US-Kläger soll mutmaßlichen „NASA-Hacker“ bedroht haben

Gary-McKinnon-Verteidigung will notfalls vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen

Das Schicksal von Gary McKinnon, dem mutmaßlichen NASA-Hacker, hängt in der Schwebe, seit seine Berufung gegen die Auslieferung in die USA vor dem englischen Berufungsgericht in London vertagt wurde. Nach zwei Verhandlungstagen hat McKinnons Verteidigung neue Indizien vorgelegt. Laut Meinung der Rechtsanwälte sollten die Richter jetzt den Antrag auf Auslieferung in die USA zurückweisen, wo McKinnon eine Anklage wegen Einbruchs in NASA-Computer und deren Beschädigung erwartet.

In Großbritannien ist der Court of Appeal, das Berufungsgericht, die letzte Berufungsinstanz. Normalerweise entscheidet es nur für oder gegen den Antragssteller. Die Verteidigung hat jetzt aber beantragt, den McKinnon-Fall der britischen Regierung zu übertragen, eine Weiterleitung an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zuzulassen oder die Auslieferung abzulehnen.

Die Indizien betreffen Zusagen der Anklage bei einer Verhandlung über einen „Plea Bargain“, einer Art Kronzeugenregelung. Bei einem „Plea Bargain“ bietet die Anklage Strafmilderung oder andere Vorteile an, wenn der Beklagte kooperiert. Die US-Vertreter hätten einer verkürzten Strafe von drei Jahren oder weniger zugestimmt, die McKinnon in England und nicht in einem amerikanischen „Super-Hochsicherheits-Gefängnis“ hätte absitzen können, so Edmund Lawson, einer der Rechtsanwälte des mutmaßlichen Hackers.

Laut McKinnon und seinem Rechtsbeistand hätte ihm ein Mitglied des amerikanischen Anklage-Teams andererseits gedroht, dass die Anklagevertreter in Amerika für die Höchststrafe plädieren würden, wenn er nicht kooperiere. Sie würden ihn „den Behörden in New Jersey übergeben, die schon dafür sorgen würden, dass er ’schmore'“. Die Verteidigung behauptet, dass man es als eine Bedrohung von McKinnons Leben sehen könne, wenn er dem Bundesstaat New Jersey und nicht Virginia übergeben werde. Das sind die beiden Staaten, in denen der Angeklagte Computeranlagen beschädigt haben soll. Nach europäischem Recht kann er aber nicht von Großbritannien in die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden, wenn ihm dort die Todesstrafe droht.

Max Summers, der Anwalt der Anklage, wies die Vorwürfe umgehend zurück. Keines der Indizien für das „Schmoren“-Zitat sei vor Gericht zulässig, da alles, was während der angeblichen Verhandlung gesagt worden sei, vertraulich sei. Wenn die Indizien trotzdem berücksichtigt würden, dann müsse man das der US-Regierung mitteilen, und ihr Zeit geben, Zeugen zu organisieren. Deshalb brauche man eine Verhandlungspause.

Eine Stunde lang diskutierten die zwei Richter, die Verteidigung und die Anklage die rechtlichen Konsequenzen einer Verlegung des McKinnon-Falls auf eine andere rechtliche Ebene. Schließlich vertagte sich das Gericht um 16.20 Uhr, um die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen. Die Richter könnten für die US-Vertreter entscheiden, was für McKinnon bedeutet, dass er bald eine Reise in die USA antreten würde. Sie könnten aber auch die Berufung bestätigen und ihn auf freien Fuß setzen. Andererseits wäre es für das Gericht auch möglich, den Fall an John Reid, den britischen Home Secretary, zu übertragen, der schon im Juli 2006 entschieden hatte, mit der Auslieferung zu beginnen. Schließlich können die Richter McKinnons Berufung ablehnen und einer weiteren Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zustimmen. Eine Entscheidung wird nächste Woche erwartet.

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