Die Schlacht um Retek ist entschieden: Am 8. März 2005 gab Oracle ein Gegenangebot in Höhe von neun Dollar pro Aktie für Retek bekannt. Die SAP America hatte zuvor 8,50 Dollar pro Retek-Aktie geboten. An diesem und dem darauf folgenden Tag kaufte Oracle fast zehn Prozent der ausstehenden Retek-Aktien, also rund 5,5 Millionen Aktien. Am 21. März unterzeichneten Oracle und Retek eine bindende Übernahmeerklärung. Je Retek-Aktie zahlt der weltweit zweitgrößte Softwareanbieter 11,25 Dollar und damit 25 US-Cent mehr als SAP geboten hatte. Nun gab Gartner seine Bewertung der Vorgänge ab und stellte Empfehlungen für alle Beteiligten aus.
Oracle-Kunden aus dem Bereich Einzelhandel sollten diese Nachricht begrüßen, denn sie bietet ihnen die Aussicht auf eine Lösung aus einer Hand für ihre Einzelhandels-Anwendungen. Die Ankündigung sei zudem, kurzfristig gesehen, eine gute Nachricht für Retek-Kunden: Wäre die SAP der Käufer von Retek geworden, wären Retek-Kunden wahrscheinlich zu einer raschen Migration gezwungen, während Oracle die Kunden wahrscheinlich erst ab dem Jahr 2008 zu einem Umstieg drängen wird. Jedoch, über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren betrachtet, wären Retek-Kunden angesichts des mangelnden Erfolgs von Oracle mit Anwendungen für vertikale Märkte besser bedient gewesen, wenn SAP gewonnen hätte.
Oracle braucht Retek, um im Einzelhandels-Segment Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen; kein anderer Anbieter von Einzelhandelslösungen kann Oracle beim Aufbau entsprechender Glaubwürdigkeit helfen. Obwohl SAP bei dieser Akquisition versagte, wird es nach wie vor ein glaubwürdiger Wettbewerber im Einzelhandels-Segment bleiben.
Ungeachtet dessen, dass Oracle die Nase vor SAP im Ziel hatte, werden Retek-Kunden zu einem umfangreicheren Upgrade gezwungen sein (ähnlich einer neuen Produktinstallation); es ist lediglich eine Frage des Timings, und der Hersteller wird nur ein paar Software-Tools zur Datenmigration bereitstellen können. Nach Aussage von Oracle soll die Retek-Produktlinie beibehalten werden, bis sie durch ein Produkt aus Oracles „Fusion“-Projekt ersetzt wird. Dabei handelt es sich um eine Initiative zur Integration von Unternehmensanwendungen auf einer gemeinsamen Plattform. Das Festhalten an der Retek-Produktlinie würde die Anzahl der Anwendungs-Stacks, die Oracle unterhalten muss, erhöhen und damit Fusion komplizieren.
Gartner hat konkrete Empfehlungen ausgesprochen: Retek-Kunden sollen ernsthaft erwägen, jedes Projekt auf Eis zu legen, dass den Einsatz von Retek-Funktionalität auf Oracle-Technologie-fremden Stacks vorsieht. Das Beratungsunternehmen mahnt die Fortsetzung von Retek-Projekten an, die Kernfunktionalität für den Einzelhandel enthalten. Gleichzeitig sollen sich die Anwender von Projekten mit überlappenden administrativen Funktionen fernhalten. Hilfreich sei es auch, die Einführung der Oracle E-Business-Suite bis zum Jahr 2007 zu planen, wenn man von der Oracle-Funktionalität profitieren möchte, bevor das „Fusion“-Projekt Ergebnisse liefert.
Für Oracle-Kunden bedeutet der Deal übrigens, dass sie mit der verspäteten Auslieferung von Produkten aus dem „Fusion“-Projekt rechnen müssen.
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