Der Münchner Technologiekonzern Infineon hat eine mit Spannung erwartete Sondersitzung des Aufsichtsrates abgesagt. Grund dafür ist nach Angaben aus Branchenkreisen, dass sich eine „wichtige Übernahme“ zerschlagen hat. „Die Sitzung findet nicht statt“, sagte ein Unternehmenssprecher am Freitagabend in München, ohne Gründe zu nennen. Aus Branchenkreisen erfuhr Reuters, dass eine „wichtige Übernahme“ in letzter Minute abgesagt worden sei, nachdem die Wirtschaftsprüfung zunächst erfolgreich verlaufen sei. „Es hat nicht gepasst“, hieß es. Bei dem Kandidaten habe es sich um ein ausländisches Unternehmen aus dem Nicht-Speicherbereich gehandelt, also dem Kommunikations- oder Automobilbereich des Konzerns.
Damit sind tagelange Spekulationen über einen größeren Zukauf der früheren Siemens-Tochter vom Tisch. Diese waren nach Äußerungen von Firmenchef Ulrich Schumacher aufgekommen, der Konzern fülle seine Kriegskasse auf. Infineon hatte am Dienstag nur bestätigt, den Aufsichtsrat in der kommenden Woche zu einer Sondersitzung eingeladen zu haben.
Die Infineon-Aktie reagierte am Freitagabend kaum auf die abgesagte Übernahme. Händler sagten, der Kurs habe von den Spekulationen um Zukäufe kaum profitiert und daher nach dem Ende der Spekaulationen kaum verloren. Zudem sei die Nachricht nach Börsenschluss in London und anderen wichtigen Märkten gekommen, weshalb das Handelsvolumen ohnehin gering sei, sagte ein Aktienhändler.
„Es handelt sich definitiv nicht um die Speichersparte von Motorola“, hieß es in den Kreisen weiter. Über eine Übernahme dieser Sparte war an den Märkten spekuliert worden. Auch der schwäbische Chip-Entwickler Dialog Semiconductor hatte gegenüber Reuters bereits am Dienstag Marktgerüchte zurückgewiesen, es habe Übernahmegespräche mit Infineon gegeben.
Tagelang hatte es Spekulationen gegeben, dass ein oder mehrere Zukäufe bei Infineon bevorstehen könnte. Hintergrund waren Äußerungen von Firmenchef Schumacher, der Konzern schaue sich um. „Wir wollen bedeutende Cash-Reserven aufbauen, um darauf vorbereitet zu sein“, hatte Schumacher erklärt. Infineon verfügt über eine Kriegskasse von rund 2,5 Milliarden Euro. Der Münchener Chiphersteller wolle vor allem in Unternehmen investieren, die das eigene Portfolio ergänzten, hatte Schumacher gesagt. In den USA wolle Infineon etwa seinen Marktanteil im Geschäft mit Telekom-Unternehmen ausweiten.
Infineon hatte vor dem Hintergrund der schwersten Krise in der Geschichte der Halbleiterindustrie in den Geschäftsjahren 2000/01 und 2001/02 jeweils einen operativen Milliardenverlust verbucht. Nach neun Quartalen mit Fehlbeträgen in Folge hat Schumacher aber für das Ende September geendete Schlussquartal 2002/03 schwarze Zahlen angekündigt.
Der Konzern hat sich mit seiner „Agenda 5-to-1“ zum Ziel gesetzt, 2007 in jedem seiner Segmente zur Nummer drei aufzusteigen und als Halbleiterkonzern insgesamt vom sechsten auf mindestens den vierten Rang vorzurücken. Im Lösungsgeschäft wollen die Münchner sogar die Weltspitze erobern. Sowohl für das Geschäft mit Automobil- als auch Kommunikationshalbleitern hält Schumacher nach eigenen Worten eine Gewinnmarge von 15 Prozent für realistisch.
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