CNET: Ich unterhielt mich kürzlich mit Michael Tiemann (CTO von Red Hat und Unterstützer der GCC-Gruppe) über seine Ansicht, dass durchdacht geschriebene Allzweck-Compiler breite Optimierungen enthalten werden, die letztlich einen besseren Code erzeugen als Compiler mit chip-spezifischen Optimierungen. Nun höre ich jedoch, dass der C-Compiler von Intel viel schnellere Software als GCC liefert. Haben Sie die Intel-Compiler ausprobiert, nun da Linux mit ihnen kompilierbar ist?
Torvalds: Ich bin wirklich nie dazu gekommen, die Intel-Compiler zu benutzen, doch schätze ich die Tatsache, dass hier ein Wettbewerb besteht und eine Grundlage für Vergleiche vorhanden ist.
Ich persönlich stimme Michael bezüglich der Allzweck-Compiler nicht zu. Es sollte zwar möglichst viel gemeinsam genutzten Code geben, doch kommt es letzten Endes bei einer modernen CPU vor allem darauf an, dass sie guten dichten Code generiert, wobei generische Optimierungen kaum von Belang sind. Das ist natürlich nur meine private Meinung. Ich bin kein echter Compiler-Experte – ich kritisiere lediglich, wie die High-Level-Optimierungen in den gegenwärtigen GCC-Versionen alles verlangsamen, ohne einen echten Anstoß für generierten C-Code zu geben.
CNET: Wünschen Sie sich manchmal, sie hätten sich für eine BSD-Lizenz statt für die General Public License (GPL) entschieden? (Anders als die GPL ermöglichen BSD-Lizenzen, wie sie für den Webserver der Apache Software Foundation sowie den Unix-Ableger FreeBSD verwendet werden, einen Eigentumsschutz für Open-Source-Code.)
» Ich denke, dass die BSD-Lizenz für ernsthafte Projekte eine Sackgasse darstellt. « |
Torvalds: Überhaupt nicht. Ich denke, dass die BSD-Lizenz für ernsthafte Projekte eine Sackgasse darstellt, da sie unausweichlich ein Forking bedingt, das keine erneute Zusammenführung im Falle der kommerziellen Durchführbarkeit ermöglicht. (Hinweis der Redaktion: Unter Forking versteht man die Aufspaltung eines Programmierungs-Projekts in zwei verschiedene, sich überschneidende Projekte.)
Das Forking eines Projekts ist meiner Meinung nach äußerst wichtig, da jegliche echte Entwicklungsarbeit in den Ästen erfolgt und die Möglichkeit einer Aufspaltung motivierend wirkt (wenn man z.B. seine Arbeit nicht gut macht und seine Anwender nicht zufrieden stellt, kann das Projekt jederzeit aufgespaltet und anderswo weiterverfolgt werden). Genauso wichtig ist jedoch auch die Zusammenführung der Äste, wenn eine der Gruppen eine geeignete Lösung für ein Problem findet. Und genau hier kommt die GPL ins Spiel: Man kann die gesamte Lizenz im Grunde als die Anforderung einer möglichen Zusammenführung aufgespalteter Projekte von beliebiger Seite aus betrachten.
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