Auch bei Arbeitsmarkt-Themen sind die Töne differenzierter geworden. Mit einem Seufzer der Erleichterung meldet Berchthold, dass der Stellenabbau gestoppt ist und die ITK-Branche ab nächstem Jahr wieder einstellen wird. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins billigere Ausland werde von der hierzulande mittelständischen Industrie eher zurückhaltend angegangen und auch dann vor allem für standardisierte Prozesse erwogen. Als Hochlohnland gebe es nur die Chance, durch innovative Themen eine neue Wertschöpfungsstufe hier zu Lande zu erreichen. Aufgabe der Industrie sei es hier entsprechende Produkte auf den Markt zu bringen.
Damit weist er auf die eigentlichen Probleme der hiesigen ITK-Branche hin, die traditionell darunter leidet, dass die Innovationen von US-Firmen vorgegeben werden, und die Fertigung – nicht erst seit gestern – in Billiglohnländer verlagern. Unabhängige Marktentwicklung gibt es in Europa vor allem im Mobilfunk-Bereich. Großprojekte wie das Satelliten-Navigationssystem „Galileo“ machen Hoffnung darauf, dass dieser Vorsprung nicht verloren geht. Viel erhofft sich der Bitkom-Vorsitzende aber von neuen Anwendungsbereichen für Informations- und Kommunikationstechnik, etwa für Umwelttechnik in der Automobilindustrie oder im Dienstleistungsbereich. Hier mit prestigeträchtigen Großprojekten für deutsches Know-how zu werben hält er für eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Wirtschaft. Positiv hebt er Fortschritte bei der elektronischen Gesundheitskarte hervor. Allerdings können solche Projekte auch peinliche Umsetzungsschwächen aufzeigen, wie beim Toll-Collect-Desaster.
Berchthold hat Recht. Man sollte sich von gescheiterten Projekten nicht entmutigen lassen, sondern daraus lernen. Es ist unwahrscheinlich, dass Toll-Collect auch im zweiten Anlauf scheitert. Der Bitkom-Verband zumindest hat die Kurve von der Generalkritik in Richtung konstruktive Zukunftsgestaltung geschafft.
Wie steht es wirklich um den Wirtschaftsstandort Deutschland? Diskutieren Sie mit! |
Neueste Kommentare
1 Kommentar zu Rosige Aussichten
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.
Innovationen aus den USA
Microsoft mit absoluter Marktmehrheit in Kombination absoluter Dummheit der Kunden verhindert auch zukünftig, dass Europa eine Vorreiterrolle im IT-Markt übernimmt. Wer sollte auch ein besseres Betriebssystem oder Officepaket entwickeln und verkaufen können, wenn die Kundschaft eine Produkteinführung von "Windows Version: was-weiss-ich" als eine Art Offenbarung mit inkludiertem Kaufzwang sieht? Auch eine "Lerninvestition" auf andersartiger Software oder System rentiert sich nur, wenn die marktbeherrschenden Firmen diese auch einsetzen (Linuxkenntnisse erwünscht, aber die Firmen wollen von MS nicht abrücken???).
Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur sagen, was nützt es, sich techn. auf dem abolut neuesten Stand zu halten, wenn man mit einem Management kämpft, dass moderne Technik nicht als Investitions- schutz und Sparpotential auffasst, sondern als Bilanz-Rot-Posten, der Ihre 5-Jahres-Bilanz verschlechtert, die man zur Aushandlung neuer Geschäftsführer- Verträge (incl. Sonderkonditionen, Entgelterhöhug usw.) benötigt.
Der Einsatz von IT-Technologie in Produktionsanlagen verschlechtet die TCO solcher Anlagen teilweise erheblich. Bei Anlagen, die normalerweise Nutzungdauer von 20-30 Jahren in der Vergangenheit hatten, wurden Steuerungen partitiell in Kombination mehrerer Genarationen "erneuert" und am Leben erhalten. Heutzutage sind Prozessoren nach ca. 4 Jahren nicht mehr erhältlich, Softwarekomponenten werden nicht mehr unterstützt usw. Daraus folgt, dass zukünftig alle 4 – 10 Jahre die Steuerungen komplett! ausgetauscht werden müssen, d.h. 3-5 Modernisierungs- massnahmen im Steuerungsbereich während der eigentlichen Anlagennutzung. Die sich daraus ergebende TCO-Bilanz ergibt für techn. Personal eine schlechte Verhandlungsposition gegenüber dem Management. Von Investitionsschutz kann in diesem Rahmen momentan nicht gesprochen werden; es wird Zeit, dass Innovationen nicht in Versionswechseln, sondern verstärkt in Update/Upgrade- Verfahren münden. Um es salopp auszudürcken, würdes dass bedeuten, es gäbe noch kein WinXP sondern stattdessen ein Windows NT SP12 mit gleichbleibend niedrigen Hardwareansprüchen ;-)