US-Linux im Aufwind: Suses Übernahme beflügelt Red Hat

ZDNet: Dann fällt das in Ihre Verantwortung. Hier in München habe ich mitbekommen, dass sich Mitarbeiter der Stadt München gegen den Suse-Desktop sperren und auf ihrem Windows beharren. Wie wollen Sie damit in Wien umgehen?

Knoblich: Erstmal: Das Projekt in München ist noch lange nicht in der Hand von Suse – im Gegenteil: da ist noch alles offen! Die Stadt hat noch gar nichts entschieden. Im Rennen sind insgesamt noch fünf Bieter mit unterschiedlichen Linux-Distributionen: Red Hat-, Suse- und Debian-Linux.

ZDNet: Novell hat nicht zuletzt auf seiner Brainshare-Konferenz München als Vorzeigeprojekt angeführt.

Knoblich: Aber da ist noch lange nichts entschieden. Wir sind nach wie vor im Rennen! Gerade heute haben wir ein aktualisiertes Angebot abgegeben. Die Entscheidung fällt aber erst in den kommenden Wochen. Definitiv ist dagegen Wien. Auf der Server-Seite kommt 100 Prozent Red Hat Linux als Ersatz für NT zum Einsatz, auf den Clients wollen die Wiener einen auf Debian basierenden Eigenbau einsetzen. Der Nutzer kann aber auch bestimmen, dass er weiterhin unter Windows arbeitet. Daher ziehen wir das ganz langsam und ohne autoritäre Entscheidungen durch.

ZDNet: Das sind schlechte Nachrichten für Suse. Gerade im deutschsprachigen Raum wurde Suse doch zumeist der Vorzug gegeben. Nun greifen sie die Firma auch in ihren Stammlanden an. Weltweit haben Sie ja eh die Nase vorn. Was machen Sie besser als Suse?

Knoblich: Was machen wir besser? Ich vermute zum einen, dass wir eine eindeutige und klare Open Source-Strategie verfolgen. Unsere Open Source-Architektur haben wir vor zwei Jahren aufgelegt und halten uns daran. Der Kunde weiß was kommt. Suse Anteil am Gesamtumsatz von Novell liegt bei vier oder fünf Prozent. Nach wie vor verdient Novell also in der Hauptsache sein Geld mit proprietärer Software… Kunden mögen aber keine Unsicherheiten. Das zweite ist, dass wir auf ein komplettes Ecosystem von Hard- und Softwareherstellern zurückgreifen können, die von uns zertifiziert wurden. Nummer drei ist die Qualität unserer Produkte. Wir waren schon immer Enterprise-fokussiert, während Suse Feature-fokussiert ist. Sie haben viele neue Features, über die wir noch nicht verfügen. Es gibt aber gute Gründe, warum wir die noch nicht eingeführt haben: Sie sind einfach noch nicht Enterprise-ready. Wir supporten ein Produkt sieben Jahre lang – da sind Stabilität und Wartbarkeit Voraussetzung. Zum Vergleich: Unser Kernel hat derzeit weniger als 100 Patches, der von Suse über 1500. Weiteres Unterscheidungsmerkmal zu Suse ist das Red Hat Network mit seiner Systems-Management-Funktionalität. Das wird von unseren Kunden sehr hoch geschätzt.

ZDNet: Zusammengefasst und auf den Punkt gebracht ist Ihnen Suse also zu „proprietär“?

Knoblich: Es ist eine klare Frage der Strategie. Ohne Novell war Suse sehr stark im deutschsprachigen Raum, international waren sie aber praktisch nicht existent. Mit Novell als internationaler Firma versucht man nun natürlich, auch im Ausland Fuß zu fassen. Man tut sich aber schwer, weil Novell eine historisch gewachsene Firma ist und nicht von heute auf morgen in Linux machen kann. Wenn Sie Mal eine Firmenübernahme mitgemacht haben, dann wissen Sie, dass da Kulturen aufeinander prallen. Im Falle von Novell und Suse ist der Fall sogar extrem: Auf der einen Seite ein Open Source-Unternehmen, auf der anderen eine Utah-basierende Firma. Das ist noch mal eine Ecke härter als wenn sie aus dem Silicon Valley kommen würde.

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