Firefox: Hinter den Kulissen des Mozilla-Hauptquartiers

ZDNet: Firefox ist bekannt für umfangreiches Community-Marketing, wie beispielsweise die Anzeigenkampagne in der New York Times oder die Spreadfirefox-Website. Was kommt als nächstes?

Dotzler: Es wird weniger Werbegags wie die Anzeige in der New York Times geben. Wir werden uns mehr auf Routinemarketing konzentrieren. Die Medien berichten nur über Neuigkeiten, wenn diese auch wirklich neu sind. Inzwischen gibt es bereits zehn verschiedene Kopien der Spreadfirefox-Aktion, zum Beispiel SpreadIE.com oder Spreadopera.com. Firefox ist nichts Neues mehr, demnach wird es auch keine PR dieser Art mehr geben.

ZDNet: Was unternehmen Nutzer, um die Verbreitung von Firefox voranzutreiben?

Dotzler: Viele machen sehr verrückte Sachen, manche nähen sich einen Firefox (übrigens: ein „Firefox“ ist ein kleiner Panda aus Nepal) an den Hut, oder malen das Firefox-Logo auf ihr Gesicht und besuchen dann ein Footballspiel. Eine der Aufsehen erregendsten Aktionen war sicherlich die der Linux User Group an der Oregon State University. Sie hat ein Firefox-Logo direkt auf den Campus gemalt. Diese Geschichte fand auch ihren Weg in die lokalen Medien und die Universitätszeitschrift.

Genauso funktioniert Grassroots-Marketing. Eine kleine Gruppe von Menschen führt eine Aktion in ihrer Umgebung durch. Viele dieser Aktionen werden in größeren Zeitungen nicht erwähnt, wir planen jedoch auch einige größere Projekte.

Ich bin nicht der typische Marketingmanager, der zu seinen Leuten sagt: „Ich bin Asa und dieses Projekt werdet ihr durchführen“. So etwas hört man nicht von mir. Eine Gruppe Jugendlicher aus Indien wollte eine Firefox-Open-Source-CD erstellen, die dann von der Regierung im ganzen Land verteilt werden sollte. Wir haben sie bei ihren Bemühungen unterstützt, die CD zu produzieren. Diese Art von Marketing unterstütze ich besonders.

» Normale Menschen wie meine Mutter haben sich nicht mehr getraut, das Internet zu nutzen, aus Angst vor diesen Dingen. Mit Firefox erwiesen sich viele Sicherheitsbedenken als unbegründet. «

Ein Abgeordneter des walisischen Parlaments hat seinen Kollegen vor kurzem empfohlen, Firefox zu verwenden. Er schickte mir das Protokoll der Parlamentssitzung, das sich jetzt auch in den offiziellen Archiven befindet. An so etwas hätte ich nie gedacht. Wenn man die einfachen User beobachtet, fallen einem die besten Ideen auf. Und oft sind gerade das die Ideen, die uns nie eingefallen wären.

ZDNet: Warum halten sie Grassroots-Marketing für dermaßen effektiv?

Dotzler: Wenn Hunderttausende Grassroots-Marketing betreiben, ist das viel effektiver als traditionelle Marketingmaßnahmen. Wenn man zum Beispiel von Sony gesagt bekommt, wie toll deren neuer Walkman ist, ist das eine Sache. Wenn aber tausende Walkman-Nutzer das behaupten, dann hält man deren Meinung für glaubwürdiger als die der Marketingabteilung.

Bei Firefox sind es die einfachen Nutzer, die ihre Meinung nicht preisgeben würden, wenn das Produkt nicht so gut wäre. Banner-Ads oder ein TV-Spot müssen unzählige Male wiederholt werden, um etwas zu verkaufen. Bei Empfehlungen von Freunden oder Nachbarn hingegen ist – in diesem Sinne – eine Wiederholung ausreichend.

ZDNet: Innerhalb der Open-Source-Community ist schon immer die geringe Beteiligung von Frauen aufgefallen. Sind es größtenteils Männer, die bei Spreadfirefox mitwirken?

Dotzler: Diesbezüglich haben wir keine Zahlen, da wir nicht nach dem Geschlecht fragen. Ich kann aber aufgrund meiner eigenen Erfahrung im Austausch mit den Teilnehmern sagen, dass in der Spreadfirefox-Community ein weit ausgeglicheneres Bild herrscht, verglichen mit unserer Entwicklungsabteilung oder der Qualitätskontrolle. Bei den Entwicklern findet man unter 100 Programmierern nur einige wenige Frauen. Im Bereich Qualitätssicherung sind unter tausend Angestellten hunderte Frauen und im Marketing waren drei Frauen unter zehn Mitarbeitern, die vor kurzem eine Auszeichnung erhielten.

Wir haben immer eine weit gefächerte Basis gehabt, es ist natürlich eine wünschenswerte Entwicklung, die sich beim Frauenanteil der Community abzeichnet. Genauso beteiligen sich immer mehr Menschen aus den verschiedensten Altersgruppen. Viele Kinder bringen Firefox an ihre Schulen. Eines was ich an Spreadfirefox besonders schätze, ist die Tatsache, dass niemand ausgeschlossen wird. Es macht Spaß, in einer dynamischen und facettenreichen Umgebung zu arbeiten.

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4 Kommentare zu Firefox: Hinter den Kulissen des Mozilla-Hauptquartiers

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  • Am 15. August 2005 um 18:41 von gnu

    Warum nicht Thunderbird
    Hallo, ich möchte gern Thunderbird nutzen, aber er ist um einiges langsamer als Outlook Express.

    • Am 17. August 2005 um 15:13 von Ein User

      AW: Warum nicht Thunderbird
      Das Programm selbst ist sicher nicht langsamer als Outlook Express. Allerdings dauert das Starten länger, was daran liegt, dass von Outlook Express schon beim Hochfahren Teile mitgeladen werden. Das ist bei Thunderbird nicht der Fall, da es natürlich nicht so in Windows integriert ist. Allerdings sind auch unabhängig davon die Startzeiten sowohl von Firefox als auch von Thunderbird zu lang und haben schon so manchen wieder zurück zu Microsoft oder anderen Anbietern gebracht. Wenns Möglichkeiten gibt (Opera startet z. B. samt Mailclient wesentlich schneller) sollte Mozilla hier dringend dran arbeiten. Zeit ist nun mal – besonders in Unternehmen – Geld!

  • Am 11. August 2005 um 21:54 von Franz Oswald

    Firefox Männer
    in der Bildergalerie sehe ich lauter Männer; arbeiten bei Firefox keine Frauen? Ich verlange Parität!!
    Franz Oswald aus Wien

    • Am 17. August 2005 um 15:10 von EinUser

      AW: Firefox Männer
      Die waren doch hinten in der Küche am Herd und bereiteten das Abendessen vor Mensch!

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