Sun: „Wir haben Marktanteile gewonnen, nicht verloren“

ZDNet: Das klingt so, als ob Sun seine Kernkompetenz künftig vor allem im Highend-Rechenzentrum sieht.

Schneider: Das ist ein falscher Eindruck, wie zum Beispiel das Abkommen mit Microsoft zeigt. Dabei ging es nicht um zwei Milliarden Dollar – so sehr wir uns darüber freuen – sondern um die zehnjährige Technologie-Partnerschaft. Damit erreichen wir die Interoperabilität zwischen Frontend und Backend, zwischen unserem Java Desktop System zur weit verbreiteten Windows-Welt. Das gibt uns einen Wettbewerbsvorteil gegenüber HP und IBM, weil wir die Interoperabilität garantieren können.

ZDNet: Ist der Vorsprung der Mitbewerber hier aufzuholen, die ja schon seit langen Jahren intensiv für Windows entwickeln?

Schneider: Die Quellcodes von Microsoft gehören zu den bestgehüteten Geheimnissen der Branche. Ohne Zugriff darauf ist es schwierig, Interoperabilität herzustellen. Wir erhalten einen solchen tieferen Einblick.

ZDNet: Die Details der Vereinbarung sind für diesen Sommer angekündigt. Kennen Sie sie bereits?

Schneider: Wichtig ist, dass die Techniker beider Firmen inzwischen zusammensitzen. Neue Ankündigungen gibt es noch dieses Jahr – auch zu diesem Thema.

ZDNet: Sie haben davon gesprochen, Komplexität zu verringern. Was meinen Sie damit?

Schneider: Ein wichtiger Teil sind Rechenzentrumstechniken wie N1. Aber Vereinfachungen wie Virtualisierung sind mit Hardware kaum zu realisieren. Wichtige Themen sind auch serviceorientierte Architekturen.

ZDNet: Können Sie konkreter werden?

Schneider: Nehmen wir die Middleware. Wir fassen Directory-Server, Identity-Server, Web-Server, Application-Server und so weiter zu einem Stack, zum „Java Enterprise System“ (JES) zusammen, der einmal im Quartal als Ganzes aktualisiert wird. Das bedeutet, dass sich ein Kunde nicht mehr überlegen muss, wie sich die Neuerungen in einer Komponente auf den Rest der Infrastruktur auswirken. Das haben wir schon für ihn übernommen. Offene Schnittstellen sorgen zudem dafür, dass sich Mitbewerber-Produkte von IBM oder Bea integrieren lassen.

Ein anderes Thema sind die Softwarekosten. Hier haben wir für JES ein einfaches Lizenzmodell geschaffen: Hundert Dollar jährlich pro Mitarbeiter. Mit einer solchen Formel lassen sich Softwarekosten einfach kalkulieren.

ZDNet: Sowohl der Middleware-Stack als auch das Preismodell dafür sind im vergangen Jahr eingeführt worden. Wie wird beides angenommen?

Schneider: Wir haben in Deutschland 33.600 JES-Lizenzen verkauft. In Deutschland erwirtschaften wir derzeit über 10 Prozent des JES-Konzern-Umsatzes. Einzelne Komponenten daraus noch weit häufiger. Im Identity-Bereich waren es allein im vergangenen Quartal 80 Millionen Lizenzen. Single-Sign-On für Kunden ist ein großes Thema. Aber wie gesagt. Wir sehen das als Infrastruktur- und Lösungsgeschäft, nicht als Software-Geschäft.

ZDNet: Mit diesem softwaregestützten Infrastrukturgeschäft sprechen sie vor allem Entwickler an. Dafür braucht man ganz andere Argumente als für den Verkauf von Rechnern. Können Ihre Vertriebsmitarbeiter das?

Schneider: Unsere Ansprechpartner sind zwar tatsächlich oft Entwickler. Aber wenn es darum geht, neue Services möglichst rasch zu etablieren, dann sprechen wir auch mit der Geschäftsebene. Unsere Strategie ist daher, dass ein Key Account Manager für unser gesamtes Produktportfolio zuständig ist. Er spricht auf Nutzenebene mit dem Kunden. Unterstützt wird er dabei von rund 400 Mitarbeitern, die früher technisch ausgerichtet waren und jetzt Practices zugeordnet werden. Dort gibt es Fachleute, die darauf spezialisiert sind, Software zu verkaufen. Aber bevor es dazu kommt, sehen wir uns die jeweilige Situation beim Kunden an. Diese Situation muss die „Solution-Gruppe“ in Angebote und dann in Lösungen übersetzen.

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