekom-Kunden mag es wie Musik in den Ohren klingen. Und auch die Aktionäre finden – bei aller Skepsis – die neue Devise gut. Derzeit hält sich die Begeisterung der Telekom-Kunden in Grenzen; das weiß auch Ricke. „Defizite“ nennt er es. „Die Deutsche Telekom wird als zu anonym, unpersönlich und zu wenig kundenorientiert gesehen“, hätten Untersuchungen ergeben. Vor allem beim Service habe jeder so seine Erfahrungen gesammelt, sagt der Chef und deutet eigene unangenehme Erlebnisse an. Aktionär Michael Wolff aus Konstanz bringt es schärfer auf den Punkt: „Die Deutsche Telekom AG stellt sich nach außen als – mit Verlaub gesagt – zunehmend arrogantes, wenig qualifiziertes und eher unsympathisches Unternehmen dar. Zahlreiche Mitarbeiter scheinen innerlich gekündigt zu haben.“ Das muss besser werden, hat sich Ricke auf die rosa Fahnen geschrieben.
Und weil der Vorstand mit gutem Beispiel voran gehen soll, verordnet er sich und seinen Kollegen: Raus aus den Chefsesseln, ran an die Basis. Die Führungsmannschaft – einschließlich seiner selbst – werde in regelmäßigen Abständen einen Tag lang im Vertrieb arbeiten, etwa in einer der T-Punkt-Verkaufsstellen, verspricht Ricke. Kundenberatung und Kundenkritik gelte es aus erster Hand zu erleben. „Das sind ausgesprochen lehrreiche Erfahrungen“, schwant dem Unternehmenschef. Doch dabei soll es nicht bleiben. Ricke will schließlich – wie bei seinem Amtsantritt vor sechs Monaten angekündigt – nicht nur alte Zöpfe abschneiden, er will offenbar eine ganz neue Frisur zaubern. Für die Verbraucher soll dies schon bald an einer besseren Beratung erkennbar sein, und zwar „überall dort, wo der Kunde mit uns in Kontakt kommt“. Weg von den Warteschleifen – hin zu schnellen Lösungen, fordert der neue Chef.
Dass er es schafft, das Ruder des schwerfälligen Tankers Telekom in Richtung Kundenzufriedenheit herumzureißen, daran will Ricke vor den rund 7000 Aktionären keine Zweifel aufkommen lassen. Doch mehr als Worte hat er derzeit nicht zu bieten: „Nun werden sie vielleicht sagen: ‚Hört sich gut an, aber das sagen alle!‘ Wo ist der Unterschied? Ganz einfach! Wir werden das nämlich machen“, verspricht er den Zweiflern. Und setzt Zielmarken: Bis 2007 soll die Telekom die Leuchte in der vielgescholtenen Servicewüste Deutschland sein. Daran wird ihn der neugekrönte König Kunde messen.
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2 Kommentare zu In der Krise entdeckt die Telekom den Kunden
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An ihren Taten sollt Ihr sie messen…
Und genau da habe ich doch so meine Zweifel. Ich bin inzwischen richtig gehend erstaunt, wenn bei der Telekom mal was reibungslos läuft, obwohl das ja eigentlich der Normalfall sein sollte. Aber so lange der Staat immer noch seine schützende Hand über die Telekom hält, wird sich nichts wesentliches an dem Unternehmen ändern.
Mit dem Personal nicht zu machen
Ich habe selber einmal eine Zeitlang bei der Telekom gejobbt. Was ich da erlebt habe, spottet jeder Beschreibung!<br />
Wenn ein Aktionär sagt: "Zahlreiche Mitarbeiter scheinen innerlich gekündigt zu haben…" so ist das nur ein äußerst milde Beschreibung dessen, was Arbeitspsychologen treffender als "resignative Arbeitsunzufriedenheit" bezeichnen. Vielleicht würde jeder von uns nach vielen Jahren in dem Konzern so werden, doch es ändert nichts an der Tatsache, dass meiner Ansicht nach mit der Mehrzahl der Teletubbies echt nichts mehr zu anzufangen ist. Ausgeglüht wie ein Stück kalter Schlacke und völlig änderungsresistent. Das trifft zumindest auf einen Großteil der ehemaligen Fernmeldebeamten zu, doch auch frische Lehrlinge werden zuallererst gehörig ausgebremst. Wenn es sie gäbe, würde nur noch die riesengroße Altbeamtentonne ein sinnvolles Auffanglager darstellen. Und wenn die Belegschaft nicht mitspielt, sind alle topaktuelle und ach so kreativen Modernisierungskonzepte zum Scheitern verurteilt…