Der Boss von Jboss zieht einen Schlussstrich

ZDNet: Und Ihre Software bleibt auch weiter unter der LGPL?

Fleury Das ist richtig. Und unsere Software ist und bleibt frei verfügbar. Sie ist Open Source. Die LGPL ist übrigens unwiderrufbar. Im Fall Brockhaus sprechen aber nicht über Software, sondern ausschließlich über unser Schulungsmaterial. Das ist sehr wichtig für uns, weil wir ausschließlich mit Support und Service Geld verdienen. Wenn jemand unsere begleitenden Unterlagen klaut werden wir echt sauer. Was wären wir sonst für Geschäftsleute? Wie würden Sie sich fühlen, wenn jemand Ihren Artikel nimmt, seinen Namen darunter setzt und als seinen eigenen verkauft? Ich glaube ein solches Verhalten wird nirgends auf dieser Welt toleriert. Auch wir tolerieren das nicht.

Gerade in Deutschland wurde aber auch die Frage gestellt, ob wir es moralisch vertreten könnten, Geld für die Nutzung unseres Namens zu verlangen… ich nehme diesen Aspekt sehr ernst, aber die ganze Firma lebt nun mal von unserem „Brand“ – also muss ich ihn mit Klauen und Zähnen verteidigen. Brockhaus hat nun mal keine Rechte am Brand. Und auch nicht Rickard Öberg. Wir sprechen von Open Source, nicht von „Open Brand“.

ZDNet: Die Affäre könnte dennoch Spuren hinterlassen haben – in Teilen der Community war man nicht gut auf Jboss zu sprechen. Sind Sie sich auch weiterhin des Support durch die OSS-Gemeinde sicher?

Fleury: Unbedingt. Unsere Community ist eine der größten überhaupt. Bei uns läuft es übrigens auch nicht anders als bei Linus (Torvalds): Er hat etwa 1000 Leute, die Code (zum Kernel) beitragen. Davon schreiben nach seinen Angaben höchstens 20 Prozent wirklich am Code, der Rest kümmert sich um Bugfixes. Auch bei uns läuft es so – ähnlich wie beim traditionellen Erstellen von Software sind einige zentrale Figuren entscheidend für die Kreation zuständig. Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass man diese zentralen Personen am besten in die Firma übernehmen sollte, damit sie nicht nur am Wochenende und Feierabend am Code sitzen. Mir ging es früher übrigens nicht anders: Ich saß Tag und Nacht an OSS-Projekten bis ich endlich fragte: „Kann mich dafür nicht mal jemand bezahlen?“

ZDNet: Und Sie fühlen sich nach wie vor genügend unterstützt?

Fleury: Ja, der Strom der Community-Mitarbeiter reißt nicht ab. Mittlerweile müssen das inklusive aller Nebenprojekte 600 bis 700 Leute sein. 30 bis 40 davon schultern die Hauptlast – und wurden mittlerweile zum Gutteil von uns übernommen. Wir haben praktisch die Spitze der Pyramide angeheuert.

Viele IT-Anwender müssen sich mit Open-Source und Java professionell auseinandersetzen, sie stoßen damit praktisch automatisch auf unsere Community. Und werden dann Entwickler für das Projekt. Bei unseren Wettbewerbern Geronimo sieht das nicht anders aus…

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