ZDNet: Ein spezielles Gebiet, auf dem sich das Problem der Verknüpfung stellt, ist der Linux-Kernel: Dort werden proprietäre Grafiktreiber als Module geladen. Ein anderes Problem könnte die Verwendung eines Netzwerktreibers sein, der auf proprietärer Firmware beruht. (Anm. der Red.: Solche Firmware, manchmal auch „Blobs“ genannt, sind Reihen von hexadezimalen Zahlen, die vom Betriebssystemkern in das Hardwaregerät geladen werden, damit es funktioniert.)
Moglen: Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Wenn der Kernel reine GPL entsprechend den Lizenzbestimmungen wäre, dann würde die Antwort lauten: Sie dürften keine proprietären Grafiktreiber damit verknüpfen, weder statisch noch dynamisch. Und Sie dürften keine Treiber verknüpfen, die ihren Lizenzbestimmungen nach proprietär sind.
Die Blobs werfen andere komplizierte Probleme auf, sie sind nämlich zuallererst Daten. Sie sind nur Bits, die herumbewegt werden. In einem anderen Gerät – einem Telefon, einem USB-Gerät – sind sie jedoch Code. Und in diesem anderen Kontext werden sie nicht mit GPL-Software vermischt. Sie sind bloß ein Programm, das auf einem anderen Chip in einem anderen Computer läuft.
Ich würde also zwischen Blobs und proprietären Treibern im Kernel unterscheiden. Wenn die Lizenzbestimmungen des Kernels auf der GPL fußen würden, wären proprietäre Treiber verboten. Blobs – auch wenn sie aus ethischer Sicht für die Free Software Foundation nicht einwandfrei sind – sind etwas anderes. Bei ihnen handelt es sich um gesonderte Werke, die auf anderen Computern ausgeführt werden. Aus der Sicht des GPL-Werks, das Linux-Kernel genannt wird, sind sie lediglich Daten.
ZDNet: Da Sie gerade von denen sprechen, die unter die GPL fallende Software in ihren Produkten verwenden: Richard Stallman sagte uns, einer davon sei Tivo, Pionier in Sachen digitale Videorekorder (DVR). Das Unternehmen verwendet Linux in seinen Produkten zur Video-Aufnahme. Wird eine solche Verwendung unter den neuen Bestimmungen nicht mehr möglich sein?
Moglen: Tivo ist ein Produzent von Hardware- und Software-Kombinationen. Unser Problem mit ihnen ist, dass sie die Rechte der Benutzer nicht sehr achten. Sie bieten einen Videorekorder an, der jeden Knopfdruck auf der Fernbedienung an den Firmensitz übermittelt. Außerdem führt er keine Software aus, wenn man versucht die Box zu modifizieren, so dass sie Sie etwas weniger schnüffelt. Das ist kein Verhalten, das den Benutzer respektiert. Tivo hielt die GPL 2 nur mit knapper Not ein.
Tivo muss tun, was jeder tun muss, der elektronische Geräte herstellt: Damit aufhören, Benutzern zu schaden, nur um Filmgesellschaften zu helfen. Wir möchten nicht, dass unsere Software auf eine Weise verwendet wird, die die Benutzer vor den Kopf stößt. Nur um jemand anderem gefällig zu sein. Unser Ziel ist, die Rechte der Benutzer zu schützen. Nicht die der Filme – und das genau ist das Problem mit Tivo. Das war ein Problem unter der GPL Version 2. Dabei haben wir ihnen schon dabei unter die Arme gegriffen, als es darum ging, die spezifischen Bedingungen der GPL Version 2 einzuhalten.
Es wird schwieriger sein, die Bestimmungen der GPL Version 3 einzuhalten, denn die GPL Version 3 spricht in unserem Diskussionsentwurf eine klare Sprache. Dies soll dazu beitragen, die freie Welt von der Welt des DRM abzugrenzen. Das ist die Schwierigkeit, die Tivo hat. Sie bewegen sich etwas zu dicht an der Grenze zwischen Freiheit und Unfreiheit.
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