ZDNet: Damit hauen Sie in die selbe Kerbe wie Professor Rainer v. Ammon, Research Director for Bank Innovation an der Universität Regensburg. Dieser erklärte kürzlich bei einer gemeinsam mit BEA durchgeführten Präsentation von Bankensoftware, dass J2EE viel zu komplex sei. Die Entwicklungsumgebung sieht er an einem ähnlichen Punkt angelangt wie CORBA vor wenigen Jahren. Es sei dringend angeraten, die Komplexität von J2EE „besser zu verbergen“ um gegen Microsofts .Net und Visual Basic bestehen zu können. Ist J2EE das neue CORBA?
Laborey: Da stimme ich weitgehend zu. Es ist ja nicht nur die Komplexität von J2EE – es geht auch um das Setzen von Standards. Microsoft ist immer sehr schnell im Markt gewesen, denn Implementationen sind entscheidend. CORBA war da immer das Gegenteil: Viele kluge Köpfe machten sich monatelang Gedanken, bevor irgendetwas geschah. Es ist also nicht nur die Komplexität, die CORBA behinderte, sondern auch die Langsamkeit der Umsetzung. Nehmen Sie als Beispiel CCM, das CORBA Component Model, einer J2EE-Version von CORBA. Das gibt es zwar, kaum einer spricht aber auch nur darüber, weil es einfach viel zu spät in den Markt getragen wurde. Der Professor hat vollkommen recht: J2EE ist zu komplex, und die Arroganz der Java-Entwickler ist besorgniserregend.
Wir von Jboss versuchen dagegen, mittels Plain Old Java Object Programming (POJO) zu innovieren, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zudem wollen wir POJO als Standard durchsetzen. Das alles passiert am schnellsten und besten über Implementationen. Implementieren um zu innovieren, sozusagen. Und dann schnellstmöglich standardisieren. Das Verkaufen von Lizenzen ist nämlich nicht wichtig für uns. Tatsächlich vergeben wir keinerlei Lizenzen. Vielmehr streben wir einen Massenmarkt für POJO an.
Genauso verhält es sich mit den Jbeans: Wir sind seit neustem Mitglied des EJB-Komitees und haben davon viel in Jboss 4 einfließen lassen. EJB 3 ist bestimmt so einfach zu nutzen wie .Net, man bekommt aber zusätzlich die Durchschlagskraft des Java-Camps dazu.
ZDNet: Würde es helfen, Java quelloffen zu machen? Eine beliebte Forderung von Red Hat beispielsweise.
Labourey: Ja und nein. Es wäre schon ein großes Plus, keine Frage, aber auf unserer Agenda steht das weit unten. Sun hat meiner Meinung nach großartige Arbeit geleistet, Java dorthin zu bringen, wo es heute ist. Ich glaube nicht, dass das viele andere Unternehmen ähnlich hätten stemmen können. Man sollte ihnen ihr Baby nicht einfach so wegnehmen. Es gibt auch so genügend Möglichkeiten, frischen Wind in die Java-Entwicklung zu bringen.
ZDNet: Open Source Java wird also auf absehbare Zeit nicht existieren?
Labourey: Das habe ich nicht gesagt. Wenn bestimmte Voraussetzungen zutreffen, kann es sehr schnell gehen. Wenn sich etwa die Branchengrößen zusammensetzen und einen sinnvollen Plan vorlegen können, der allen nutzt, dann könnte das passieren. Möglicherweise binnen sechs Monaten. Wir würden dass sehr gerne unterstützen. Aber alle müssten davon profitieren, nicht nur ein Unternehmen wie in diesem Fall Red Hat.
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