Software-Patente gefährden das Open Source-Konzept

KOMMENTAR: Die so genannten Software-Patente sind heiß umstritten. Ein Thema, das bislang nur die Juristen in den Patentämtern und in den großen Firmen umtrieb, hat inzwischen zu einer Bundestagsdebatte geführt und sogar in die Tageszeitung gefunden. Dabei geht es nicht etwa um die Einführung neuer, sondern lediglich um die Harmonisierung bestehender Regelungen.

KOMMENTAR: Obwohl es auf den ersten Blick keinen direkten Zusammenhang zu geben scheint, wehren sich vor allem die Vertreter der Open Source-Bewegung gegen die Patentierung von „computerimplementierten Erfindungen“. Tatsächlich besteht die Gefahr, dass der Schutz von Verfahren (Patente) und nicht von Code (Urheberrecht), insbesondere die große Zahl der Open Source-Entwickler in Schwierigkeiten bringt, die bekannte Produkte und Verfahren wie Unix-Betriebssysteme oder Datenbanken in offenen Code überträgt.

Das Problem der Trivialpatente

Es gibt aber auch andere Kritiker: Viele befürchten, die großen IT-Firmen könnten die Welt mit jeder Art von Patenten überschwemmen, um mögliche Entwicklungen von Konkurrenten und vor allem von kleineren Softwareschmieden schon im Vorfeld abzublocken. Auf diese Weise würde entgegen der eigentlichen Absicht der IT-Fortschritt insgesamt gebremst. Die Ängste sind zum Teil durchaus berechtigt. So gibt es die Erfahrung insbesondere mit der US-amerikanischen Praxis, wo genau die oben beschriebene Situation eingetreten ist – allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: der Fortschritt ist nicht wahrnehmbar behindert worden. Noch immer kommen die meisten neuen IT-Trends aus den USA.

Bei allen Differenzen zwischen den Vorstellungen von EU-Rat, europäischem Parlament, Patentämtern sowie großen und kleinen Unternehmen strebt keine dieser Parteien amerikanische Verhältnisse an. Tatsächlich muss man dort fürchten, dass jemand das Verfahren zum Öffnen einer Tür per Schlüssel, oder den Vorgang der Bezahlung eines Kaufs mit Bargeld zum Patent einreicht. Diesseits des großen Teiches ist man sich in der Ablehnung solcher Trivialpatente einig. Allerdings bezweifeln die Kritiker, ob der Entwurf des EU-Rates, diesem Bekenntnis Rechnung trägt, manche trauen auch dem etwas strengeren Entwurf des EU-Parlaments keine positive Wirkung zu.

Gegen Trivialpatente helfen soll die in allen Entwürfen enthaltene Forderung, dass computerimplementierbare Erfindungen einen technisch neuen Beitrag liefern und wirtschaftlich verwertbar sein sollen. Gestritten wird nun vor allem darum, wie technisch herausragend eine Erfindung nach dem neuen Gesetz sein muss, um patentfähig zu sein. Die Kritiker bevorzugen hier die eindeutigeren Formulierungen des EU-Parlamentes. Tatsächlich aber wird über die Patenfähigkeit aber in der Praxis, sprich in den Patentämtern entschieden. Das Europäische Patentamt versichert etwa, dass nicht-technische Anträge, wie sie eine zeitlang vor allem von US-Unternehmen gekommen seien, ungeprüft zurückgewiesen würden. Bei der Beurteilung der Höhe des technischen Beitrags behilft sich die Behörde damit, dass dieser für einen Fachmann eindeutig erkennbar sein müsse. Man gehe dabei streng zu Werke, da man für die Probleme der Trivialpatente sensibilisiert sei.

