Tatsächlich ist in innovativen Branchen die Wirkung einer dreiprozentigen Steuererhöhung kaum sichtbar, weil andere Faktoren einen stärkeren Einfluss zeigen. Ein Problem vor allem von PC-Anbietern ist, das Microsoft es nicht geschafft hat, sein neues Betriebssystem „Vista“ für Privatkunden noch zum Weihnachtsgeschäft herauszubringen. Damit hätte sich der Absatz deutlich ankurbeln lassen. Ein anderes Beispiel sind konjunkturelle Verzerrungen: So wäre in diesem Jahr eigentlich mit vorgezogenen Käufen von Notebooks zu rechnen gewesen. Doch angesichts der Fußballweltmeisterschaft haben sich die Konsumenten bis zum Sommer eher für den Kauf eines Fernsehgeräts mit Flachbildschirm entschieden.
Ein klassischer Saison-Effekt könnte das Ende des Jahres noch ändern. „Im November und Dezember machen manche Online-Shops ein Viertel ihres Jahresgeschäfts“, sagt Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms. Eine besonders starke Nachfrage erwartet er bei Digitalkameras, Flachbild-Fernsehern und – abgesehen von der Vista-Verzögerung – auch bei tragbaren PCs. Wer möchte unterscheiden, ob hier die Käufer mit vorgezogenen Investitionen dem Finanzamt ein Schnippchen schlagen oder ihren Lieben eine schöne Bescherung unter den Christbaum legen wollen?
Manchmal sorgen auch branchentypische Geschäftsmodelle dafür, dass die Wirkung der Mehrwertsteuer verpufft. Für kostenlose Software wie eine My-SQL-Datenbank oder Tools wie Google Earth etwa fällt gar keine Steuer an. Hoch subventionierte Produkte wie Ein-Euro-Handys könnten ab nächstes Jahr glatte 3 Cent teurer werden. Tatsächlich stecken hinter solchen Endpreisen (beziehungsweise Geschenken) natürlich mit Umsatzsteuer belastete Kosten, die der Anbieter offensichtlich nicht (über die Produkte selbst) auf den Kunden abwälzen kann. Dennoch scheinen diese Geschäftsmodelle lukrativ zu sein – und sind sie es nicht, dann liegt es sicher nicht an den drei Prozent zusätzlicher Mehrwertsteuer.
Vor allem genießt die innovative IT-Branche einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den meisten anderen Branchen. Anders als bei Zucker oder der Miete ändert sich nicht nur der Preis für eine Sache, sondern die Sache selbst. Jedes neue Notebook oder Handy wird als Innovation, sprich als gänzlich neues Produkt verkauft. Nicht der Vergleich mit den Vorgängerversionen, sondern die neuen Features rechtfertigen den Preis. Wer kann schon prüfen, welche Kosten der zusätzliche Zoom in der Handy-Kamera dem Hersteller tatsächlich verursacht hat? Der neueste Rechner ist immer der teuerste, und die Frage, ob er im Vorjahr (2006) tatsächlich für genau 3 Prozent billiger zu haben gewesen wäre, erübrigt sich, weil es ihn damals noch nicht gab.
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