ZDNet: Wenn Sie davon sprechen, das rechtliche Umfeld habe sich zum Schlechteren gewandelt, vermute ich, dass Sie damit zumindest teilweise das Patentrecht meinen.
Moglen: Ihre Vermutung ist natürlich richtig. Die GPL Version 2 warnte 1991 die Leute: Wenn Ihr nicht auf das Patentproblem achtet, wird es alle treffen, Freie und Unfreie gleichermaßen. 15 Jahre später glaube ich nicht, dass es jemanden in der Branche gibt – nicht einmal den etabliertesten Beinahe-Monopolisten -, der nicht versteht, dass es beim Patentrecht ein Problem gibt. Die Nutznießer des Patentrechts bemerken jetzt selbst, was für eine Schwierigkeit das ist.
Das in Hinsicht auf Patente weitaus größte Unternehmen, IBM, stand neulich in Washington an der Spitze von etwas, was es als „Aktivität für eine Patentreform“ bezeichnet (Anm. der Red.: IBM will die Einsicht in neue Patente erleichtern und arbeitet in einem ähnlichen Projekt mit den Open Source Development Labs (ODSL) daran, Open-Source-Patente unkompliziert abrufbar zu machen). IBM befindet sich in einzigarteigen Lage, etwas zu reformieren, wovon es am meisten von allen profitiert. Wenn Sie das sehen, dann wissen Sie, dass etwas grundsätzlich falsch gelaufen ist. In diesem Falle, wie in vielen anderen auch, war Stallman hellsichtig. Die Lizenz hat schon früh versucht, mit dem Problem umzugehen, vielleicht aber ist sie nicht weit genug gegangen.
Doch im Hinblick auf rechtliche Belange ist dies nicht der einzige Wandel zum Schlechteren. Zusätzlich gibt es eine Bewegung, die meine Forscherkollegen als „Paracopyright“ bezeichnen: das DMCA (Digital Millennium Copyright Act), die European Copyright Directive und die Bekräftigung traditioneller Prinzipien des Urheberrechts, die spezifische Branchen schützen sollen. Diese Verordnungen verursachen enorme Schwierigkeiten für die Erzeuger von Software- und Hardware-Technologie in der ganzen Welt. Und es bereitet der Bewegung für freie Software außerordentliche Schwierigkeiten.
ZDNet: Was genau ist falsch an Softwarepatenten?
Moglen: Im Unterschied zum Urheberrecht heißt es von Patenten, dass sie Ideen statt Formulierungen verwalten. Die Seele der Bewegung für freie Software ist die Re-Implementierung von gutem Zeug. Dabei ist es gleichgültig, wo wir es gefunden haben oder wie wir daran gekommen sind. Sie können es noch einmal einsetzen oder es umschreiben oder ausdrucken, was immer Sie wollen und wie Sie es wollen. Wenn Sie morgen einen Beitrag für eine Zeitung oder für eine Website schreiben, stellen Sie sich ja auch nicht die Frage: ‚Bringe ich eine Nachricht, die bereits einem anderen gehört?‘. Die Nachricht an sich ist frei, nur den Artikel dazu müssen Sie selbst verfassen.
Stellen Sie sich dagegen eine Welt vor, in der Nachrichten 20 Jahre lang im Eigentum des ‚Urhebers‘ verweilen. Niemand anders könnte diese Nachricht bringen, weil sie demjenigen gehören, der sie als Erster veröffentlich hat. Vor dieses Problem stellt das Patentrecht die Software.
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