Die Haltung großer Softwareunternehmen zu Patenten ist selbsterklärend: Wer umfangreiche Programme schreibt und viele Patente besitzt, will daran auch gut verdienen. IBM und Microsoft gehören damit zu den größten Verfechtern von Softwarepatenten. Auf der anderen Seite stehen zumeist Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Sprecher der Open Source-Bewegung.
Für die Free Software Foundation beispielsweise ist die Sachlage klar: Der Präsident der europäischen Abteilung, Georg Greve, bezeichnete Softwarepatente in einem Interview mit der „Zeit“ als Job- und Konjunkturkiller. Kleine und mittelständische Unternehmen erlitten durch sie große Verluste. Denn „etliche Unternehmen kämpfen mit erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten und können ihr Geld nur einmal ausgeben: entweder für Innovation und Mitarbeiter oder für Patente“, kritisierte Greve. Vorteile brächten derartige Patente lediglich Großindustriellen. Ähnlicher Ansicht sind übrigens wie berichtet auch die Grünen, aber überraschenderweise auch die FDP.
Greve kritisiert konkret die Patentpolitik des Großkonzerns Microsoft: „Trotz Anstrengungen der PR-Abteilung, Microsoft nett erschienen zu lassen, bekämpft der Konzern freie Software mit allen politischen, rechtlichen und technischen Mitteln.“ Wer beispielsweise mit Patentinhabern ein Lizenzabkommen eingeht, erhält zwar Zugang zu sonst versperrten Informationen und Bereichen, diese Informationen dürfen aber nicht weitergeben werden. Dieses Verbot widerspricht dem Gedanken von freier Software.
Nach einer Teilauswertung einer Umfrage des Wirtschaftsministeriums zu Softwarepatenten durch die Initiative „No Software Patents.com“ vom März dieses Jahres fürchten 60 Prozent der deutschen IT-Unternehmen, dass Softwarepatente ihre Existenz gefährden. Nur 6,3 Prozent der Firmen sehen sich in der Lage, Softwarepatente selbst zu recherchieren. Die meisten der Firmen sind sogar davon überzeugt, dass sie sich eine vollständige Überprüfung aller bestehenden Patente gar nicht leisten könnten. Bei Rechtsstreitigkeiten träte deshalb der Insolvenzfall oder die Geschäftsaufgabe entweder bereits bei einer Klagedrohung oder spätestens im Rahmen eines Prozesses ein.
Dadurch fühlen sich die meisten Firmen erpressbar. Einzelne Einsender nannten sogar die Nummern der europäischen Patente, die sie als Bedrohung für ihren Betrieb ausmachen konnten. Elf Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen mindestens 50, einzelne sogar mehr als 1000 Mitarbeiter. Die Ergebnisse wurden bisher nur in einer Teilauswertung veröffentlicht. Die vollständige Auswertung kann als PDF-Dokument eingesehen werden. Darin wird ein weiteres Mal die ambivalente Haltung der Bundesregierung sowie die sehr der Großindustrie verpflichteten Politik der Bitkom deutlich.
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2 Kommentare zu Softwarepatente: Deutschland ist dagegen und stimmt dafür
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Berichtigung
Die im vorletzten Absatz erwähnte Umfrage wurde nicht von nosoftwaresatents.com durchgeführt, sondern vom Institut für Internetsicherheit im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.
Falsch ist auch, dass nur 6,3 Prozent der Firmen sich nicht in der Lage sehen, Softwarepatente selbst zu recherchieren. Tatsächlich sind es etwa 97 Prozent, wie der Auswertung selbst zu entnehmen ist: "Die Recherche trauen sich nur 6,3% qualitativ zu, und über die Hälfte von diesen weist wiederum darauf hin, rein quantitativ überfordert zu sein."
Mehr Infos zur Unfrage und Studie z.B. unter http://www.heise.de/newsticker/meldung/58222
AW: Berichtigung
Sehr geehrter Herr Halbleib, tatsächlich hat sich im Text ein "nicht" zu viel eingeschlichen. Vielen Dank für Ihren Hinweis,
Dietmar Müller, Redakteur.