Messensterben in Deutschland

Auch die Exponet Cologne verkündete 2002 noch neue Rekorde: 75.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche belegt von über 700 Ausstellern sollten mehr als 65.000 Fachbesucher anlocken. 2004 ging der Messeorganisator dann schon wesentlich weniger großzügig mit konkreten Zahlen um – im Abschlussbericht kamen hauptsächlich zufriedene Aussteller zu Wort. Der Niedergang ließ sich damit nicht aufhalten, 2005 schrumpfte die Veranstaltung auf rund 100 Firmen – wobei alle Unter-Aussteller bereits mitgezählt waren. Die Kölner Messe, in deren Hallen die Exponet stattfand, wollte dem nicht untätig zusehen und kündigte an, 2007 mit der Net Solutions Expo eine eigene Netzwerkmesse auf die Beine zu stellen – umgesetzt wurden diese Pläne jedoch nie.

Den Dolchstoß der Net Solutions Expo jedoch wollte die Exponet GmbH aus Starnberg, der bisherige Exponet-Ausrichter, nicht einfach hinnehmen und wanderte nach Nürnberg ab. Dort fand die Messe jedoch nur einmal statt, der inzwischen in Exponet-Infrakon GmbH umfirmierte Veranstalter organisiert 2008 die Messe Powerbuilding in Düsseldorf und geht mit der Infrakon auf Roadshow durch den deutschsprachigen Raum.

Die Powerbuilding wird von einigen Exponet-Veteranen wie Rittal oder Lampertz mitgetragen und richtet sich speziell an Betreiber und Planer von Rechenzentren – die Aussteller- und Besucherzahlen der ehemaligen Exponet, die in ihrer Glanzzeit ja auch mit Ablegern in Wien und Zürich auftrat, sind damit aber nicht zu erreichen. Damit gibt es nun keine Netzwerkmesse in Deutschland mehr.

Die im vergangenen Jahr mit viel prominenten Sprechern aber wenig Besuchern erstmals veranstaltete Interop Europe wollte zwar in diese Lücke stoßen, konnte sich aber nicht auf Anhieb als Treffpunkt der Branche etablieren. Zumindest Stand heute plant der Ausrichter in diesem Jahr auch erst einmal ohne Berlin, Interop-Messen sind 2008 nur für Moskau, Las Vegas, Tokio, Sao Paulo und New York angekündigt.

Auch die in weit über zehn Jahren ihres Bestehens gut etablierte Dresdener Comtec, die zum Beispiel 2003 mit 400 Ausstellern den Titel Ostdeutschlands größtes Mittelstandsforum zugesprochen bekam, existiert in dieser Form nicht mehr. Als Dresden 2006 „Stadt der Wissenschaft“ war, wurden die Fachmessen Comtec, IFM und Crossmedia in die Verbundveranstaltung „Faszination Technologie“ integriert, die einzelnen Fachmessen pausierten. So zumindest der Plan. Die Pause dauert aber an, der Veranstalter Ortec konzentriert sich lieber auf die Eunavtec, eine internationale Fachmesse für Satellitenkommunikation, mit weitgehend anderen Ausstellern und Besuchern.

Eine andere regionale Mittelstandmesse verschwand ebenfalls sang- und klanglos in der Versenkung: die Karlsruher Midvision. Offenbar konnte dabei einfach die kritische Masse nicht gehalten oder erreicht werden. Im Juni 2007 lotete die Karlsruher Messe- und Kongress- GmbH mit der Kongressveranstaltung „Zukunft Mittelstand“ noch einmal die Nachfrage nach dem IT-Thema auf dem Markt aus. Eigentlich mit interessantem Ansatz, wurde doch die Verknüpfung von IT mit wirtschaftlich und juristisch relevanten Fragestellungen in den Vordergrund gestellt. Die Resonanz war dennoch so gering, so dass die Messe Karlsruhe von reinen IT-Fachmessen Abstand genommen und das Thema lieber in die Sicherheitsfachmesse Safekon und die Learntec integriert hat.

Die einst von der Messe München mit drohender Faust nach Hannover gestartete Systems kommt da noch vergleichsweise gut weg. Zwar schrumpft auch sie kontinuierlich, was die Besucherzahlen anbelangt, von 58.000 (2005) auf 53.000 (2006) und 40.000 (2007), aber immerhin hat sie sich als fester Treffpunkt für Security- und ERP-Interessierte etabliert. Und sie lockt immer mehr Besucher aus der Tschechischen Republik, Slowakei, Österreich und Ungarn an. Damit dürfte sie die einzige regionale und zugleich internationale IT-Messe Deutschlands sein.

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