Web 2.0 oder die Rückkehr der Dotcoms

Aber nicht alle Dotcoms wurden von der Börsenpleite mit in den Abgrund gerissen. Fünf Jahre nach dem spektakulären Crash gibt es immer noch eine ganze Reihe von Unternehmen, die den Unbilden des Marktes getrotzt haben.

Die 1997 in München gegründete Hybris GmbH ist dafür ein Beispiel. Das auf E-Commerce spezialisierte Unternehmen „ist ja eigentlich keine Dotcom-Firma im herkömmlichen Sinne. Wir stellen mit unserer E-Business-Software vielmehr die Schaufeln her, die die Goldgräber des Internets für ihre Arbeit benötigen. Wir waren also nur indirekt an der New Economy beteiligt“, erläuterte der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Ariel Lüdi. „Durch die dunklen Jahre der post-Dotcom-Ära haben uns verschiedene Faktoren geholfen: Zuallererst konnten wir uns auf unsere bis ins Jahr 2000 erarbeitete Kundenbasis verlassen und durften anschließend ein E-Commerce-Großprojekt bei Bechtle umsetzen. Der Kunde gab uns genügend Zeit, unsere umfangreiche Lösung gemeinsam mit ihm anzupassen und in Richtung Produkt Informationsmanagement (PIM) weiterzuentwickeln. Zum anderen haben wir unser Entwicklungsteam teilweise auf Kundenprojekte angesetzt. Sie haben also nicht mehr nur an unserer Lösung gefeilt, sondern standen vermehrt im bezahlten Einsatz beim Kunden und implementierten dort unsere Lösung“

Lüdi fuhr fort: „Das allein hätte aber nicht gereicht. Hauptgrund für unser Überleben und den heutigen Erfolg ist das Vertrauen unserer Investoren welche uns erlaubten, unbeirrt unseren Weg hinsichtlich Produkt- und Marktentwicklung zu gehen. Namentlich Dr. Günther Lamperstorfer sowie ein institutioneller Investor aus München sind hier hervorzuheben. Sie haben den Glauben an die Firma nie verloren und waren sich sicher, dass nach dem Hype und der Depression eine neue Aufbruchsstimmung folgen würde. Und schließlich muss ich das Team an sich hervorheben: Die Mitarbeiter haben genauso wenig wie die Kunden und Investoren den Glauben an hybris verloren. Sie haben die ganze Zeit wie eine Familie zusammengearbeitet und -gelebt. Das förderte das Vertrauen ungemein.“

Der Schweizer Manager mit Geschäftssitz in München sieht heute in der Tat eine neue Dotcom-Ära angebrochen: „Ich kann das an den Zahlen ablesen: Es gibt heute wieder mehr Aufträge von jungen Unternehmen, 30 Prozent unserer Kunden sind wieder Start-ups. Noch vor einem Jahr hatten wir keine einzige frische Firma als Abnehmer – das waren alles eingesessene Player. Wenn ich das Goldgräber-Bild noch mal gebrauchen darf: Es wird wieder nach neuen Schaufeln verlangt.“

Den Hype um das Web 2.0 lehnt Lüdi jedoch ab: „Web 2.0, das ist doch eher ein Marketing-Begriff. Die Techniken und Verfahren, die damit beschrieben werden, sind ja nicht wirklich neu. Wenn man vom Web 2.0 reden will, dann noch am ehesten als Umschreibung für die Verhaltensänderung der Nutzer: Heute gilt es als normal, das Internet in den verschiedensten Lebenslagen zu nutzen – News, Shopping, Dating und so weiter. Im Jahr 2000 war das noch pure Vision.“

Ein anderes Beispiel für ein erfolgreiches Überleben der New Economy ist Dollardex. Das Onlineportal für Vermögensmanagement wurde 1999 in Singapur gegründet. Richard Lai, Geschäftsführer von Dollardex, sagt, der Schlüssel dazu, die Krise unbeschadet überstanden zu haben, bestand in einem guten Business-Plan. Das Managementteam verfolgte eine klare Strategie, online zu gehen, und ist dabei geblieben.

„Eine Online-Plattform ist für uns am sinnvollsten, denn selbst zur damaligen Zeit war der Verbreitungsgrad des Internets in Singapur recht hoch“, erklärt Lai. „Außerdem war es eine Möglichkeit für uns, uns von den etablierten Institutionen wie Banken und Versicherungsfirmen abzusetzen, denn wir bieten Kundendienst rund um die Uhr.“

Nach Auskunft von Lai hatten weder der Boom noch die folgende Krise Auswirkungen auf das Unternehmen. „Ehrlich gesagt, passte der Boom gar nicht in unsere Strategie“, sagt er. „Wir wollten so schnell wie möglich profitabel arbeiten, was wir auch innerhalb von zwei Jahren erreicht haben. Wir konzentrierten uns auf den Cashflow, nicht darauf, Gelder aufzutreiben. Wir sparten den Großteil des Investitionskapitals auf (7,7 Millionen Dollar) und verwendeten es zum Ausbau des Unternehmens während der Krise.“

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