Liegt BI nicht mehr im Trend?

ZDNet: Auch nach vielen Jahren scheint BI immer noch viele grundlegende Probleme wie die Datenqualität nicht gelöst zu haben. Doch gerade hier gilt die alte Weisheit: Wo Abfall reinkommt, kommt auch wieder Abfall raus…

Buytendijk: Richtig, aber das ist kein technischer Mangel, sondern ein Führungsproblem, eine Aufgabe der Prozesse und der Unternehmensorganisation. Aber der Druck wächst – vor allem durch rechtliche Vorgaben für Corporate Governance oder Vorschriften wie den Sarbanes Oxley Act und Basel II. Das hat dazu geführt, dass Datenqualität zu einem Thema für Firmenleitungen geworden ist.

ZDNet: Dass Datenqualität auf der Mangement-Agenda steht, löst das Problem noch nicht…

Buytendijk: Richtig. Hinzu kommt, dass für Datenqualität etwas Ähnliches gilt wie für Gehälter. Sie sind schlecht oder akzeptabel, aber nie gut. Aber auch hier hilft BI. Man kann damit feststellen, wie gut oder wie schlecht Daten sind und die Problemfelder lokalisieren. Bei guten Projekten ist das der erste Schritt.

ZDNet: Besonders viele Probleme bereiten Metadaten, die Bestandteil von Management-Gehältern sind, wie etwa Umsatz oder Börsenkurs. Sie verlocken Führungskräfte, bei der Definition solcher Eckwerte ihren persönlichen Vorteil über den des Unternehmens zu stellen…

Buytendijk: Sie haben Recht. Gerade das mittlere Management ist von Performance Management auf Basis einer einheitlich definierten „Wahrheit“ nicht begeistert. Sie fürchten nicht zu Unrecht den Verlust von Macht. Ihr Problem besteht darin, dass man sich gegen einheitliche Regeln und Metriken nicht offen wehren kann. Um ihre Besitzstände und ihre Macht zu erhalten, werden sie daher versuchen, passiven Widerstand zu leisten. Dagegen kann man sich nur wehren, indem man Prozesse ändert, Kennzahlen einführt, die Mitarbeiter in eine andere Richtung locken oder dafür sorgt, dass Widerstand negativere Folgen zeitigt als die Akzeptanz neuer Regeln. Und die Folgen des Sarbanes-Oxley-Act gelten in vielen Unternehmen ein geeignetes drakonisches Druckmittel.

ZDNet: Dieses Gesetz gilt nur in den USA und hat hierzulande eigentlich nur für international agierende Konzerne Bedeutung.

Buytendijk: Das ist nicht richtig. Das Kapital strömt in die Unternehmen, die Vertrauen bei den Anlegern erwecken, und die Transparenz-Regeln von Sarbanes Oxley sind eine solche vertrauensbildende Maßnahme – auch in Europa. Das gilt nicht nur für Großkonzerne, denn kleinere Unternehmen sind nicht weniger komplex und undurchsichtig. Aber auch sie sind international tätig und brauchen Geld. Wenn sie die Regeln dennoch nicht befolgen, dann meist, weil es ihnen zu aufwändig und teuer ist.

ZDNet: Hakt es bei der Performance-Messung von Unternehmen nicht auch immer daran, dass sich der Wert und die Bedeutung von Eckdaten ständig ändern?

Buytendijk: Welche Eckdaten meinen Sie?

ZDNet: Börsennotierung, Marktanteil, Umsatz oder Gewinn und Ähnliches. Sind sie nicht je nach aktueller Wirtschaftslage anders zu gewichten?

Buytendijk: Schon, aber es handelt sich dabei um Geschäftsergebnisse, nicht um den Input dafür, die das Geschäft treiben. Ich meine damit zum Beispiel Informationen über einzelne Prozesse. Der große Erfolg von Balanced Scorecards rührt gerade daher, dass sich damit Treiber-Informationen, externe Bewertungen etwa von Kunden in Beziehung setzen lassen mit den möglichen geschäftlichen Folgen, etwa für den Umsatz. So lässt sich aus den Eckdaten eines Prozesses vorhersagen, ob und wann daraus ein Problem mit der Kundenzufriedenheit entsteht. Mehr als die Hälfte aller Großunternehmen setzen daher Balanced Scorecards oder analoge Methodiken ein, um das von Ihnen beschriebene Problem in den Griff zu bekommen.

ZDNet: Performance Management klingt aufwändig und greift tief in die Firmenkultur ein. Rechnen sich diese Maßnahmen?

Buytendijk: Es gibt keine Alternative. Der Aufwand lässt sich allerdings reduzieren, indem man sich auf Teilaufgaben konzentriert, etwa auf die Erhöhung der Effizienz, auf Steigerung der Produktqualität oder die Verbesserung der Konkurrenzsituation. Aber im Endeffekt geht es doch um den Unternehmenserfolg im Ganzen. Es ist ein bisschen so, wie wenn ein eher unsportlicher Mensch beschließt, einen Marathon zu gewinnen. Er muss es langfristig angehen. Erst ein paar Kilo abnehmen, dann die Muskeln stärken, Ausdauer trainieren und dann noch lernen die Strecke im Wettkampf zu bewältigen. Lohnt sich das? Das kommt darauf an, wie hoch man seine Ambitionen steckt.

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2 Kommentare zu Liegt BI nicht mehr im Trend?

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  • Am 21. April 2006 um 0:15 von Carsten Rehberg

    Ist BI wirklich so gefragt?
    Das glaube ich nicht. Ich habe mich während meines Studiums, meiner Diplomarbeit und auch nach meinem Studium mit Business Intelligence befasst, suche aber bereits seit über einem Jahr bundesweit einen Job. Von großer Nachfrage kann ich wirklich nicht sprechen, obwohl ich dieses Thema sehr interessant finde. Und für jedes Unternehmen auch sehr mächtig.
    Wenn die Nachfrage also so stark ist,wie hier gemeint ist, schaue ich wohl in die falschen Zeitungen.

    • Am 22. April 2006 um 0:44 von Risikomanager

      Marketing versus Realität
      Das ist die ganz normale Lücke zwischen den Marketingspruchblasen der BI Anbieter und der schnöden Realität.

      Tatsache ist, selbst größere Unternehmen haben keine oder nur sehr begrenzt Mittel für ein generelles BI-Konzept.

      Am ehesten geht BI mäßig was im Vertriebsbereich, aber auch hier fließt der Gros des Etats in (meist überteuert eingekaufte) Softwarelösungen, deren Featureoverkill dann eh nicht nutzbar ist.

      BI Spezialisten, die nicht auf einen Anbieter geeicht sind, finden Anstellungsmöglichkeiten am ehesten bei Consultingunternehmen (Mit den bekannten Risiken und Nebenwirkungen ;-)

      Aus meiner BI Erfahrung im Finanzdienstleistungebereich heraus kann ich sagen, daß die meisten Ansätze an der unzureichenden Datenbasis scheitern (Garbage in – Garbage out) oder vom mittleren Management torpediert werden (die bei einem rechnergestützten, funktionierendem BI System zu Recht den Machtverlust befürchten).

      Also: Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird und man darf flotte Werbesprüche auf bunten Webseiten nicht mit der grauen Realität verwechseln

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