Eine neue Studie von Handysoft zeigt, dass fast die Hälfte der Vorstände der 10.000 größten Firmen in Europa über die Ausgliederung ganzer Geschäftsprozesse nachdenkt. Dies ist der erste Schritt auf dem Weg hin zu dem, was Managementberater „virtuelle“ Unternehmen nennen. Damit sind Unternehmen gemeint, die abgesehen vom Kerngeschäft alle Geschäftsprozesse ausgliedern.
Etwa 15 Prozent der größeren europäischen Unternehmen haben bereits Business Process Outsourcing (BPO) implementiert. 48 Prozent denken bereits auf der Vorstandsebene aktiv über derartige strategische Initiativen nach. Damit ist klar, dass in den nächsten Jahren im Bereich BPO mit dauerhaften Zuwächsen zu rechnen ist. Für BPO typische Prozesse sind etwa die Beantwortung von Kundendienstanfragen, die Bearbeitung von Devisentransaktionen, die Softwareentwicklung, die Installation von Hardware- und Software-Upgrades, das Hosting und Management von Datenbanken mit Interessentendaten, die Lohnbuchhaltung und die Verwaltung der Zusatzleistungen für Mitarbeiter. Die am stärksten am BPO interessierten Wirtschaftszweige sind Versorger (19 Prozent) und Finanzdienstleister (18 Prozent), vermutlich weil der Konkurrenzdruck dort dazu zwingt, gleichzeitig sowohl die Kosten zu senken, als auch den Standard des Kundenservice zu wahren – oder sogar zu verbessern.
Die Vorstellung, kontinentaleuropäische Länder seien am Outsourcing weniger interessiert als Großbritannien, erweist sich als falsch: In Frankreich sind es bereits 20 Prozent der Vorstände, die BPO zu schätzen wissen, BPO gegenüber aufgeschlossen sind oder es bereits umgesetzt haben. Damit führt Frankreich, dicht gefolgt von Großbritannien (17 Prozent). Deutschland liegt mit 15 Prozent noch an dritter Stelle, doch für die nächsten zwei Jahre dürfte mit rapidem Wachstum zu rechnen sein, da der Outsourcing-Markt insgesamt in letzter Zeit enorm zugelegt hat. In den Niederlanden (3 Prozent) und Skandinavien (9 Prozent) steht man dem Outsourcing allerdings weniger aufgeschlossen gegenüber. Dort scheint man sich mehr auf die interne Implementierung von Business Process Management (BPM) zu konzentrieren, um die Unternehmenseffizienz und Transparenz auf diese Weise zu steigern.
Die Studie zeigt jedoch auch die Kehrseite der Medaille: nämlich, dass 52 Prozent der 10.000 größten Unternehmen Europas nicht aktiv über die Ausgliederung von Geschäftsprozessen nachdenken. Diese Unternehmen investieren in Software für das Business Process Management (BPM), um den vielen aufsichtsrechtlichen Vorschriften zu genügen, die derzeit neu erlassen werden. Diese Software soll dabei helfen, Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu überwachen, beste Praxis zu erkennen und durchzusetzen, die Einhaltung aller Vorschriften sicherzustellen und das Risiko zu mindern. Tatsächlich ist die technologische Basis für das Business Process Management dieselbe, egal ob Geschäftsprozesse intern erledigt oder ausgegliedert werden.
Wendy Cohen, Sales and Operation Director EMEA von HandySoft, meint dazu: „Unternehmen, die sich unter Druck sehen, ihren Betrieb und ihre Finanzberichterstattung klarer zu gliedern, denken darüber nach, bestimmte Geschäftsprozesse entweder auszugliedern oder durch interne Systeme zu verbessern. Zwar hat sich BPO noch nicht bei der Mehrheit durchgesetzt, doch der derzeitige Anteil von 15 Prozent in Nordeuropa zeigt, dass ein wichtiger Anfang gemacht ist. Die Tatsache, dass viele Vorstände jetzt darüber nachdenken, lässt für die nächsten Jahre erhebliche Zuwachsraten erwarten. Dies bedeutet natürlich auch signifikante Zuwächse für Software, die das Business Process Management ermöglicht, egal ob diese auf Lizenzbasis intern oder – was zunehmend der Fall ist – auf Transaktionsbasis von einem BPO-Anbieter implementiert wird.
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1 Kommentar zu Frankreich in Europa führend beim Business Process Outsourcing
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CEOs versagen
BPO kann man auch als das Versagen einer Firma bezeichnen.
Der Kernprozess jeder Firma nennt sich Order to Cash. Alles, was sich zwischen diesen beiden Zeitpunkten abspielt, muss unter Kontrolle des Unternehmens bleiben.
Begibt man sich hier in die Abhängigkeit von Outsourcern, ist es um einen geschehen. Das beste Beispiel ist im Moment Quelle. Da sind die Zahlen so schlecht, dass das Versandhaus die eigenen Geschäftsaktivitäten im Versand – das eigentlich Know-how des Versenders – an DHL outgesourced hat.
Was für ein Unsinn. Doch es geht diesen Unternehmen nicht mehr um Bessermachen sondern nur noch ums Überleben. Da wird das Tafelsilber verkauft, um schnell Cash zu generieren. Dass die Marge in diesem Umfeld massiv sinkt, steht auf einem anderen Papier. Man hat sich kurzfristig freigekauft.
Doch der Boomerang kommt bald zurück.
Jedes Unternehmen, dass Probleme in seinen Kernbereichen hat, muss hart arbeiten um sich zu sanieren. Die Sache outzusourcen ist nichts anderes als Faulheit, anstatt sich selbst um das Problem zu kümmern.
Best Practices kann man sich auch bei anderen ansehen und abkupfern. Dafür bracuht man keinen Outsourcer. Größeneffekte? Niemand kann mit erzählen, dass Quelle nicht die notwendige Größe hätte, um den Versand selbst kostenoptimal zu organisieren.
Ein Blick auf den Weltbild-Verlag und die Konkurrenz genügt.
Gruß