Die Ruhe vor dem Aufschwung

Unternehmer im Silicon Valley glauben an Ende der Krise

Der Optimismus regt sich allmählich wieder im kalifornischen Tal des Fortschritts. Doch die harten Fakten lassen darauf schließen, dass das Silicon Valley, einstiges Dorado der Hochtechnologie südlich von San Francisco, noch einige Zeit auf einen wirklichen Aufschwung warten muss. Vermieter von Büroflächen haben heute – anders als in den fetten 90er Jahren – alle Mühe, ihre Räume zu vermarkten. „Die Region hat die Tendenz zu späterem Aufschwung als der Rest des Landes, weil wir von ganz oben ganz tief gefallen sind“, schätzt der Vizechef der Consulting-Firma Bay Area Economics, David Shiver, die Lage ein.

So liegt die Arbeitslosenquote rund um die Bucht von San Francisco noch immer bei rund acht Prozent, nachdem in die große Krise von 2001 fast 200.000 Arbeitsplätze vernichtet hatte. Die hohe Quote wiegt umso schwerer, als bereits viele der Gefeuerten die Region verlassen haben und damit in der regionalen Statistik nicht mehr auftauchen.

Im Landesdurchschnitt liegt die Quote der Erwerbslosen bei 6,2 Prozent. Die Motoren des märchenhaften Aufschwungs im „Valley“ in den 90er Jahren waren Elektronikunternehmen wie Intel oder Hewlett-Packard, flankiert von hunderten kleiner Start-ups, die sich an Telekommunikation, Internet-Anwendungen sowie medizinischer und pharmazeutischer Technologie versuchten.

Nach dem Platzen der „Technologie-Blase“ und der darauf folgenden Marktbereinigung versuchen die Unternehmen nun wieder den Blick nach vorn zu richten. Die Prozessor-Schmiede Intel konnte beispielsweise ihre Gewinne im ersten Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdoppeln. Einer Studie der Universität Santa Clara von Anfang August zufolge sehen die Manager in den Führungsetagen regionaler Technologie-Firmen inzwischen wesentlich optimistischer in die wirtschaftliche Zukunft als noch zu Jahresbeginn.

Doch ob der neue Optimismus an der amerikanischen Westküste sich auch in neue Investitionsbereitschaft und Jobs ummünzen werde, bleibe erst einmal abzuwarten, gibt Professor Robert Hendershott als Leiter der Studie zu bedenken. Auch andere Wirtschaftsexperten befürchten, dass ein etwaiger Aufschwung nicht im gleichen Maß zu Einstellungen führen werde wie noch vor gut einem Jahrzehnt. Stephen Levy, Direktor des Zentrums für Wirtschaftsstudien in Palo Alto, rechnet eher damit, dass zahlreiche Unternehmer bei einer wirtschaftlichen Verbesserung zunächst einmal billigere Arbeitsplätze im Ausland schaffen werden. Erst im vergangenen Monat kündigte beispielsweise der Software-Entwickler Siebel Systems zusätzlich zur Entlassung von 490 Angestellten die Verlegung bestimmter Arbeitsplätze ins Ausland an. Die Jobs würden vorrangig nach Indien, China und Russland abwandern, vermutet Bay-Area-Berater Shiver. Die Consulting-Firma Gartner aus Connecticut rechnet für das kommende Jahr mit dem Export von rund einer halben Million Arbeitsplätze im Hochtechnologie-Sektor. Darüber hinaus würden die Unternehmen versuchen, ihre Verkäufe auch ohne die Einstellung von neuem Personal zu heben, fügt Wirtschaftsforscher Levy hinzu.

Beleg für diese Tendenz sind offizielle Zahlen vom vergangenen Donnerstag, wonach die US-Unternehmen trotz sinkender Beschäftigungszahlen ihre Produtivität seit Mai um 5,7 Prozent steigern konnten. US-Analysten glauben fest daran, dass die Bucht von San Francisco auch künftig erste Adresse für die Hightech-Industrie bleiben wird – offen ist nur, welche Branche einen neuen Konjunkturschub einleiten soll. Immerhin stellen Dutzende Universitäten und rund 480 einschlägige Unternehmen in der Region noch immer eine gewaltige Konzentration an Fachkräften dar. Im Forschungs- und Entwicklungssektor seien im laufenden Jahr bereits 45 Milliarden DollarMilliarden Euro) investiert worden, betont Experte Shiver. Schlüsselelement werde jedoch das Entstehen neuer Firmen sein: „Unsere Zukunft liegt in den Start-ups.“

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