Allerdings werfen Kritiker dem Europäischen Patentamt vor, schon rund 30.000 solcher Trivialpatente vergeben zu haben. Dabei argumentieren die Patentkritiker allerdings nicht immer ganz fair. So ist zu bezweifeln, dass der in diesem Zusammenhang oft angeführte Fortschrittsbalken (ein kürzlich ausgelaufenes IBM-Patent) oder der elektronische Warenkorb des Onlinehändlers Amazon zu den gefürchteten Trivialpatenten gehören. Als der Fortschrittsbalken als Teil der grafischen Benutzerfläche entwickelt wurde, war er durchaus hoch innovativ – auch wenn zweifelhaft ist, ob die Idee tatsächlich von der IBM stammte. Ähnliches gilt für den Warenkorb. Kurz: Viele als trivial bezeichnete Patente sind dies nur aus heutiger Sicht. Tatsächlich fragt man sich, ob zwanzig Jahre Patentschutz in der Software-Branche nicht etwas sehr lang sind. Das von den Kritikern bevorzugte Urheberrecht (das sich auf den Code bezieht) gilt allerdings sogar bis 70 Jahre nach den Tod des Urhebers.

Themenseiten: Analysen & Kommentare, IT-Business

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

6 Kommentare zu Software-Patente gefährden das Open Source-Konzept

Kommentar hinzufügen
  • Am 12. April 2005 um 11:16 von Bald Raubkopierer :)

    Total bekloppt
    Wenn sich das durchsetzt, werden alle zu extremen Cyberpiraten & Raubkopierern und ich könnts vollstens verstehn! Dadurch hätten die Goßfirmen keinen Umsatz mehr und auch nicht mehr Geld. (<– eigentlich Schwachsinn, aber schöhn wärs)

  • Am 23. November 2004 um 11:28 von gedankensindfrei

    Patente nur auf Hardware-Produkte
    Patente sollte es nur auf anfassbare Produkte geben, d.h. Hardware im weitesten Sinn, damit wäre das Patentwesen weltweit ausgelastet. All die weichen unkontrollierbaren sonstigen Ideen, die immer mehr zunehmen, sollten frei verfügbar sein, nach dem Motto "Die Gedanken (Ideen) sind frei".

  • Am 23. November 2004 um 1:49 von Patentomat

    noch besseres Patent:
    Ich melde ein Patent auf "Atmen mit einer Lunge" an.
    Und habe dann 6 Mill. Lizenznehmer

  • Am 22. November 2004 um 22:58 von Thomas B.

    Wo führt das hin?
    Wo soll das alles hinführen? Alles wird immer komplizierter. Der Staat soll erst mal zusehen das er mit den Problemen die er jetzt hat zurechtkommt und sich nicht noch mehr Probleme bereiten, irgendjemand muss ja auch die Patente verwalten.
    Es gibt einfach leute die versuchen einfach aus allem geld zu schlagen. Ohne Open Source Software stehen auch die ach so tollen unternehmen doof da. Und für normale User werden einfachste Programme unerschwinglich. Die ganze Computer wird ausgebremst und Computer werden nur noch etwas für Besserverdiener sein, der Markt schmilzt, die Kos6ten werden an immer weniger Benutzer weitergegeben, es wird unrentabel, das system bricht zusammen, toll, nur weil ein paar leute geldgeil sind.

  • Am 22. November 2004 um 19:34 von R. Meinsen

    Mau
    Der Artikel ist echt unausgewogen.

    Was z.B. an einer Füllstandsanzeige vor 20 Jahren innovativ gewesen sein soll ist mir rätselhaft. Siehe z.B. in Dampfmaschinenzeit.

    Wer sich schon mal in den Patentdatenbanken umgeschaut hat weiss, wieviel Trivialität dort verklausuliert abgeladen ist.

    Man stelle sich vor, ein Hund liefe durch die Gegend und markiere sein Gebiet und dann müssten tatsächlich alle folgenden Hunde Pissgebühren zahlen.

    Lächerlich, aber zu Anwalts Freude
    droht Schlimmeres mit "Ich hab das zuerst gedacht" nun in der Realität.

  • Am 22. November 2004 um 12:30 von MM

    in ein Textfeld schreiben…
    Was passiert denn dann mit den Entwicklungsumgebungen wie VB & C++? Werden die dann ohne Codebeispiele und Fortschrittsbalken oder gar Texteingabefelder ausgeliefert? Dahinter stecken nunmal Verfahren zur eingabe und Verarbeitung von Daten, die immer wieder reproduziert und benötigt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *