ZDNet: Neben den Konsumenten wird erneut der Mittelstand umworben. Könnte der leichte Aufschwung in diesem Jahr das Interesse wieder von dieser schwierigen Zielgruppe ablenken?
Praxmarer: Nein, denn es fehlt an Großprojekten. RFID (Anm. d. Red: Radio Frequency Identification, Funkchips, die den Strichcode ersetzen sollen) und On-Demand sind Aufgaben für die Zukunft. Was fehlt, sind die großen SAP- und ERP-Projekte der vergangenen Jahre. Das Wachstum ist mühsam.
ZDNet: Warum?
Praxmarer: Sparsamkeit und mangelnder Mut. Das gilt insbesondere für Deutschland. Nach unseren Informationen setzten maximal fünf Prozent der Betriebe auf Innovation, der Rest auf Kostenreduzierung. Aber auch die Hersteller experimentieren zu wenig.
ZDNet: Stellen sich die Anbieter organisatorisch auf den Mittelstand ein?
Praxmarer: Ja, es wird umstrukturiert. Immerhin wächst das Mittelstandsgeschäft nach unseren Schätzungen um rund sechs Prozent. Security, ERP ist dort immer noch ein Thema, IT-Konsolidierung und Dokumenten-Management. Das lohnt die Fokussierung auf den Mittelstand, zumal in Deutschland die überwiegende Zahl der Betriebe in diese Kategorie gehört. Wichtig ist, dass diese Unternehmen inzwischen auch bereit sind, Dienstleistungen einzukaufen.
ZDNet: Warum hört man in diesem Jahr so wenig von Web-Services?
Praxmarer: Es wird ein reiches Angebot geben, aber sie werden oft unter anderem Namen auftauchen, vor allem im Rahmen von Integrationslösungen. Wir haben festgestellt, dass die Anwendungsentwicklung für das Web deutlich ansteigt, während die Non-Web-Trends eher nachgeben. Auch Portale sind ein wichtiges Thema.
ZDNet: Wie sieht es mit E-Business und E-Commerce aus?
Praxmarer: Auch hier ist das Integrationsproblem noch nicht richtig gelöst. Insofern wird sich E-Business erst langsam zurückmelden. Es gibt sehr viele, aber kleine Projekte, in denen ein Geschäftsprozess nach dem anderen im eigenen Unternehmen, aber auch zwischen Geschäftspartnern und mit Kunden integriert wird. Tatsächlich ist Integration nach wie vor eines der großen Themen auch bei den großen Unternehmen. Dort rangieren Middleware, EAI, Applikations-Server und Portale ganz oben. So haben selbst viele R/3-Anwender ihre Komponenten zwar in einem Themenbereich integriert, aber nicht als Prozess durch das ganze Unternehmen. Die durchgängige Geschäftsprozessorganisation ist nach wie vor ein heißes Thema.
ZDNet: Siemens, IBM und Sun werden auf der CeBIT für ihre RFID-Konzepte werben. Funkchips als Ersatz für Barcodes scheinen in der Logistik-Branche der letzte Schrei zu sein.
Praxmarer: Hier sind die Investitionskosten für die Infrastruktur noch ein zentrales Problem. Zum einen müssen die Chips selbst noch so billig werden, dass sie sich auch für preiswerte Produkte eignen. Im Handel wäre ein Prozent des Produktpreises viel Geld. Zum anderen zeigen sich die Vorteile der Technik erst, wenn die gesamte Lieferkette darauf eingerichtet ist. Hier entstehen riesige Datenbanken mit entsprechenden Folgekosten für Speicher, Business Intelligence etc. Das ist aufwändig, auch wenn von den gewaltigen Datenmengen, die hier entstehen, vorerst fast nur die großen Handelskonzerne betroffen sind. Die Metro in Europa und Walmart in Amerika machen derzeit erste positive Erfahrungen und bauen in der Folge einigen Druck auf die Zulieferer auf. Es wird noch dauern, bis dort die nötigen Investitionen getätigt werden. In diesem Jahr werden alle gebannt auf den Ausgang der Projekte bei Metro und Walmart schauen, bevor in RFID investiert wird. Noch ist es nicht so weit, aber mittelfristig sind davon Tausende, wenn nicht Millionen Firmen betroffen. Momentan geht es aber vor allem um die großen Handelskonzerne.
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1 Kommentar zu CeBIT 2004: Die wichtigsten Trends für das IT-Business
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Ja, ja, der Mittelstand
Hallo, Deutschland wird gerade schwer gebeutelt. Vor allem der Mittelstand. Wo soll er denn bitteschön das Geld für die Investitionen her haben, wenn Basel II Kredite versagt und der Staat mehr und mehr Abgaben verordnet.
Der Mittelstand hat sich eine Megadiät verordnet. Mit der vorhandenen Infrastruktur bzw. Erweiterung in Commodities lassen sich prima Kosten sparen. Wer mit seinen so erzielten Gewinnen aus der Deckung kommt, wird vom Staat sofort als Zielgruppe für neue Abgaben und Steuern ausgekuckt.
Ich kann es den Mittelständlern und Kleinbetrieben nicht verdenken, wenn jetzt nicht investiert wird. Die Ausgaben für EURO und Y2K waren hoch genug. Die jetzt erreichten Gewinne sind zu niedrig, um erneut zu investieren.
Gruß
George Migge