CNET: Wollen Sie damit so etwas wie einen kulturellen Bruch andeuten?
Sclavos: Ich denke, dass so etwas vorliegt. Ich glaube zwar nicht, dass es sich hierbei um eine gewollte Abgrenzung handelt, aber es gibt einen immer größeren Bruch zwischen der alltäglichen Nutzung und den Leuten, die sich in der Frühzeit des Netzes als gute Verwalter erwiesen haben und mit der Definition von dessen Normen betraut wurden.
CNET: Und diese Leute dominieren die normativen Gremien noch immer?
Sclavos: Im Moment verfolgen diese Leute keine einheitliche Linie. Es ist nicht in Ordnung auf der Wichtigkeit der Normen zu bestehen, außer wenn einem deren Implementierung durch einen bestimmten Anbieter nicht passt. Und es ist nicht in Ordnung den Ausbau dieser Dienste auf der zentralen Ebene nicht zu befürworten, außer man ist einer von den Kleinen, um die sich ohnehin niemand schert. Wie sollen wir ein kommerzielles Unternehmen auf Grundsätzen aufbauen, die anscheinend auf persönlichen Vorlieben und Emotionen statt auf bestimmten nachvollziehbaren Daten beruhen?
CNET: Aber Sie haben doch sicher mit dieser Art von Kritik gerechnet?
Sclavos: Und wir versuchen, uns dagegen zur Wehr zu setzen. Ich finde dabei nur fragwürdig, dass es kein Verfahren zu geben scheint, mit dem man solchen Behauptungen und Anschuldigungen effektiv begegnen kann. Dafür sollte die ICANN da sein: transparente Verfahrensweisen, die zu einem Konsens führen. Was wir sehen, sind vorgefasste Meinungen, die so tun als wären sie Ergebnis eines Prozesses. Dieses Ergebnis steht von vorneherein fest – und genau das ist es was mich ärgert.
CNET: Meinen Sie, dass die ICANN reformiert werden muss?
» Wir sähen es lieber, wenn die ICANN eher eine Handels-organisation wäre, die sich mit dem Wachstum des Netzes befasst, und nicht ein Verwaltungsgremium, das sich schwer tut, irgendetwas zustande zu bringen. « |
Sclavos: Die ICANN muss mit Sicherheit reformiert werden. Niemand trägt daran die Schuld, aber die ICANN wurde zu einer Zeit eingerichtet, die sich von der heutigen sehr unterscheidet. Sie wurde geschaffen, als die Domains aufkamen und Network Solutions das Monopol auf alles hatte. Es schien damals eine gute Idee zu sein, den Wettbewerb im vorderen Namensteil stattfinden zu lassen und neue Erweiterungen einzuführen, da der Zuwachs an Namen keine Grenzen zu kennen schien.
Vier Jahre danach sieht die Lage ganz anders aus. Domainnamen sind die längste Zeit uninteressant gewesen. Wenn ich an der Stelle der ICANN wäre, würde ich eine Satzung verabschieden, die Innovation, Stabilität und Wettbewerb fördert. Sie wurde ja eigentlich geschaffen, um den Wettbewerb zu fördern und verfuhr, ehrlich gesagt, in all der Eile dabei recht planlos.
CNET: Dies ist nicht das erste Mal, dass jemand eine Weiterentwicklung der ICANN gefordert hat. Warum geht hier nichts voran?
Sclavos: Es ist problematisch, wenn Leute, die eine Infrastruktur aufgebaut haben, diese auch reformieren sollen. Hier liegt eine der Herausforderungen, denen man sich gegenüber sehen wird. Es handelt sich dabei vorwiegend um eine Ansammlung von Technikern und sehr vielen Anwälten. Was fehlt sind Menschen, die wissen, wie man Produkte aufbaut und Märkte fördert. Wir sähen es lieber, wenn die ICANN eher eine Handelsorganisation wäre, die sich mit dem Wachstum des Netzes befasst, und nicht ein Verwaltungsgremium, das sich schwer tut, irgendetwas zustande zu bringen.
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1 Kommentar zu Verisign CEO fordert: Die Netz-Infrastruktur den Unternehmern
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so stabil …
privatwirtschaft ist also das ultimative stabilitätsmittel für infrastruktur. wie gut das dann funktioniert, haben uns ja die amis mit ihrer stromwirtschaft ja schon vorgeführt.