Web 2.0: Konsumenten-Mode oder IT-Revolution?

Die Folge: Der Wunsch der PC-Anwender, den Komfort grafischer Benutzeroberflächen auch im Büro zu nutzen, stürzte eine Gemeinschaft von RZ-Hohenpriestern, die vom zentralen Host aus jedem dummen User, Verzeihung: Terminal, ein wenig Rechenzeit als Gnadenakt zugestanden. Die Herren über die Zentral-DV wurden zu Dienstleistern degradiert, die sich künftig den Komfort-Bedürfnissen der Anwender und vor allem den PC-Nachzüglern in den Top-Etagen zu beugen hatten. Die Machtverhältnisse in den Unternehmen kehrten sich um, und der bis dahin bunte PC-Markt wurde homogenisiert. Bald galt für den User-Support nur noch ein Standard: Microsoft.

Birgt die Consumerisierung durch das Mitmach-Web ein ähnlich umstürzlerisches Potenzial? Die direkte Parallele zur PC-Revolution wären Mitarbeiter, die Mitmach-Konzepte und Community-Strukturen für die tägliche Arbeit fordern. Tatsächlich ist einiges davon bereits Realtität. Einige Unternehmen haben Kunden- oder Entwickler-Communities bereits ins Second Life verlegt. An den Geschäftsprozessen änderte sich dadurch allerdings wenig. Auch Utopien wie herrschaftsfreier Dialog, ein sprudelnder Ideenpool und die Bildung virtueller Seilschaften dürften online bestenfalls ansatzweise realisiert werden. Meetings bleiben eben Meetings – und im Zweifelsfall locken gutes Essen und ein Bier danach mehr als ein virtueller Rundflug um ein ebenso virtuelles Firmengebäude.

Bleiben die Konsumenten. Werden sie künftig nur noch dort einkaufen, wo ihnen ein Gemeinschaftserlebnis geboten wird? Das erinnert an die höchst realen Erlebniswelten der Automobil-Industrie, die VIP-Clubs von Fluglinien oder die Platinum-Cards der Kreditkarteninstitute. Tatsächlich haben die Bemühungen, Exklusivität herzustellen, bislang immer zum Gegenteil geführt. VIP-Karten der Lufthansa erhält man heute bei jeder Sparkasse, und die Flüge verbilligen sich trotz gestiegener Rohölpreise. Dennoch: Es gibt die ewige Abwärtsspirale des Konkurrenzkonzepts: Wenn es einer macht, muss es jeder machen, und je mehr es machen, desto weniger bringt es.

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